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Full text of "Engelbert Wusterwitz Maerkische Chronik nach Angelus und Hafftiz"

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ENGELBERT WUSTERWITZ' 



MARKISCHE chronik 



NACH 



ANGELUS UND HAFFTIZ 



HERAUSGEGEBEN 



VON 



JULIUS HEIDEMAOT. 




BE RUN 



WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG. 

1678. 



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Einleitung. 



Unter den alteren historischen Quellenschriften der Mark Branden- 
burg nimmt die von Engelbert Wusterwitz geschriebene Markische Chronik 
iiber die Jahre 1391 bis 1425 durch die Bedeutsamkeit ihres Inbaltes und 
die Klarheit ihrer Darstellungsweise eine hervorragende Stelle ein. Sie 
enthalt eine Schilderung der anarchischen Zustande in Brandenburg unter 
der Herrschaft des Markgrafen Jobst von Mahren und der schweren Kampfe, 
welche der Burggraf Friedrich von Niirnberg zur Wiederherstellung der 
offentlichen Ordnung in dem zerrutteten Lande zu bestehen hatte. Engelbert 
• Wusterwitz, ein gebildeter und urtheilsfahiger Zeitgenosse beider Fiirsten, 
hatte den Verfall seines Heimathlandes bis zu dem Anbruche einer besseren 
Zeit durchlebf und schrieb gegen das Ende seines Lebens eine Gescbichte 
seiner Tage in dem freudigen Bewusstsein, dass Brandenburg unter dem 
Walten des Burggrafen Friedrich an einem Wendepunkte seiner Geschicke 
angekommen sei. In Folge einer verstandnissvollen Wiirdigung der poli- 
tischen Wirksamkeit Friedrichs in der Mark war er ein treuer Anhanger 
dieses Fiirsten geworden, und hatte damit zugleich den richtigen Gesichts- 
punkt zur Beurtheilung der Verhaltnisse seiner Zeit gefunden. Die Herr- 
schaft des Markgrafen Jobst erschien ihm nun unverhiillt, als das, was sie 
in Wahrheit gewesen war, als ein impotentes, wiistes Regiment und das 
Zerrbild einer geordneten Staatsverwaltung. Den vollen Gegensatz dazu 
bildete die vorschauende, gesetzmafsige Regierung Friedrichs, und deren 
Bedeutung konnte Wusterwitz nicht treffender hervorheben als durch die 
Worte, mit denen er das Erscheinen des Burggrafen in der Mark im Jahre 
1412 begriifste: „Gott hat ihn alfs von der Hohe hergesandt". 

Ueber die Lebensverhaltnisse des Chronisten sind wir nur ganz im 
Allgemeinen unterrichtet. Er war in der letzten Halfte des 14. Jahrhun- 
derts zu Brandenburg an der Havel, damals dem Vororte der Mark Branden- 
burg, von biirgerlichen Eltern geboren und hatte sich fur den geistlichen 
und richterli'chen Beruf entschieden. Um das Jahr 1405 verweilte er 
nach einer aus seiner Chronik in das Chronicon Citizense iibergegangenen 
Nachricht in Rom *) „im Dienste von Cardinalen" und war hier Zeuge der 



*) Vielleicht erklart sein Aufenthalt in Rom den Um stand, dass seine Chronik 
zu den Jahren 1405 und 1406 keinerlei Mittheilungen uber die brandenburgischen 
Verhaltnisse darbietet. 

1 



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2 Einleitung. 

feierlichen Huldigung, welche die Romer im November 1404 dem eben 
erwahlten Papste Innocenz VII. darbrachten. *) Scbon in den nachsten 
Jahren muss er nach Brandenburg zuriickgekehrt sein. 1409 fungirte er 
hier seinen eigenen Mittheilungen zu diesem eTahre zufolge als Mitglied 
eines Schiedsgerichtes, welches berufen war, einen zwischen dem Abte 
Heinrich Stich von Lehnin und Johann von Quitzow iiber den Besitz der 
Havel bei dem Schlosse Plaue entstandenen Conflict giitlich beizulegen. 
Vom Jabre 1408 bis 1415 ist seine Chronik am inhaltreicbsten und ihre 
Darstellungsweise von jener Lebendigkeit und Anschaulichkeit, wie sie 
Autoren eigen zu sein pflegt, die Selbsterlebtes berichten. Auf Grand 
dieses Umstandes darf man annehmen, dass Wusterwitz in jenen Jahren 
dauernd oder vorwiegend in seiner Vaterstadt Brandenburg gelebt habe. 
Die offentliche Stellung, die er bier einnahm, war aller Wabrscheinlichkeit 
nach die eines geistlichen Richters, wie aus Mittheilungen in Riedels Codex 
dipl. Brand. 2 ) und Fidicins Hist.-diplom. Beitragen 3 ) hervorgeht. Um die 
Osterzeit des Jahres 1412 hatten namlich zwei Berliner Burger Namens 
Strobant und Kopenick mit mehreren Genossen eine Verschworung gegen 
den Rath von Berlin-Kolln angezettelt und zwar nach der einen Ueber- 
lieferung in einem Gotteshause (in ecclesia, que domus Dei est), nach der 
anderen in einem Kloster (communitas civium se conspiraverunt in claustro 
per juramenta). Auf die Kunde von diesem Vorgange schritt der Official 
des Bischofs von Brandenburg gegen Strobant und Kopenick ein, indem 
er sie vor das bischofliche Gericht in Brandenburg citirte. Allein die 
Angeklagten erschienen nicht, sondern gaben vor, die Reise nach Branden- 
burg sei zur Zeit sehr gefahrlich (insecuritates et discrimina viarum alle- 
gantes), und erbaten eine schriftliche Mittheilung der gegen sie erhobenen 
Klagepunkte. Der Official ging auf dieses Gesuch ein und iibertrug Engel- 
bert Wusterwitz unter Uebersendung der capitula inquisitionum die weitere 
Untersuchung der Sache 4 ). Zugleich erklarte er, dass gegen die citirten 
Burger zwar in contumaciam verfahren werden konne, er, der Official, aber 
wiinsche, dass in Beriicksichtigung des geringen Bildungsgrades der Ange- 



l ) Pistorius, SS. rerum Germ. I, 849: Eodem anno Innocentio papae, de quo 
nunc loquimur et tractamus, septimo videlicet, Romani cives claves civitatis cum 
rami8 palmarum obtulerunt etc. Haec Engelbertus Wusterwitz, clericus Branden- 
burgensis, in Chronica sua Marchitica, qui aliquot annis Romae cardinalibus ser- 
viens insumpserat et praenarrata oculis viderat et exequiis quorundam interfuerat. — 
Innocenz VII. wurde am 11. November 1404 inthronisirt und starb am 6. November 
1406. Der Titel „Markische Chronik" fur Wusterwitz' Schrift ist allein durch diese 
Stelle bezeugt. Aus Obigem ergiebt sich zugleich, dass Wusterwitz in seiner Chronik 
auch Nachrichten iiber seine eigenen Schicksale hinterlassen hatte. a ) Supplement- 

band S. 269. *) I, 233. 4 ) Ein besonderer Titel, welcher iiber das von Wuster- 

witz bekleidete Amt Aufschluss gabe, wird dem Empfanger des Schreibens von dem 
Official nicht beigelegt. Das Schreiben beginnt mit den Worten: Officialis curie 
Brandenb. honorabili viro domino Engelberto Wusterwitze (sic) sinceram in Deo 
caritatem. 



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Einleitung. 3 

klagten mit diesen milder verfahren werden moge. Wusterwitz solle die 
Namen der Mitschuldigen feststellen, Strobant und Kopenick die purgatio 
canonica auferlegen und dann dem Official die Processacten zusendeu. — 
Diesem Schreiben ziifolge muss Wusterwitz sich schon personlich in Berlin 
befunden haben, als er den Auftrag empfing, die Mitsehuldigen jener beiden 
Unruhestifter an Ort und Stelle zu ermitteln, denn von einer Aufforderung, 
sich zu diesem Zwecke erst nach Berlin zu begeben, ist in dem Schreiben 
des Officials nirgends die Rede. Die Veranlassung, welche damals Wuster- 
witz nach Berlin gefiihrt hatte, ist ganzlich unbekannt, und nur darauf 
diirfte hinzuweisen sein, dass weil der erwahnte Process in die zweito 
Halfte des Jahres 1412 zu setzen ist, Wusterwitz' Aufenthalt in Berlin 
mit dem ersten Erscheinen des Burggrafen Friedrich in dieser Stadt zeit- 
lich zusammen fallen wiirde 1 ). 

Bald nach dem Sturze der Quitzow'schen Partei in der Mark, welchen 
Wusterwitz so anschaulich dargestellt hat, wurde dieser auf Grund seiner 
praktischen Tiichtigkeit als Jurist von der Stadt Magdeburg zum Syndicus 
ernannt. Die Magdeburger Schoffenchronik bemerkt zum Jahre 1418, dass 
„in den Zeiten" die Stadt Magdeburg von „Wilke Goldschmidt und anderen 
Leuten" bei dem konigl. Hofgerichte in einen Process verwickelt worden 
sei und mit der Fiihrung desselben ihren Syndicus „Engelbert Wusterwitz 
von Brandenburg" betraut habe, welcher dem Hofe nach Regensburg in 
Baiern, nach Ungarn, Schlesien und Bohmen gefolgt sei und ein obsiegendes 
Erkenntniss erstritten habe 2 ). In dieser Nachricht haben wir ein Zeugniss 
von Wusterwitz' amtlicfter Thatigkeit in den Jahren 1419 und 1420, wenn 
das angefiihrte Itinerar des „Hofes", wie kaum zu bezweifeln sein wird, 
zugleich das des Kaisers Sigismund war. Sigismund verweilte bekanntlich 
zu Constanz von Ende 1414 bis 1418 und unterbrach diesen Aufenthalt 
auf langere Zeit nur durch eine Reise nach Spanienj Frankreich u. s. w., 
die vom 21. Juli 1415 bis zum 17. Januar 1417 wahrte. Nach der Be- 
endigung des Conciles und einem kurzen Aufenthalte in Ungarn erschien 
er am 29. Juni 1419 in Regensburg zu einem Hoftage und am 6. Januar 
1420 in Breslau zur Berathung der gegen die Hussiten zu ergreifenden 
Mafsregeln, und von hier zog er im Sommer 1420 mit einem Heere gegen 
Prag. Wahrend dieser Zeit und an den genannten Orten muss also Wuster- 
witz das Recht der Magdeburger vor dem Hofgerichte vertheidigt haben. 
Die Zeit seiner Berufung nach Magdeburg wird in der Schoffenchronik 
nicht angegeben, wahrscheinlich aber in das Jahr 1415 oder 1416 zu 
setzen sein. Bei dieser Annahme wiirde sich der Umstand am leichtesten 
erklaren, dass seine Chronik iiber wichtige Vorgange in der Mark in den 
Jahren 1416 und 1417 mit Stillschweigen hinweggeht. Auch das Jahr 



*) Nach Riedel, Zehn Jahre aus d. Gesch. d. Ahnherren des Preufs. Kdnigshauses 
S. 66 u. 67 war der Burggraf in Berlin zwischen dem 23. Juni u. 8. Juli 1412; nach 
S. 78 in der Mitte des August; und nach Riedel, Cod. dipl. Br. Supplem.-Bnd. S. 270 
auch im October 1412. a ) Herausgegeb. v. Janicke, Stadtechroniken Bnd. VII. 

1* 



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4 Einleitung. ' 

seiner Riickkehr von Magdeburg nach Brandenburg, wo er das letzte De- 
cennium seines Lebens zubrachte, ist nicbt bekannt. Als Syndicus wirkte er 
nodi im September 1420, denn die Schoffenchronik berichtet zu diesem 
Jahre, dass er von dem Rathe zu Magdeburg an den inzwischen zum Kur- 
fiirsten erhobenen Burggrafen Friedrich gesandt wurde, urn diesen zur 
Aufhebung der Belagerung des Schlosses Alvensleben nahe bei Magdeburg 
zu bewegen, dessen Besitzer Heiso von Steinfurth den Zorn des Kurfiirsten 
durch rauberische Einfalle in das Brandenburgische Gebiet gereizt, in 
seiner Bedrangniss aber die Verniittlung der Magdeburger angerufen hatte. 
Auch diesen Auftrag vollfuhrte Wusterwitz mit dem gewiinschten Erfolge, 
so dass der Kurfurst schon nach funftagiger Belagerung am Gorgonius- 
tage (9. Sept.), wie Wusterwitz selbst berichtet, nicht am Georgiustage, 
wie die Schoffenchronik meldet 1 ), von Alvensleben wieder abzog. 

Bald nach dem Jahre 1424 finden wir Wusterwitz in amtlicher Thatig- 
keit wieder in Brandenburg. Ein Zeugniss dafiir bietet das seit 1419 im 
Kloster Lehnin gefiihrte „Gedenkbuch iiber die Streitigkeiten des Klosters 
mit seinen Nachbarn" 2 ). In dieser Schrift wird erzahlt, dass Lehnin mit 
der Neustadt Brandenburg iiber den Besitz eines dem Kloster als Lehen 
gehorenden Waldes, das Borselbruch genannt, und eines bei dem Dorfe 
Priitzke belegenen Ackerstiickes in Conflict gerathen sei. Wald und Acker 
waren in friiherer Zeit dem Geschlechte der Priitzke als Lehen ubertragen 
worden; der letzte Nachkomme dieses Geschlechtes hatte seinen Grundbe- 
sitz der Neustadt Brandenburg verkauft und war darauf im Jahre 1424 
gestorben. Nach seinem Tode forderte das Kloster Lehnin unter Beru- 
fung auf seine Lehensherrschaft Wald und Acker zuriick, wahrend die 
Neustadt ihr Kaufrecht geltend machte. Von bdiden Seiten- strebte man 
nach einer giitlichen Einigung in dem Streitfalle, die hinsichtlich des 
Borselbruches auch wirklich zu Stande kam. Schwieriger gestaltete sich 
der Einigungsversuch in Betreff des Ackerstiickes. Beide Theile kamen 
endlich iiber ein, dass der Rath der Neustadt den Pfarrer Burgsdorf und 
Meister Engelbert nach Lehnin senden sollte, damit sie die Lehenbriefe 
des Klosters priiften 3 ). Die genannten Manner begaben sich darauf nach 
Lehnin, iiberzeugten sich von der Richtigkeit der Lehenbriefe und er- 
statteten an den Rath einen fur das Kloster durchaus gunstigen Bericht. 
Dessenungeachtet zog der Rath durch Einwande aller Art die Sache in 
die Lange, und Wusterwitz wurde noch mehrere Male veranlasst, eine 
Reise von Brandenburg nach Lehnin zu machen 4 ). — Dieser Wirksamkeit 



*) Vergl. dazu Mark. Chron. z. J. 1420, Anmerk. 2 ) Riedel, Cod. dipl. I, 

10, 419—423. 8 ) Und vordingen una des eynes tydes yn dy stad Brandenborch, 

dat sy Em Borchstorpe, oren Perher, und MeysterEngelbertum yn dat Closter 
Lenyn bringen scholden; vor dy wolde wy unse privilegia, dy wy over den acker 
hebben, leggen, deme Bade in der Nyenstad Brandenborg thu seggende der privilegia 
ynholt. 4 ) Den weiteren Verlauf des Streitfalles zu schildern gehort hier nicht 

zur Sache. 



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Einleitung. 5 

nach konnte Wusterwitz, den der Rath so vielfach in Anspruch nahm, 
auch in Brandenburg das Amt eiries Syndicus bekleidet haben; im anderen 
Falle miisste man annehmen, dass er als Privatmann in seine Vaterstadt 
zuriickgekehrt und aus lebendigem Interesse an dem Wohle derselben fur 
den Rath thatig gewesen sei. Die Angabe bei Hafftiz zum Jahre 1409, 
dass er dem Domcapitel zu Brandenburg als Domherr angehort habe, wird 
durch nichts bestatigt; aber auch fiir die von mir geaufserte Vermuthung, 
dass er eine Zeit lang Pfarrer an der Katharinenkirche gewesen sei *), hat 
sich kein Zeugniss vorgefunden. 

In Brandenburg hat Wusterwitz seine letzten Jahre wahrscheinlich in 
sorgenfreier Lage verlebt, denn er war vermogend genug, sein Andenken 
durch die Errichtung eines Altares in der Katharinenkirche zu Branden- 
burg zu verewigen und fand die Mufse zur Abfassung einer Chronik seiner 
unruhevollen Zeit. Er starb am 5. December 1433 und erhielt seine letzte 
Ruhestatte in der Katharinenkirche, in der noch im vorigen Jahrhundert 
ein Gedenkstein meldete: Anno D. 1433 in profesto St. Nicolai obiit Engel- 
bertus Wusterwitz, fundator hujus altaris, cujus anima requiescat in pace 2 ). 

Ueber die von Wusterwitz hinterlassene Chronik konnen wir nur in- 
soweit urtheilen, als sie. in den Ausziigen vorliegt, welche urn 1592 Andreas 
Angelus fur seine Annales Marchiae Brandenb. und um 1595 Peter Hafftiz 
fur sein nur handschriftlich iiberliefertes Microchronologicon oder Micro- 
chronicon aus ihr entnommen hat, denn das Original der Chronik ist ver- 
loren gegangen und nicht einmal eine Abschrift davon auf unsere Zeit 
gekommen. Um das Jahr 1500 hatte der im Kloster Bosau lebende Monch 
Paul Lange noch jenes Werk bei der Abfassung seines Chronicon Citizense 
benutzt, demselben aber nur einzelne wenige Notizen fur seine eigene Ar- 
beit entnommen 3 ). Die markischen Chronisten des 16. Jahrhunderts, welche 
vor Angelus und Hafftiz schrieben, wie der Frankfurter Wolfgang Jobst und 
der Osterburger Pfarrer Entzelt von Saalvelt, haben die Zeit der Quitzows 
so oberflachlich und zugleich mit so vielen Irrthiimern geschildert, dass 
ihren Darstellungen unmoglich Wusterwitz' Chronik als Quelle zu Grunde 
liegen kann. Indem wir also ausschliefslich auf die Referate bei Angelus 
und Hafftiz hinsichtlich dieses Geschichtswerkes verwiesen sind, ist es ge- 
boten, zunacbst die Lebensverhaltnisse, historischen Studien und die wissen- 
schaftliche Zuverlassigkeit dieser Autoren zu priifen, um zu einem Urtheile 
iiber die Beschaffenheit und Glaubwiirdigkeit der von Wusterwitz hinter- 
lassenen Aufzeichnungen zu gelangen. 



*) Forschungen z. deutsch. Gesch. XVII, S. 526. 2 ) Kttster, Accessiones ad 

Bibl. histor. Brandenb. S. 206. 8 ) Aufser der oben bereits angeftthrten Stelle des 

Chron. Citiz. scheint noch eine zweite (bei Pistorius, S. 850) auf Wusterwitz' Chronik 
zuruckzufuhren zu sein. Wie namlich der Burggraf Friedrich Wusterwitz „als von 
der Ho he hergesandt" erschien, so bezeichnet jenen auch Paul Lange als einen 
Fursten, qui tanquam coelitus missus oppressam Marchiam a tyrannide Quitzonum 
— liberavit. 



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6 Einleitung. 

Andreas Angelus oder Engel, geb. am 16. November 1561, der jiingere 
von beiden Autoren, entstammte einer wohlhabenden Biirgerfamilie zu 
Strausberg bei Berlin. Sein Vater Georg Engel und sein Grofsvater Martin 
Engel waren eine lange Zeit hindurch Rathsherren gewesen. Letzteren 
raffte 1550 sammt alien Mitgliedern des Rathsstuhles, wie Angelus erzahlt 1 ), 
eine pestartige Seuche hinweg. Sein Vater, seine Mutter, drei Briider und 
zwei SchwQstern erlagen einer ahnlichen Krankheit im Jahre. 1575 2 ). 
Andreas allein scheint damals dem Tode entgangen und dadurch in den 
Besitz des ganzen Vermogens der Familie gekommen zu sein, denn er 
redet in der Vorrede zu einer seiner Schriften von dem „ziemlichen Pa- 
trimonium", welches er auf seine Studien habe verwenden konnen. Nach 
Beendigung seiner Universitatsstudien zu Frankfurt bekleidete er 1585 ein 
Lehramt in Strausberg und 1586 das Amt eines Conrectors in Branden- 
burg a. d. Havel. Die Jahre 1587 bis 1590 brachte er auf Reisen in 
Norddeutschland, besonders in Schleswig-Holstein zu, dessen Landes- und 
Adelsgeschichte er mit Unterstiitzung des graf lichen Geschlechtes von Rantzau 
durchforschte und in einer 1597 erschienenen Holsteinischen Chronik be- 
schrieb. Vom Jahre 1590 bis 1592 wirkte er als Conrector am Gymna- 
sium zum grauen Kloster in Berlin. Nachdem er sich hier mit der Tochter 
des damaligen Berliner Probstes Jacob Kohler (Colerus) verheirathet hatte, 
erhielt er das Pfarramt und geistliche Inspectorat zu Strausberg, und hier 
ist er wenige Monate nach dem Erscheinen seines historischen Hauptwerkes, 
der Annales Marchiae Brandenburgicae, am 9." August 1598, wie sein 
Epitaphium meldete 3 ), einer epidemischen Seuche erlegen. 

Als Chronograph hat er fur seine Zeit nicht Unbedeutendes geleistet. 
Sein Vermogen, seine Reisen und ein reger Sammelfleifs ermoglichten ihm 
die Aufbringung eines ausgiebigen historischen Materiales fur seine Arbeiten. 
Wenngleich dasselbe vorwiegend nur aus Werken secundaren Ranges be- 
stand, so begegnen uns daneben doch auch Quellenschriften von grofsem 
Werthe, eine Anzahl wichtiger Urkunden und Inschriften und heute nicht 
mehr vorhandener Chroniken und Annalen, wie die handschriftliche Chronik 
des Diaconus Johannes Friedrich zu Konigsberg in der Neumark iiber die 
Einfalle der Hussiten in die Mark Brandenburg, Wusterwitz' Mark. Chronik, 
Annalen von Kottbus 4 ), ein vielfach von ihm citirtes Chronicon Straus- 
bergense manuscriptum 6 ) u. a. — Unter seinen Schriften beziehen sich 
drei auf die markische Geschichte. Zuerst verfasste er ein Werk unter 
dem Titel Marchia, welches nie im Drucke erschienen und iiberhaupt nicht 
erhalten ist. Wahrscheinlich ist es die Grundlage fur sein viel umfang- 
reicheres Annalenwerk geworden und in dieses seinem wesentlichen Inhalte 
nach mit aufgenommen, denn es wird haufig darin unter dem Titel Mar- 
chia Autoris citirt. Die Annalen wurden im April 1596 abgeschlossen 6 ) 

*) Annal. March. Br. S. 341. a ) Ebend. S. 375. •) Joh. Levin Schlicht, 

Horae subsecivae in schola Saldria II, 144. 4 ) Annal. S. 214. 8 ) Ebend. 

S. 216, 377 u. a. a. 0, 8 ) Ebend. S. 435. 



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Einleitung. 7 

und erhielten noch wahrend des bis Ostern 1598 sich hinziehenden Druckes 
Zusatze iiber die Ereignisse der Jahre 1596 bis 1598 *). Die Hauptarbeit 
an diesem Werke hatte Angelus bereits vor dem Jahre 1593 vollbracht, 
denn er veroffentlichte in diesem Jahre einen Auszug aus dem Manuscripte 
der Annalen unter dem Titel Rerum Marchicarum Breviarium, welches 
ebenfalls in annalistischer Form, aber in gedrangter Fassung die Haupt- 
punkte der brandenburgischen Geschichte darbietet. — In diese beiden 
Scbriften, die Annalen und das Breviarium, hat nun Angelus auch Wuster- 
witz' Mark. Chronik aufgenommen und zwar in einer dem Umfange jeder 
der beiden Schriften entsprechenden grofseren oder kiirzeren Form. In 
den Annalen ist der Auszug aus der Mark. Chronik mit Notizen durch- 
setzt, die anderen Quellen entnommen sind; aber Angelus hat die Angaben, 
die er Wusterwitz verdankte, mit dem Namen dieses Autors oder mit der 
Bemerkung Idem bezeichnet, so dass die einzelnen Theile der Mark. Chronik 
leicht erkennbar sind und an einander gereiht eine fortlaufende Erzahlung 
darstellen. Der Titel, den er dieser Quelle beilegt, ist: „Engelberti Wuster- 
witzii clerici Brandenburgensis Bericht". Er benutzte das Werk zuerst 
zum Jahre 1391 und zuletzt z. J. 1423, wahrend sein Correferent Peter 
Hafftiz zwar auch vom Jahre 1391 an die Mark. Chronik ausschrieb, aber 
auch zu den Jahren 1424 und 1425 einige Notizen gab, welche nach Form 
und Inhalt der Darstellungsweise des Chronisten Wusterwitz entspreohen 
und aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls dem Werke desselben ent- 
nommen sind 2 ). 

Peter Hafftiz, dem wir ebenfalls die Erhaltung der Mark. Chronik 
verdanken, wurde in der Zeit von 1520 bis 1525 zu Juterbock geboren, 
besuchte zuerst die Klosterschule zu Zinna bei Juterbock 3 ), dann die 
Schule zu Pirna in Sachsen, studirte um 1547 in Frankfurt 4 ), erhielt 
1549 eine Lehrstelle in Berlin, 1552 5 ) das Amt eines Baccalaureus an 
der Marienschule und 1560, als der Rath zu Berlin jene Schule mit der 
Nicolai-Pfarrschule vereinigte, das Amt eines Rectors an dieser Lehran- 
stalt. Nach einigen Jahren jedoch trennte man die beiden Schulen wieder, 
und Hafftiz blieb nun Rector der Nicolaischule bis 1574, in welchem Jahre 
diese Lehranstalt in das Gymnasium zum grauen Kloster umgewandelt 
wurde. Die Acten des Gymnasialarchivs zum grauen Kloster enthalten 
eine fur Hafftiz wenig schmeichelhafte Schilderung der Zustande an der 
unter seiner Leitung stehenden Nicolaischule und erweisen ferner, dass 
man bei der Neugestaltung des Schulwesens weder seinen Rath nachsuchte, 
noch seine Mitwirkung in Anspruch nahm. In Folge dessen schied er 



*) Eine noch ungedruckte histor.-mystische Arbeit von Andreas Angelas, betitelt: 
Angeli grtindlicher Bericht von Johann Hiltens Weifsagungen, (Strausberg, 1597) be- 
findet sich in der Bibliothek des Magistrates zu Berlin, Handschriften Nr. 16. Angelus 
bezeichnet Joh. Hilten als den Lehrer Luthers. 2 ) Das Nahere daruber enthalten 

die Anmerk. z. d. Jahren 1424 u. 1425 am Schlusse dieser Schrift. 8 ) Riedel, 

Cod. dipl. IV, 1, 102. 4 ) Ebend. S. 80. 5 ) Ebend. S. 113. 



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g Einleitung. 

aus 8einem bisherigen Amte, erhielt aber 1577 das Rectorat an der Petri- 
schule zu Kolln an der Spree, dem er bis 1590 vorstand 1 ). Von dieser 
Zeit an lebte er, wie er sich ausdriickt, „dienstlos", und die ihm gewahrte 
Mufse veranlasste ihn dazu, sich als Chronograph Verdienste zu erwerben. 
Schon in friiheren Jahren hatte er sich mit literarischen Arbeiten be- 
schaftigt, bald nach 1571 eine Gedachtnissrede auf den in diesem Jahre 
gestorbenen Kurfursten Joachim II., 1575 ein Buch de judicio extremo 
und 1586 einen Tractat von dem Ursprunge des Adels verfasst. Auch 
eine umschreibende Erlauterung eines Psalmes ist von ihm publicirt wor- 
den 2 ). Die theologischen Schriften bekunden seine Neigung zum Morali- 
siren, seine Sprache erinnert an den Kanzelton und bewegt sich gern in 
biblischen Phrasen und Bildern, die zuweilen treffend gewahlt sind. Als 
Theologe mag Hafftiz fiir seine Zeit nicht ohne Bedeutung gewesen sein. 
Der Kurfurst Joachim II. zog ihn 1561 zu einer Disputation zwischen 
evangelischen und katholischen Geistlichen herbei und fand an dem Buche 
de judicio extremo ein solches Wohlgefallen, dass er ihn zur Uebertragung 
desselben in das Deutsche veranlasste. — Um 1595 endlich verfasste 
Hafftiz sein historisches Hauptwerk, das Microchronologicon oder Micro- 
chronicon 8 ), eine Compilation, welche leider erweist, dass es dem Autor 
an aller Befahigung zum Chronographen fehlte, denn er besafs weder reale 
Geschichtskenntnisse noch gesundes Urtheil und Sinn fiir Genauigkeit bei 
seinen historischen Angaben. Den Mangel an diesen Erfordernissen suchte 
er durch moralisirende Reflexionen und Anecdotenjagerei zu ersetzen. Sein 
Werk ist beinahe 300 Jahre hindurch nur handschriftlich erhalten worden, 
bis Riedel es zum ersten Male vollstandig in seinem Cod. dipl. Brand, 
abdrucken liefs 4 ). Um so zahlreicher sind dafiir die Exemplare von Hand- 
schriften vorhanden, fiir deren Vervielfaltigung und Verbreitung noch Hafftiz 
selbst sorgte, indem er sein Werk immer von neuem abschrieb, und die 
Manuscripte, mit besonderen Vorreden versehen, theils an fiirstliche oder 
adliche Gonner, theils an die Magistrate der markischen Stadte verschenkte 
oder auch verkaufte 5 ). Den Vorreden nach empfingen Exemplare des 
Microchr. der Kurfurst Joachim Friedrich von Brandenburg, die brandenb. 



*) In der Chronik der Kollner Rathsschreiber (Schriften des Vereins f. d. Gesch. 
Berlins S. 11) heifst es: 1577 den 12. April ist Magister Petrus Hafftitius — allhier 
zu CClln pro Rectore solemniter introduciret. In Berlin hatte er bis 1574 25 Jahre 
hindurch gewirkt (vergl. seinen Brief an Leonh. Thurneifser bei Mohsen, Beitrage 
S. 11). In der Vorrede zu s. Microchr. redet er von einer 38jahrigen Lehrthatigkeit 
uberhaupt; folglich hatte er das Rectorat in Kolln von 1577 bis 1590 inne. ^Er- 

halten unter den altesten Programmschriften des Gymnasiums zum grauen Kloster. 
8 ) Einige Handschriften des Werkes fuhren diesen, andere jenen Titel, ohne dass da- 
durch eine Verschiedenheit des Inhaltes bedingt ware. 4 ) Biedel IV, 1, 46 

u. fg. 6 ) Diese Beschaftigung hat Hafftiz bis zu seinem 1601 oder 1602 erfolgten 

Tode fortgesetzt. Das letzte Datum, welches das Microchr. bietet, ist der 9. October 
1601. Es findet sich in der Handschr. des Microchr., welche die Breslauer Univer- 
sitats-Biblioth. besitzt. Vergl. Riedel a. a. O. S. 150. 



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Einleitung. 9 

Prinzen Christian Wilhelm und Johann Sigismund, der Graf Casimir von 
Lynar, der Leipziger Patricier Peter Zeidler, die Rathsherren von Templin, 
Spandau u. a. Communen. Unter Riicksichtnahme auf den Rang und die 
Wiirde des Empfangers fertigte er kiirzere oder umfassendere Exemplare 
des Microchr. an, so dass es Handschriften des Werkes giebt, welche mit 
dem Jahre 1411, und andere, welche mit 1391 beginnen, wenn man von 
den vorangeschickten summarischen Ruckblicken auf die Anfange der Mark 
Brandenburg absieht. Die Kiirzungen treffen, wie man sieht, gerade Wuster- 
witz' Mark. Chronik und zwar denjenigen Abschnitt derselben, welcher die 
anarchischen Zustande in der Mark unter der Herrschaft des Markgrafen 
Jobst von Mahren behandelte, so dass die mit 1411 beginnenden Hand- 
schriften von ungleich geringerem Werthe sind als die mit 1391 an- 
hebenden. 

Fragen wir nun nach der Beschaffenheit und Bedeutung des Microchr., 
so muss vor allem eine Thatsache hervorgehoben werden, welche nicht 
blofs auf die Art der (Seschichtsschreibung, sondern auch auf den Charakter 
des Chronisten Hafftiz ein seltsames Licht wirft. Bei der Untersuchung 
der fur das Microchr. benutzten Quellenschriften hat sich namlich ergeben, 
dass dieses Werk der Hauptsache nach nur aus Wusterwitz' Mark. Chronik 
fur die Jahre 1391 bis 1425 und aus dem 1593 gedruckten Breviarium 
von Andreas Angelus besteht, welches Buch Hafftiz fur die Zeit von 1426 
bis 1592 mit geringen Modificationen der Form und des Inhaltes abge- 
schrieben und hin und wieder mit Zusatzen vermehrt hat 1 ). Grofse Par- 
tien des Microchr. sind mit den entsprechenden Zeitabschnitten des Bre- 
viarium wortlich gleichlautend und wiederholen sogar die in letzterem 
befindlichen Hinweise auf die Quellenschriften, denen Angelus seine Notizen 
entnahm; andere Stellen mit scheinbaren Abweichungen von Angelus er- 
weisen sich als missverstandliche Um- und Ausdeutungen der Worte des 
Breviarium; die erweiternden Zusatze endlich gehoren einigen wenigen 
Schriften, wie der Europa des Aeneas Sylvius, der Tradition oder der 
eigenen Erfahrung des Hafftiz an, beruhen aber nirgends auf eingehenden 
geschichtlichen Studien und quellenmafsigen Forschungen. Hafftiz war, 
wie es scheint, nur zum Abschreiben historischer Werke geeignet, ein 
Umstand, auf den hier besonders zu verweisen ist, da man an mehreren 
Stellen des Microchr. iiber den Zeitraum von 1391 bis 1425 bei ihm 
umfassendere Nachrichten als bei Angelus findet und dieselben entweder 
auf correcte Forschungen des Hafftiz oder eine grofsere Ausnutzung der 
Mark. Chronik zuriickfiihren muss. 

Die handschriftliche Reproduction des gedruckten Breviarium wird 
man als ein von Hafftiz begangenes Plagiat betrachten diirfen, zumal da 
derselbe das Microchr. unzweideutig fur sein geistiges Eigenthum erklarte 



*) Vergl. daruber den Aufsatz: Zur Kritik des Microchron. von Peter Hafftiz 
im XVIII. Bande der Forschung. z. deutsch. Gesch., S. 392 u. fg. 



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10 Einleitung. 

und in einzelnen Vorreden von seinen Leistungen als Geschichtsschreiber 
mit vollem Munde redet 1 ). Sogar der nicht gewohnliche Titel seines 
Werkes Microchr. scheint ntir eine Umwandlung des Namens Breviarium 
in das Griechische zu sein und damit ebenso wie der Inhalt des Buches 
auf Entlehnung zu beruhen. Vielleicht wird nun auch der Umstand be- 
greiflicher, dass Hafftiz ungeachtet seiner zahlreichen Gonner nicht fiir 
eine Publication des Microchr. durch den Druck Sorge getragen hat, denn 
dieselbe hatte in kurzer Frist die Erkennung der von ihm abgeschriebenen 
Quelle herbeifuhren miissen. — Den Rang einer brandenburgischen Ge- 
schichtsquelle darf das ganze Microchr. fortan nicht mehr in Anspruch 
nehmen, denn es besitzt nur theilweise den Werth einer selbstandigen 
Arbeit oder der unmittelbaren Wiedergabe einer originalen Quellenschrift. 
Das letztere ist der Fall in dem Abschnitte iiber die Jahre 1391 bis 
1425, fiir welchen Hafftiz die Mark. Chronik entweder im Originate oder 
in einer Abschrift vorlag, so dass er uns heute zu dem von Angelus ge- 
lieferten Auszuge einen zweiten in selbstandiger FassUng mit abweichenden 
Lesarten und mancherlei wesentlichen Erganzungen bietet. Bei Hafftiz ist 
die Ausnutzung der Mark. Chronik sogar der Art, dass man ihm die Er- 
haltung beinahe des ganzen Werkes oder wenigstens aller die branden- 
burgischen Verhaltnisse betreffenden Nachrichten zuschreiben darf. Sein 
Referat mit dem des Angelus zusammengestellt ermoglicht eine Controle 
des einen durch den anderen und in Folge dessen die Wiedererkennung der 
originalen Fassung der Mark. Chronik an vielen Stellen. — Bei der Her- 
stellung der Ausgabe markischer Quellenschriften hatte es sich fiir Riedel 
empfohlen, gerade auf diesen der Mark. Chronik entlehnten Abschnitt des 
Microchron. das Hauptgewicht zu legen und zum Abdrucke eine Hand- 
schrift zu wahlen, welche die Mark. Chronik in grofster Vollstandigkeit 
enthielt. Riedel jedoch hat seinem Abdrucke eine Handschrift zu Grunde 
gelegt, welche erst mit dem Jahre 1411 beginnt und iiber die Jahre von 
1391 bis 1411 nur eine summarische Uebersicht giebt. Zu dieser Wahl 
bestimmte ihn die Riicksicht, dass seine Handschrift 2 ) ein Autographum 
des Hafftiz war und folglich einen authentischen Text zu liefern schien. 
Dieser Vorzug wird jedoch reichlich durch den Ausfall der Nachrichten iiber 
die Missregierung des Markgrafen Jobst in Brandenburg aufgewogen. Schon 
aus diesem Grunde kann der Abdruck des Microchr. in Riedels Cod. dipl. 
Br. nicht fiir geniigend erachtet werden. Fiir die Beurtheilung der im 

*) In der Vorrede der Handschr. des Microchr. in der Kflnigl. Biblioth. z. Berl. 
(Mnscr. fol. No. 24) bemerkt Hafftiz: „Wann dann mein Vater seliger, zu Berlin ge- 
boren und erzogen, in der Marcke bei seinen Lebtagen viel gesehen, erfahren und 
verzeichnet, ich auch in die 50 Jahre viel darin observirt, auch von m einen Dis- 
cipeln, so hin und wieder — ansehnlichen Aemptern, auf dem Lande bey denen vom 
Adel fiir praeceptoribus und Schreiber in Stadten, Flecken, Dorffern, Kirchen, Schulen, 
Regimentern und anderen loblichen Aemptern — furstehen — allerhand glaub- und 
denkwurdige nachrichtungen bekommen" u. s. w. 2 ) Jetzt im Besitze des K6U- 

nischen Gymnasiums zu Berlin. 



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Einleitung. 1 1 

Microchr. iiberlieferten Mark. Chronik aber bietet er nicht den geringsten 
Fingerzeig, geschweige denn einen kritischen Ausweis der echten Ueber- 
lieferung des Wuisterwitz und der von Hafftiz herriihrenden Zuthaten. In 
Riicksicht dessen ist hier der Yersuch gemacht worden, die Wiederher- 
stellung jener wichtigen Quellenschrift dadurch anzubahnen, dass dem 
Referate des Angelus der von Hafftiz iiberlieferte parallellaufeiide voll- 
standige Auszug zur gegenseitigen Erganzung und Controle gegeniiber 
gestellt wurde. Der Vergleich beider Referate ergiebt hinlanglich, dass 
weder Angelus noch Hafftiz die Mark. Chronik ganz correct wiedergegeben 
hat. Beide Chronographen mussten dieselbe aus der Sprache des 15. Jahr- 
hunderts in die zu ihrer Zeit iibliche Redeweise iibertragen 1 ) und 
einzelne Ausdriicke derselben sogar interpretiren, und dabei haben sie 
sich Fliichtigkeiten und Irrthiimer zu Schulden kommen lassen, gliick- 
licherweise nicht beide zugleich an denselben Stellen, so dass die Auf- 
fassung des einen gewohnlich das Mittel bietet, den Irrthum des anderen 
zu erkennen und zu berichtigen. Im Allgemeinen lasst sich das Verhalt- 
niss beider zu ihrer Quelle dahin bestimmen, dass Angelus dieselbe im 
Ganzen correcter als Hafftiz, dieser sie aber in weit umfassehderer Weise 
ah jener uns iiberliefert hat. In dem Annalenwerke des Angelus bildet 
der auf Wusterwitz. beruhende Bericht nur einen kleinen Bruchtheil des 
Ganzen 2 ), in dem allerdings weniger umfangreichen Microchron. dagegen 
den funften Theil des Werkes. Angelus ferner hat, wie schon bemerkt 



*) Fur die Annahme Janickes (Stadtechron. VII, Einl. S. XXV), dass Wusterwitz 
seine Chronik in niederdeutscher Sprache verfasst habe, ist ein Zeugniss nicht vor- 
handen. Die Uebertragung eines niederdeutschen Werkes wurde aller Wahrschein- 
lichkeit nach bei dem urtheilslosen Hafftiz viel zahlreichere Missverstandnisse erzeugt 
haben, als so schon bei ihm nachweisbar sind. Auch die Abweichungen zwischen 
8einem und Angelus' Referat mussten dann bedeutender hervortreten. Ich glaube 
daher, dass die Mark. Chronik in dem Hochdeutsch geschrieben war, wie es urn 1400 
in Brandenburg gesprochen wurde, und Angelus und Hafftiz im Wesentlichen nur die 
Orthographie zu andern und einzelne Ausdriicke zu modificiren oder in die Sprache 
des 16. Jahrhunderts zu iibertragen hatten. Das sprachliche Vernal tniss der Referate 
zu dem Originate durfte vielleicht am deutlichsten ersichtbar werden, wenn man den 
Wortlaut der Eidesformel, mit der die Brandenburger 1412 dem Burggrafen huldigten, 
nach dem Brandenburger Stadtbuche und nach Angelus einander gegeniiber stellt. 



Brand. Stadtbuch (Ried. II, 3, 195). 

Wir hulden und sweren Herren Sigis- 
munden und seinen erben, Marggraven zu 
Brand., eine rechte erbhuldunge und hul- 
den und sweren Herren Fridrichen und 
seinen erben, Burggraven zu Nurenberg, 
eine rechte huldunge zu seinen gelde 
nach usswysunge seiner briffe getruwe 
gewere und gehorsam zu sein ongeverde, 
als uns gott helffe und die heiligen. 

*) 23 von 453 Folioseiten. 



Wusterwitz-Angelus. 
Wir schweren und huldigen HerrnSigis- 
mundo und seinen erben, Marggraffen zu 
Brandenb., eine rechte erbhuldigung: Und 
huldigen und schweren Herrn Friderichen 
und seinen erben, Burggraffen zu Nurn- 
berg, eine rechte huldigung zu seinem 
gelde nach aufsweisung seiner brieffe, 
getrewe, gewehre und gehorsam zu sein 
ohn gefehrde, als uns Gott helffe und 
die heyligen. 



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12 Einleitung. 

wurde, die Wusterwitz entlehnten Abschnitte durch Anfiihrung seines Ge- 
wahrsmannes gekennzeichnet, Hafftiz dagegen des letzteren mit keiner 
Silbe gedacht und ihn auch nicht als Chronisten genannt, als er zum 
Jahre 1409 von ihm als einer handelnden Person zu erzahlen hatte. Er 
hat im Grunde genommen die Mark. Chronik im Sinne eines Plagiators 
fiir sich ausgenutzt. Wenn Angelus' Annalen nicht vorhanden waren, so 
wiirde man von Wusterwitz kaum mehr als den Namen wissen und seine 
Verdienste als Historiker Hafftiz zuschreiben. — Endlich ist hervorzuheben, 
dass Hafftiz die Wiedererkennung des Originales durch die Zugabe fremder, 
grofsteutheils dem Breviarium entlehnter Nachrichten, sowie durch die 
Einflechtung eigener subjectiver Reflexionen erschwert hat. Diese Zusatze 
sind in dem folgenden Abdruck seines Referates durch kleineren . Druck 
kenntlich gemacht worden, wahrend durch gesperrten Druck abweichende 
Lesarten und bemerkenswerthe Erganzungeu hervorgehoben werden. 

Fiir den Abdruck des von Angelus iiberlieferten Referates sind, da 
eine handschriftliche Ueberlieferung fehlt, die Annales March. Brand. 
(Frankfurt a. 0. bei Joh. Hartmann 1598 erschienen) S. 169 bis 205 zu 
Grunde gelegt. Die Arbeit erforderte nur eine Zusammenstellung der mit dem 
Namen Wusterwitz oder einem Idem bezeichneten Stiicke, die Beseitigung 
einer Anzahl sinnentstellender Irrthiimer und die kritische Priifung von 
ein paar Stellen, welche auch ohne die Bezeichnung mit dem Namen des 
Chronisten zu fiihren dennoch der Mark. Chronik entnommen zu sein 
scheinen. Hinsichtlich des anderen Referates war eine zwiefache Aufgabe 
zu losen; zunachst handelte es sich um die Feststellung eines vollstandigen 
und richtigen Textes des Microchron. zu dem Zeitraume von 1391 bis 
1425 auf Grand der Handschriffcen und sodann um die Absonderung der 
von Hafftiz herruhrenden Zusatze. 

Die Texteskritik des Microchron. erforderte vor allem die Vergleichung 
einer moglichst umfassenden Anzahl von Handschriften. Dieselben sind 
wohl an keinem Orte so zahlreich vorhanden wie in Berlin, denn die 
Konigl. Bibliothek besitzt deren neun 1 ) und die Magistratsbibliothek drei 
Exemplare 2 ). Ausser diesen sind von mir noch verglichen worden drei 
Handschriften aus dem Nachlasse Friedrich Nicolai's, jetzt im Besitze der 
Erben Gustav Parthey's, eine Handschrift im Privatbesitze des Professors 
Dr. W. Hartmann in Berlin und endlich eine im Folgenden mit A be- 
zeichnete, dem Berlinischen Gymnasium zum grauen Kloster gehorige Hand- 

s ) Es sind Manuscr. in folio No. 23, 24, 28, 461, 475 u. 639, in qu. No. 24, 186, 
187. Von diesen ist No. 187 ein Autographum des Hafftiz, welches mit dem von 
Riedel benutzten abereinstimmt. Seine . Angaben reichen bis zu der „Woche nach 
Bartholomai" 1600. Die Vorrede nennt das Datum des 1. November, aber keine 
Jahreszahl. Das Datum ist mit anderer Tinte geschrieben als die Vorrede und 
scheint nachtraglich beigefttgt zu sein. Die ubrigen Handschriften sind Copien. Un- 
gewdhnlich fehlerhaft ist No. 639; Schloss Milow bei Rathenow heifst hier: Mietau; 
Schloss Beuthen: PI u tow. Auch die Mehrzahl der Personennamen ist incorrect an- 
gegeben. 2 ) Handschriften No. 4, 5 und 16. 



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Einleitung. 13 

schrift, auf deren Werth und Bedeutung ich sqhon in den Forschungen 
z. deutsch. Gesch. XVII, S. 533 hingewiesen hatte. Die Mehrzahl aller 
dieser Handschriften beginnt erst mit dem Jahre 1411 und war somit 
zur Texteskritik nur des letzten Theiles der Mark. Chronik verwendbar. 
Die vollstandigen, mit 1391 beginnenden Handschriften, welche fur den 
Zweck dieser Arbeit besonders in Betracht kamen, waren folgenda sechs: 
die Handschrift der Konigl. Bibliothek in fol. No. 475, der Magistrate 
bibliothek No. 5, aus Nicolafs Nachlass No. 25 und 286, die Handschrift 
des Professors Hartmann und die des Berlinischen Gymnasiums. Dieselben 
stimmen sammtlich bis auf wenige, besonders die Namen betreflfende Ab- 
weichungen iiberein. Unter ihnen hat jedoch die im Folgenden mit B 
bezeichnete Handschrift der Konigl. Bibliothek No. 475 noch einen beson- 
deren Vorzug, denn in ihrem Eingange bemerkt der Abschreiber oder 
friihere Besitzer, dass er viele Handschriften des Microchron. verglichen 
und nach ihnen sein Exemplar berichtigt habe. Diese Bemerkung ist in 
der That bei ihm keine blofse Redensart, denn er hat die in anderen 
Handschriften vorkommenden abweichenden Lesarten, namentlich die der 
Namenschreibung fleifsig zusammengetragen und in seinem Exemplar an 
der betreffenden Stelle iiber oder* unter der Linie angemerkt. Wenngleich 
viele dieser Varianten sich nur als orthographische Abweichungen dar- 
stellen, so sind doch auch mehrere darunter von bedeutsamen Werthe 1 ). 
Ungeachtet der Menge von Correcturen findet sich jedoclf nirgends eine 
Andeutung, dass dem Abschreiber Handschriften vorgelegen haben, die an 
Inhalt noch reichhaltiger sind als A und die iibrigen vollstandigen Hand- 
schriften, so dass also A und B im Wesentlichen den gesammten von 
Hafftiz der Mark. Chronik entlehnten Stoff darbieten. ^ 

Die von demselben als fremde Bestandtheile noch abzilsondernden 
Stiicke sind entweder Stellen des Breviarium 2 ) oder Betrachtungen und 

Urtheile des Hafftiz. Jene lassen sich mit Hiilfe des Breviarium zweifellos 

• i 

*) Hervorzuheben sind folgende : In A und anderen Handschriften heifst (z. Jahre 
1410) ein Rottmeister Dietrichs von Quitzow Lindenau, nach einer Urk. bei Fidicin, 
Beitr. II, 99: Lubenowe (Lubenau); B giebt beide Lesarten durch die Zusammen- 
stellung: Linde | Lubenau. — In A wird der Brandenburger Domprobst um 1400 Henzo 
von Burgsdorf genannt, in der Urk. bei Riedel I, 11, 234: H. v. Gersdorf; in B 
steht der richtige Name neben dem falschen. Ein Ort Loburden, den A erwahnt, 
ist gar nicht vorhanden. Ich vermuthete (Forschungen XVII, S. 545), dass Loburg 
bei Zerbst gemeint sei, und so findet sich der Name auch in B geschrieben. Indessen 
bedarf auch B an mehreren Stellen der Correctur. In B heifst ein Berliner Burger 
Nicolaus Wiese, der bei Angelus richtig N. Wynfs genannt wird. In B ist ferner 
der richtige Name des Klosters Marienborn, in welchem Dietrich v. Quitz. begraben 
wurde, in Marienburg durch Correctur verandert, einmal der Ort Wrietzen statt 
Brietzen gesetzt u. dergl. 2 ) In Folge der Benutzung des Breviar. durch Hafftiz 

stellte sich eine grofse Aehnlichkeit zwischen dem Inhalte des Microchr. und Angelus* 
Annalen heraus. Da das Microchr. um 1595, die Annalen aber erst 1598 erschienen, 
so schloss Klflden (Quitzows II, 18, Anmerk. 1), dem jene Verwendung des schon 1593 
gedruckten Breviar. nicht bekannt war, dass Angelus seine Nachrichten dem Werke 



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14 Einleitung. 

feststellen, diese verrathen sich durch den Ton der Wehklage iiber Jobst 
und die Quitzow's oder einen moralisirenden Inhalt. Indessen scheint 
auch Wustorwitz selbst, wie aus Angelus' Referat hervorgeht, zuweilen in 
den Ton der Klage verfallen zu sein, pid daher wird es bei manchen 
Lamentationen zweifelhaft bleiben, ob sie von dem.Chronisten selbst oder 
seinem Referenten herriihren. 

Den beiden Ausziigen zufolge hat Wusterwitz, zu welchem wir uns 
wieder zuriickwenden, seine Aufzeichnungen mit dem Jahre 1391, nicht, 
wie die herkommliche Ansficht lautet, mit dem Jahre 1388 begonnen. 
Die einleitenden Bemerkungen iiber die Verpfandung der Mark Branden- 
burg an Jobst von Mahren im Jahre 1388, mit denen Angelus und Hafftiz 
ihre Referate beginnen, sind in der vorliegenden Form nicht der Mark. 
Chronik entnommen, sondern von Angelus verfasst, aus seinen Annalen in 
das Breviarium ubertragen und aus diesem von Hafftiz beinahe wortlich 
abgeschrieben, ein Beweis, dass beide Referenten den von Wusterwitz ver- 
fassten Anfang der Mark. Chronik fur den Zweck ihrer eigenen chronistischen 
Aufzeichnungen zu verwerthen nicht im Stande waren. Auch Uber die 
Jahre kurz vor 1391 hatte Wusterwitz keinerlei Nachrichten hinterlassen, 
denn Angelus schildert die ersten Kampfe zwischen der Mark Brandenburg 
und dem Erzbischof Albert von Magdeburg urn den Besitz des Schlosses 
Milow an der Havel, das Vorspiel der Ereignisse des Jahres 1391, unter 
Berufung auf eine alte Sachsenchronik und eine Querfurter Chronik 1 ); 
ferner zum Jahre 1389 einen Kampf des Markgrafen Jobst mit Braun- 
schweig-Liineburg nach Krantz' Saxonia und Bunting 2 ) und bemerkt erst 
in der von ihm verfassten Einleitung zu der Mark. Chronik, dass er her- 
nach Mittheilungen aus Wusterwitz' Chronik iiber die markischen Verhalt- 
nisse bringen werde. 

Die Grundlage dieses Werkes scheinen tagebuchartige Aufzeichnungen 
des Verfassers gebildet zu haben, welche in spaterer Zeit eine Bearbeitung 
erfuhren; denn obgleich dasselbe annalenformig angelegt ist, so registrirt 
es doch nicht einfach die Ereignisse jedes Jahres, sondern nimmt in 
friiheren Jahren schon Rucksicht auf die spateren, wie denn schon zum 
Jahre 1400, in welchem die Quitzow's in die Mittelmark eingefuhrt .wurden, 
die iiblen Folgen dieser Thatsache vorweg angedeutet sind 3 ). Unverkennbar 



des Hafftiz entlehnt habe, eine Ansicht, die das gerade Gegentheil des wirklichen 
Sachverhaltes darstellt. 

') Annales S. 168. a ) Ebend. S. 170. •) Zum Jahre 1399 bemerkt Wust. 

bei der fichilderung von Raubereien, welche damals von den Magdeburgern in der 
Mark verubt worden waren, unter Hinweis auf die Zukunft, dass die Rauber „gleiche 
Gerichteund Wiedergelt" erfahren wiirden„wie hernachwird vermeldetwerden". 
In einem Berichte uber den deutsch. Orden z. J. 1410, den freilich Hafftiz allein, 
nicht auch Angelus tiberliefert hat, scheint sogar eine unmittelbare Aufnahme von 
Tagebuchnachrichten durchzublicken. Wusterwitz gedenkt namlich der Schlacht bei 
Tannenberg (1410) und der darauf folgenden Belagerung des Schlosses Marienburg 
durch die Polen mit den Worten, dass die„Creutzherren (das Schloss) noch inne 



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Einleitung. 15 

hatte Wusterwitz einen hoheren Z^eck bei seiner Arbeit im Auge als den, 
nur chronistisches Material zu hinterlassen. Es kam ihm darauf an, das 
was er selbst erlebt und gesehen hatte, die Ueberhebung und den Sturz 
der Quitzow's, das bedeutungsvollste Ereigniss seiner Tage, in einem ab- 
gerundeten Geschichtsgemalde zur Warnung fur die einen und zum Troste 
fur die anderen zur Anschauung zu bringen. Diesem Plane gemafs begann 
er seine Erzahlung mit einer kurzen Vorgeschichte uber die Jahre 1391 
bis 1400, welche die Thaten des markischen Statthalters Lippold von 
Bredow, seine Kampfe mit Magdeburg urn Milow, seine Gefangennahme 
durch den Erzbischof, die Verwiistung der Stadt Rathenow durch die 
Magdeburger, die Losung Lippolds von der „Bestrickung" und endlich die 
Fehden der Marker mit den Magdeburgischen Stiftsvassallen umfasste. Die 
Erzahlung ubergeht dabei eine gauze Reihe wichtiger Ereignisse, wie die 
Mitregentschaft des Markgrafen Wilhelm von Meifsen-Thiiringen, welchem 
Jobst 1393 fur ein Darlehen die Mark Brandenburg zum Unterpfande ge- 
geben hatte, ferner das Verhaltniss der Mark zu den Herzogen von 
Mecklenburg-Stargard u. a. m. Im Jahre 1400 fuhrte Lippold die Quitzow's 
in die Mittelmark ein, indem er Johann v. Q. seine Tochter Agnes zur 
Frau gab und ihm die Burg Plaue bei Brandenburg als Mitgift abtrat. 
Von dieser Zeit an wird die Chronik reichhaltiger und die Darstellung 
eingehender und lebendiger. Lippold von Bredow tritt von dem Schau- 
platze zuriick, und an seiner Stelle erscheinen die thatkraftigen Gestalten 
Dietrichs und Johanns von Quitzow, anfangs von den Markern mit Freuden 
begriifst, bald aber gehasst und gefiirchtet als die schlimmsten Tyrannen 
des Landes. Gliicklich in ihrem Streben nach Besitz, Reichthum und 
Macht werden sie die Fiihrer einer Adelsverbindung, welche die ersten 
Familien der Mark, die Putlitze, Rochow's, Holzendorfe u. a. umfasste, 
und zugleich der Schrecken der Stadte und Dorfer, der benachbarten 
Fiirsten und der von Jobst eingesetzten markischen Statthalter. Letztere 
vermogen dem Unwesen des Faustrechtes nicht zu steuern und scheiden 
enttauscht einer nach dem anderen aus dem schwierigen Amte. Als der 
letzte von ihnen erscheint 1412 der Burggraf Friedrich von Niirnberg, ein 
Fiirst von reicher politischer Erfahrung, und diesem endlich gelingt es 
im Bunde mit den markischen Stadten und mehreren Reichsfursten, die 
Burgen und den Uebermuth der Quitzow's zu brechen. Johann von Quitzow 
wird 1414 als Gefangener des Erzbischofs von Magdeburg nach Calbe 
abgefuhrt, sein Bruder Dietrich fliichtet in das Ausland und stirbt als 
Geachteter zu Herbeck bei Helmstadt. 



haben, wiewohl der Konig dasselbe hart belagert und treff lichen Schaden gethan 
hat". Jenes „noch" deutet darauf hin, dass die Stelle niedergeschrieben wurde, als 
das Schicksal des Ordens trotz der gliicklich bestandenen Belagerung der Marienburg 
noch ein sehr schwankendes und unsicheres war. Der Friede zu Thorn im J. 1411 
liefs das Ordensgebiet bis auf einen klcinen Verlust im Osten unversehrt. 



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16 Einleitung 

In diesem Abschnitte der Chronik bilden die Schicksale der Quitzow's 
den Mittelpunkt der Darstellung, und darans erklart es sich, dass so 
manche Begebenheiten der Zeit nur nebenbei beriihrt und viele andere 
mit Stillschweigen iibergangen sind. Unter den letzteren diirfte am auf- 
falligsten sein, dass Wusterwitz, wie aus dem Schweigen des Angelus und 
des mittheilsameren Hafiftiz geschlossen werden muss, mit keiner Silbe der 
in dem Chron. Magdeb. 1 ) erwahnten Thatsache gedenkt, dass am 4. De- 
cember 1407 der brandenburgische Bischof Henning von Bredow von den 
Magdeburgischen Stiftsvassallen Johann von Treskow und Wiprecht von 
Barby gefangen genommen und langere Zeit im Gewahrsam gebalten 
wurde. — Mit dem Sturze der Quitzow's war die Aufgabe, welche Wuster- 
witz sich gestellt hatte, gelost, und man kannsagen, dass seine Chronik 
mit der Darstellung jenes Ereignisses in der That abschliefst, wenn auch 
nicht endigt, denn sie bietet auch noch zu den spateren Jahren, bis 1423 
nach Angelus. und bis 1425 nach Hafiftiz, Mittheilungen iiber vereinzelte 
Vorg&nge in der Mark dar, namentlich iiber die von dem Kurfiirsten 
Friedrich mit Pommern und Mecklenburg gefiihrten Kriege und iiber die 
in der •kurfurstlichen Familie vorgekommenen Geburten und Heirathen. 
Die ersteren sind jedoch so allgemein gehalten, dass Angelus sich veran- 
lasst sah, bei der Ausarbeitung seiner Annalen fur den Zeitraum von 
1417 bis 1425 neben Wusterwitz auch noch andere, ausgiebigere Quellen, 
wie Albert Krantz, der den Lubecker Chronisten Detmar und Rufus folgt, 
und pommersche Autoren, zu Rathe zu ziehen. — Die letzten Mittheilungen, 
welche Angelus und Hafiftiz der Mark. Chronik entlehnten, beziehen sich 
nicht, wie man erwarten diirfte, auf den regierenden Kurfiirsten Friedrich I., 
sondern auf dessen altesten Sohn, den Markgrafen Johann. Wusterwitz be- 
richtet, dass letzterem 1423 eine Tochter und 1424 ein Sohn geboren wurde 
und dass johann 1425 die von den pommerschen Herzogen eroberte Stadt 
Prenzlau in der Ukermark wieder eingenommen habe» Dass der Chronist 
seine Aufinerksamkeit von dem von ihm hochverehrten Kurfiirsten ab- und 
dem Sohne desselben zuwendete, kann nicht ohne Grund geschehen sein. 
Es liegt nahe, daran zu erinnern, dass Friedrich I. am 13. Januar 1426 
zu Rathenow seinem Sohne Johann die Regierung iiber die Mark Branden- 
burg iibertrug und bald darauf fur immer von diesem Lande schied. 
Wusterwitz musste also in Johann den zukiinftigen Landesfursten erblicken 
und fur dessen Person und Familie Interesse gewinnen. Das Ende der 
Mark. Chronik fallt zeitlich mit der Abreise des Kurfiirsten Friedrich aus 
der Mark nach Franken zusammen, jedoch scheint Wusterwitz jene Ab- 
reise selbst in seiner Chronik nicht erwahnt zu haben, denn Angelus ge- 
denkt derselben in seinen Annalen und in seinem Breviarium, welchem 
letzteren Hafiftiz folgt, unter Berufung nicht auf die Mark. Chronik, sondern 
auf sein eigenes erstes Werk, die Marchia. 



J ) Meibom: Script, rer. Germ. II, 352. 



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Einleitung. 1 1 

Die Bearbeitung der Mark. Chronik wird demnach in die Zeit von 
1426 bis 1433 zu setzen sein, in die letzten Lcbensjahre des Verfassers. 
In dem letzten Theile des Werkes wird man kauni mehr sehen diirfen als 
tagebuchartige Notizen ohne inneren Zusamnaenhang. Ob dieselben als 
eine Zugabe zu der bis 1417 reichenden eigentlichen Chronik oder als 
die Grundlage fiir eine vollstandigere, von Wusterwitz nicht mehr ausge- 
fiihrte Bearbeitung zu betrachten seien, das ist nicht zu entscheiden. Wie 
das Ende der Chronik, so berechtigt auch der Haupttheil derselben zu 
einigem Zweifel, ab das ganze Werk iiberhaupt einen formalen Abscliluss 
erfahren habe. Einen solchen Zweifel legt die Art und Weise nahe, in 
der Hafftiz stellenweise seine Quelle ausgeschrieben hat. Indem er nam- 
lich zum Jahre 1409 eines langwierigen Processes gedenkt, welchen branden- 
burgische Burger mit Caspar Gans zu Putlitz um den Besitz des Pretziner 
Sees bei Havelberg fuhrten, schliefst er seinen Bericht mit den Worten: 
„Wie aber die Sache geendet, wird man darnach erfahren". Ferner be- 
merkt er hinsichtlich des 1414 in Gefangenschaft gerathenen Johann von 
Quitzow: „Wie es ihm aber weiter ergangen, wird hernachmals gemeldet 
werden". Trotz dieser Ankiindigung weiterer Berichte erfahren wir jedoch 
iiber den Process und iiber die spateren Schicksale Johanns v. Q. keine 
Silbe mehr aus Wusterwitz' Chronik > weder bei Hafftiz noch bei Angelus, 
welcher letztere aber auch keineswegs fernere Nachrichtert zu geben ver- 
heifst. Sollte nun Hafftiz gerade das in seiner Quelle iibersehen haben, 
was er berichten zu wollen angekiindigt hatte? Er miisste dann ein Mann 
von ungewohnlicher Schwache des Gedachtnisses gewesen sein. Ich glaube 
vielmehr, dass er die obigen Worte in der Mark. Chronik vorgefunden 
und nachgeschrieben hat, dass also Wusterwitz selbst willens gewesen, iiber 
den Process und Johann von Quitzow in den spateren Abschnitten seines 
Werkes mehr zu berichten, dazu aber nicht gekommen ist. Eine Kopf- 
losigkeit bleibt Hafftiz' Verfahren auch bei dieser Annahme, aber sie wird 
orklarlich bei einem Autor, der seine Quelle auch sonst blindlings abschrieb 
und noch im Jahre 1595 melden konnte, was Wusterwitz oder ein anderer 
Chronist fur seine Zeit berichtet hatte, dass der deutsche Ritterorden das 
Schloss Marienburg noch inne habe! 

Fragen wir schliefeKch nach dem historischen Werthe der Mark. 
Chronik, so liegt derselbe vor allem darin, dass die Schilderung von Per- 
sonen und Zustanden, welche sie darbietet, auf der unmittelbaren An- 
schauung und der eigenen Erfahrung des kenntnissreichen Verfassers beruht. 
In dieser Hinsicht iiberragt das Werk sammtliche geschichtliche Quellen- 
schriften der Mark Brandenburg bis zum 17. Jahrhundert herab. Un- 
mittelbar versetzt es uns durch treffliche Zeichnung in eine Zeit der 
Drangsale in der Mark, wie sie schlimmer kaum ein anderes deutsches 
Gebiet erfahren hat. Eine auf den Besitz machtiger Burgen sich stiitzende 
Adelscoterie frondirte gegen einen Landesfiirsten von zweifelhaftem moralischen 
Werthe und schlaffem Charakter, schadigte durch willkiirlich unternommene 

2 



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18 Einleitung. 

Kampfe und durch Rauberei und Brandstiftung die Dorfor und die Stadte 
und nothigte den Bauer und den Burger zur Selbsthiilfe, 89 dass ein Krieg 
aller gegen alle entbrannte, in welchem das Land sich selbst verzehrte. 
Im Hinblick auf solche Zustande musste eine Zeitgeschichte, von einem 
Manne mit lebhaftem Rechtsgefuhle geschrieben, eine Anklage gegen den 
energielosen Regenten werden, der dem Ungliicke des Landes nicht zu 
steuern vermochte, und gegen den Adel, welcher in dem Fehdelebeu die 
einzige Aufgabe seines Daseins zu finden schien. Merkwiirdigerweise aber 
hat man gerade wegeu einer solchen Beurtheilung des Adels in neuerer 
Zeit gegen Wusterwitz den Vorwurf der Parteilichkeit erhoben und seine 
Chronik eine „triibe und parteiische Quelle" genannt. Es war G. W. von 
Raumer, der sich berufen fiihlte, in einem besonderen Excurse seines Cod. 
dipl. Brand. 1 ) einer Darstellungsweise der Zeit der Quitzow's entgegen zu 
treten, die „gleichsam versteinert und ohne alle Kritik aus einem Buche 
in das andere ubergegangen ist". Er stellte ihr eine Vertheidigung der 
Quitzow's und ihrer Genossen entgegen, indem er ausfuhrte, dass wie 
uberall in Deutschland so auch in Brandenburg der Adel das Fehderecht 
bcsessen habe, d. h. das Recht der Selbsthiilfe unter Wahrung gewisser 
Formalitaten als Nothwehr gegen Unrecht oder bei Rechtsverweigerung. 
So unbestreitbar diese Behauptung im Allgemeinen ist, ebenso unberechtigt 
ist ihre Anwendung zur Widerlegung des verdammenden Urtheiles, welches 
Wusterwitz iiber die Quitzow's und ihre Anhanger gefallt hat, denn diese 
Edelleute vertheidigten in ihreu Fehden eben nicht berechtigte Interessen, 
sondern trieben unter dem Scheine einer solchen Vertheidigung und oft 
sogar ohne denselben Strafsenraub und Gewaltthat im criminellen Sinne 
des Wortes. Die in der Mark. Chronik ihnen zur Last gelegten Uebel- 
thaten sind so gravirender Natur, dass sie kaum der ergauzenden Bc- 
statigung durch die Urkunden jener Zeit bediirften, um die Gruudlage zu 
einem Verdammungsspruche iiber die Quitzow's zu bilden. Auch der Vor- 
wurf der Nichtsnutzigkeit, den Wusterwitz gegen Jobst von Mahren er- 
hoben hat, war durchaus berechtigt, denn das schlaffe Regiment dieses • 
Fiirsten zeitigte wenn auch nicht das Fehdewesen selbst, so doch die 
Entartung desselben in der Mark Brandenburg. Von einer parteiischen 
Darstellung der Geschichte seiner Zeit durch Wusterwitz kann daher so 
wenig die Rede sein, dass man sich vielmehr freuen darf, in einer Zeit 
des geschwachten Rechtssinnes iiber die verkommenen Zustande ein zu- 
treffendes Urtheil zu vernehmen. 

Ein anderer Vorzug der Mark. Chronik beruht in der Correctheit 
ihrer Ueberlieferung. Mit Ausnahme von einigen wenigen Angaben findet 
die in ihr gegebene Schilderung der Thatsachen eine Bestatigung durch 
das Urkundenmaterial jener Zeit, wie sie selbst andererseits die bruch- 
8tiickartige Ueberlieferung in den Urkunden erlautern und zu einem 



! ) I, 35 u. fg. Vergl. dazu Forsch. z. d. Gesch. XVII, 560. 



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Einleitung. 19 

Geschichtsbilde zusammenfassen hilft. Ihre Mittheilungeu erweisen sich 
auch da als echt und stichhaltig, wo man sie aus berechtigten Bedenken 
and mit achtbaren Griinden zu widorlegen sich versucht fiihlte *). In dieser 
Hinsicht stent die Mark. Chronik ebenbtirtig neben den besten norddeutschen 
Geschichtsquellen des 14. und 15. Jahrhunderts, neben Detmar, Rufus, der 
Magdeburger Schoffenchronik u. a., mit denen sie auch, bei aller Selb- 
standigkeit, der Form nach eine gewisse Aehnlichkeit besitzt. 

Diese allgemeine Anerkennung ihres Werthes schliefet jedoch nicht 
aus, dass hin und wieder im Einzelnen ihr Urtheil iiber Personen, wie 
iiber Jobst von Mahren und die Quitzow's, zu herbe und ihre Begriindung 
der Thatsachen unzulanglich ausgefallen ist 2 ). Die Mittheilung von Selbst- 
erlebnissen des Autors, welche ihr zum besonderen Vorzuge gereicht, be- 
dingte hinwiederum auch eine gewisse Einseitigkeit ihres Inhaltes, insofern 
der Verfasser nur dasjenige hervorhob, was ihn besonders interessirte und 
woriiber er personlich Erfahrungen eingesammelt hatte. Der Ausgangs- 
punkt seiner Schilderungen ist und bleibt die Stadt Brandenburg, seine 
Heimath und sein Wohnort, und seine Umschau erstreckt sich wenig iiber 
die Grenzen des Havellandes hinaus. Schon die Berliner Verhaltnisse 
liegen seinem Blicko ziemlich fern, und Vorgange in anderon markischen 
Stadten, wie in Rathenow, Strausberg und Nauen, erwahnt er nur, inso- 
weit sie mit der Geschichte Lippolds von Bredow und der Quitzow's in 
Beziehung stehen. Sein Geschichtswerk halt daher ungefahr die Mitte 
zwischen einer Stadt- und einer Provinzial- Chronik. Wie jede Quellen- 
schrift bedarf auch sie im Einzelnen der Berichtigung und im Grofsen 
der Erganzung durch andere Quellen. Jene ist Sache der historischen 
Kritik und diese die Aufgabe der umfassenden geschichtlichen Darstellung 
der brandenburgischen Verhaltnisse in der Zeit von 1391 bis 1425. 

J ) Vergl. d. Anmerk. z. d. Jahren 1400 und 1408 und Forschungen z. d. Gesch. 
XVII, S. 568 u. fg. *) Ebend. S. 563 u. fg. 



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Engelbert Wusterwitz' Markische Chronik. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



23 



nnai.Mir- Im tausend drey hundert acht und acht- 
biae Braa- zigsten jahr hat marggraf Jodocus in Mahr- 
enb.s.i69. land die Marck Brandenburg, die er von 
1388. seinem vettern, konige Sigismundo in Un- 
gern empfangen, eingenommen und die- 
selbe angefangen aufszusaugen. 1 ) Denn 
die gantze zeit uber, weil er diefs land 
inn en gehabt, hat er nichts anders gethan, 
denn das er eine schatzunge nach der 
andern von den armen leuten genommen, 
da er doch hette bedencken sollen, boni 
pastoris esse tondere pecus, non deglubere, 
wie Tiberius zu seinen hofleuten hat pfle- 
gen zu sagen. Weil er aber selbest per- 
sfinlich nicht hat kOnnen oder wollen hier 
zu lande hof halten, hat er immerdar seine 
stathalter darinn gehabt. Und sonderlich 
hat er anfanglich darinn zum stathalter 
verordnet herrn Lippolt von Bredaw rit- 
ter a ), welcher eine lange zeit mit den 
bischoffen zu Magdeburg, ftirnemlich aber 
mit herrn Alberto von Querfurt, viel fahr- 
licher feindtschafft gehabt, dass sie offt- 
mal einander geschlagen haben, wie her- 
nach aus Engelberti Wusterwitzii, Clerici 
Brandenburgensis, bericht wird angezeiget 
werden. 1 ) 



Alfs der durchlauchtigste hochgebohrne Microchron. 
furst und herr, herr Sigismundus, mark- 1388. 
graff zu Brandenburg, ein sohn Caroli IV., 
ist konig in Ungarn worden und am palm- 
sonntage (wie Mechovius lib. IV. c. 49 
schreibt '); andere aber sagen am h. pfingst- 
tage) im 20. jahre seines Alters gekrdnt, 
hat er seinen vettern Jodoco Barbato und 
Procopio, Johannis Henrici, seines vaters 
bruders sohnen, umb eine gewisse summa 
geldes, so er zum ungerischen kriege, das- 
selbe konigreich einzunehmen, darin sich 
Carolus von Neapolis mit gewalt gesetzt 
hatte, benotigt war, die Brand enburgische 
Marck abgetreten und tibergeben und hat 
markgraff Jodocus dieselbe zu regieren 
angefangen a. Christi 1388 und verordnet Nach Ange- 
zu einem general-obersten hauptmann der- lua 1 Brevi- 
selben herrn Leopolt von Bredow ritter*), arium. 
welcher eine lange zeit mit dem bischoff 
zu Magdeburg, herren Alberto von Quir- 
furth viel gefahrliche feindtschafft gehabt, 
die auch lange zeit gewehret, in welcher 
zu beyden theilen feindtlich genug gestrit- 
ten, viel verwundet und allenthalben unter 
den streitenden erschlagen und getddtet 
worden. — ' Ehe wier aber zu diesen ge- 
schichten kommen, ist dies sonderlich zu 
mercken, dafs anno Christi 1389 ist in der 
Marck Brand, das aureum seculum, die 
guldene zeit, gewesen, dafs man ein schaf 
hat gekaufft umb 4 witten, eine kuhe umb Breviarium. 
3 schillinge (verstehe lubische schillinge, 
deren ein jeder 12 marckische pfenninge 
gegolten), 1 scheffel rogken 11 pfenninge, 
1 tonne bier 4 schillinge, 1 mandel eyer 
1 pfenning, 1 pfund butter 2 pfenninge, 
und einem tagelOhner sind des tages samt 
essen und trincken 3 heller zum tagelohn 
gegeben.") 



') Keiner der beiden Chronographen hat uns den Anfang der Mark. Chronik ttber- 
liefert. Angelus giebt in seinen Annalen u. in s. Breviarium nur eigene Reflexionen 
uber Jobst's Regierung, und Hafftiz hat seine Einleitung unter Benutzung von Angelus* 
Breviarium S. 72 niedergeschrieben, mit dem sie beinahe wOrtlich ubereinstimmt und 
die Berufung auf Mechovius oder Matthias von Miechow gemeinsam hat, den 1523 
gestorbenen Verfasser einer Chronica Polonorum. Den Anfang der Mark. Chron. werden 
wahrscheinlich autobiographische Notizen des Verfassers und eine Darlegung seines 
schriftstellerischen Planes gebildet haben, die weder Angelus noch Hafftiz fur den Zweck 
der eigenen chronistischen Arbeit verwenden kounte. a ) Lippolt von Bredow, bei 

Hafftiz auch Leopolt und Lupolt genannt, gehorte einem altmark. Adelsgeschlechte an, 
das im Havellande ansassig war. 1369 war er Marschall des Markgr. Otto v. Brandenb. 
u. am 20. Dec. 1381 markgraflicher Voigt (Riedel: Cod. dipl. Brand. I, 20, 312). In den 
Urk. vom 25. Febr. 1383 u. vom 14. Marz 1384 (Riedel a. a. 0. S. 316 u. 317) nennt 
er sich Hauptmann der Mark Br. Jobst scheint ihn bei Uebernahme der Mark 1388 
in dieser Wurde nicht bestatigt zu haben, den*er verbtindete sich am 28. Aug. 1390 
(Riedel I, 10, 14) mit dem Erzbischofe Albert von Magdeburg (1383—1403), Lippold 
das Sen 1 088 Plaue bei Brandenburg a. d. Havel zu entreifsen, in dessen Besitz dieser, 
wir wissen nicht bei welcher Gelegenheit, gekommen war. Statthalter in der Mittel- 
mark war 1391 der Bohme Pothan von Chastolowitz , und Jobst bemerkt in einem 
Schreiben an die mark. Stande (Riedel II, 3, 114): wann wir euch doch keinen andern 
Hauptmann ny (!) gesetzt hebben, denn den egenanten Pothan. Erst 1392 scheint Jobst 
Lippold als Statthalter bestatigt zu haben. In dieser Wurde amtirte er im August 1392 
nach Riedel I, 23, 131. 8 ) Diese Notiz hat Angelus in die Ann. aufgenommen 



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24 



Angelas. 



Hafftiz. 



1391. In diesem jahr hat herr Lippolt 
von Bredaw, stathalter in der Chur 
und Marck Brandenburg, viel vom 
adel und biirgerschafft der Marck ge- 
samlet in meinung, dass er das fleck- 
lein Mylaw 2 ), bey Ratbenaw gelegen, 
einnehmen, schleiffen und zerstoren 
wolte. Hat demnach viel geschiitz 
und gewapnete manner in kahnen und 
andern schiffen iiber den Havelstrom 
gebracbt und ist er selber personlich 
niit dem reisigen zeuge zu lande da- 
hin gezogen und hat gemeltes fleck- 
lein Mylaw belagert. Da sie nun 
angefangen zu sturmen, ist im ersten 
geschos einer buchsen eine funcke 
feuer ins fass, darin das kraut 3 ) (wie 
es die kriegsleute nennen) oder das 
biichsenpulververwaret gewesen, kom- 
men, dass dasselbige angangen und 
verbrand, also dass sie hernachmal in 
raangelung des pulvers nicht mehr 
habeu schiefsen konnen. Da nun sol- 
ches graff Johans von Barby, der sich 
. mit vielen adelfspersonen aus dem 
ertzstifft Magdeburg auff dem schlosse 
Jerichaw 4 ) enthalten, vermercket, dass 
die Marcker durch solchen empfan- 
genen schaden gehindert wiirden, ihre 
furnemen zu volnbringen, hat er sich 



Anno Christi 1391 des mittwochs 139., 4 
in der meint ^-woche, als herr Lupolt 
von Bredow versamlet hatte viel von 
adel und burger der Marck Branden- 
burg, hat er sich unterstanden zu 
stiirmen und einzuraumen a ) ein stadt- 
lein, Milow 2 ) genannt, bey Rathenow 
gelegen; und also geriist mit kahnen 
und andern schiffen iiber die Havel 
buchsen und gewapnete manner zu 
bringen; er aber ist selbst mit den 
reisigen zu lande gezogen, und solch 
stadtlein Milow belagert; da sie nun 
angefangen zu stiirmen, ist im ersten 
schuss einer biichse ein funcklein feuer 
ins pulverfass gekommen, und so ver- 
brandt, dass sie keinen stein mehr 
aus den buchsen zu schiefsen ver- 
mocht, dadurch graff Hanfs von Barby, 
der sich mit vielen von adel der kir- 
chenb) zu Magdeburg auf dem schlosse 
Jericho 4 ) enthalten, bewogen, da er«) 
vermercket, dass die Marcker also ver- 
hindert, dass sie nicht konten voll- 
bringen, wass sie angefangen und bey 
sich beschlossen, hat sich mit den 



a) einzunehmen? b) A der Kiichen, was nur ein Schroibfehler des Copisten sein kann. 

c) A sie, mit Beziehung auf die Adlichen, aber gegen die Construction des Satzes. 

unter Berufung auf Entzelts Mark. Chron. (1579), in seine zu Brandenburg 1587 ge- 
haltene Oratio valedictoria (b. Kfister: Collectio opuscul. hist. March, illustr. II, 2, 232) 
aber mit der Bemerkung: Annales Saxonici memorant. Sie stammt also nicht aus 
Wust. Mark. Chron. 

J ) Meintwoche far gem eine Woche, welche am Sonntage nach Michaelis, also 



anfangs des October begann. 



2 ) Milow, stidlich von Rathenow an der Westseite 



der Havel gelegen und 1385 von dem Erzbischofe von Magdeburg befestigt (s. Magd. 
Schoffenchron. ed. Janicke z. J. 1385), war ein militairisch wichtiger Uebergangs- 
punkt von Magdeburg her in das Havelland geworden. ■) Kraut, niederrhein. 

Kruyt, bezeichnete im 14. Jahrh. (nach Weigand, deutsch. Worterb. I, 860) wie heute 
noch im Danischen Schiefspulver. Im 16. Jahrh. war „Kraut und Lot" noch 
ein ublicher Ausdruck fur Pulver und Blei. 4 ) Jerichow, Stadt und Schloss, zu 

Magdeburg gehdrig, am rechten Elbufer, sttdostl. von Tangermiinde. 



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Angelas. 



Hafftiz. 



25 



i39i. alfsbaldegestarcketa) und istzuihnen 
eingefallen und hat den stathalter 
Lippolt von Bredaw samt dreyen biir- 
gern von Brandenburg, Fritzen von 
Priitzke, Hansen Schultzen und Clau- 
sen Neumann gefangen bekommen 1 ) 
und ihnenviel plage angeleget. Einer 
aber mit nahmen Andreas Quibe c ), 
so den stathalter gefangen bekommen, 
hat ihn alfsbald dem ertzbiscfaoff von 
Magdeburg, herrn Alberto von Quer- 
furt, zugeschickt, und zur verehrunge 
etliche bauerhofe im dorff Derben bey 
der Elbe zu lehen vom ertzbischoffe 
bekommen. Der von Bredaw aber 
hat vier jar lang und etliche monat 
in bestrickung sein musseta. Engel- 
bertus Wusterwitzius. 

1393. Anno Christi 1393, da hen* Die- 
derich von der Schulenburg, bischoff 
zu Brandenburg 2 ), inschwerer kranck- 
heit gelegen, haben ihm die fursten 



seinen gestarckta), ist zu ihnen ein- 1391. 
gefallen und den hauptmann herrn Lip- 
polden mit drey biirgern von Bran- 
denburg, nemlich Fritze Priitzke, 
Hanfs Schulten, Clawes Nieman und 
vielen knechten mit vielerley ange- 
legter plage gefangen. 1 ) Einer aber, 
genannt Andreas Trube, der den 
hauptmann Lippolden gefangen, hat 
ihn herrn Alberto, dem bischoff zuMag- 
deburg, iiberantwortet, dass er von 
ihm sein gefangnisgelubde und sicher- 
heit nahme, welches er auch also ge- ' 
than, und hat ihn der bischoff 4 jahr 
lang auff sein gethan geliibnis in 
der bestrickung behalten und Andreas 
Triiben etliche Hofe zu seinem theil 
im dorffe Derwen an der Elbe ge- 
geben. 

Anno Christi 1393 im letzten jahre 1393. 
des lebens herrn Dieterichs von der 
Schulenburg, bischoffs zu Branden- 
burg 2 ), alfs er in schwerer kranck- 
heit gelegen, haben die fursten zu 



a) Sichstarken = animum corroborare oder confirmare, Muth fassen, sich entschliefsen ; 
B hat die Umschreibung : so haben sie sich verstarcket. c) Riedel hat in seinem Abdrucke 

der Ausziige des Angelus (Cod. d. IV, 1, 24) statt des Namens Qui be ebenfalls Trube setzen lassen. 

*) Die Gefangennahme Lippolts und seiner Genossen erfolgte vor dem 22. October 
1391, denn an diesem Tage verschrieb der Erzbischof Albert dem Ritter Ludolf von 
Alvensleben fur seine Mitwirkung bei der Gefangennahme L.'s die Summe von 
400 Schock bohm. Groschen und ttberliefs ihm als Unterpfand dafttr das Gut Neuen- 
hof (Biedel I, 24, 389). Jene 400 Schock sollten spater aus dem von den Gefangenen 
zu zahlenden Losegelde an Ludolf von Alvensl. entrichtet werden. Dieselbe Urk. 
giebt auch eine vollstandigere Liste der zu Milow gefangenen Marker als Wusterwitz. 
Sie nennt: Peter von Bredow, Claus Rybbeke, Claus Schere, Coppeke Wynter, Heinrich 
Beyer, Fricke von Pentzeke, Albrecht Welle, Gottschalk Homsti, Heinrich Schlabern- 
dorf, Nytze von der Dosse, Jacob Blumenthal, Claus Nyemann und Claus Prittzke. 
Die letzteren beiden scheinen die vonWust. genannten Brandenburger zu sein, jedoch 
ist die Differenz in dem Vornamen Prtitzkes nicht zu tibersehen. Der Name des 
dritten Biirgers Hans Schulte fehlt in der Urk. des Erzbischofs. Der Kampf zwischen 
Magdeburg und der Mark wahrte noch bis in die ersten Monate des Jahres 1392 
fort. Am 3. Jan. 1392 nahm der Erzbischof noch mehrere Ritter in seinen Dienst gegen 
die Mark (Riedel, Cod. dipl. Supplem.-Bnd. S. 47). Am 20. Febr. 1392 gelobte er, 
sich einem Schiedsspruche des K6nigs Wenzel ftigen zu wollen (ebend. S. 48). Auf 
Grund eines solchen scheint Lippold im Sommer 1392 die persdnliche Freiheit erlangt 
zu haben, aber noch in der „Bestrickung" des Erzbischofs geblieben zu sein. a ) Er 

war im Amte von 1365 bis zu seinem Tode am 27. April 1393. 



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26 



Angel us. 



Hafftiz. 



1393. von Anhalt wegen grofser feindschafffc, 
die sie wider die marggraffen zu 
Brandenburg eine lange zeit hero ge- 
habt, grofsen unverwindlichen scha- 
den im lande Zyeser *) zugefuget. 
Aber er, der bischoff, hat die fiirsten 
widerumb mit geistlicheni zwange ge- 
drungeri, dass sie ihm solche erlittene 
schaden genugsam haben erstatten 
miissen. Eng. Wusterwitzius. 

1394, 4. Oct. Folgendes jahres an S. Barbaren- 
tag, in der nacht, haben ertzbischoff 
Albrecht zu Magdeburg, fiirst Sigis- 
mundus zu Anhalt und herr Johannes, 
edler herr zu Querfurt, die stad Ra- 
thenaw, weil sie vermercket, dass die 
mauren durch dienachlassigen wechter 
iibel verwaret und bewachet wurden, 
unversehens, durch verratherey Jo- 
hanes Trefskowen iiberfallen und 
eingenoramen, darin denn von den 
kriegfsgurgeln grofser ubermuht mit 
verunehrung ehrlicher frauen und 
jungfrauen und viel ander bofsheit, 
so sie ungQstrafft geiibet, begangen 
worden. Als nun der ertzbischoff die 
stad eingenommen, haben ihm die 
arme leute alfsbald huldigen und 
schweren miissen, und hat der ertz- 
bischoff dahin zum hauptmann ver- 
ordnet Friederich von Alvenfsleben 3 ), 
der die stad bifs infs ander jahr ein- 
gehabt. Nach geschehener huldigung, 
als die leute nun vermeinten sicher 
zu sein, weil sie dem ertzbischoff die 
huldigung geleistet, haben sie ihre 
beweglichen giiter, die sie zuvor aus 
furcht verstackt und verborgen ge- 



Anhalt wegen der feindschafffc, so sie 1393. 
mit dem markgraffen zu Brandenburg 
gehabt, wieder Gott, recht und alle 
billigkeit genanten herrn bischoff un- 
iiberwindtlichen schaden im lande 
Zigeser 1 ) gethan; jedoch sind die- 
selben fiirsten zu Anhalt von ihm, alfs 
viel er mochte und ionte, mit geist- 
lichem zwange zur erstattunge des 
schaden gedrungen und gezwungeu 
worden. 

Anno Christi 1394 an S. Barbaren 1394.4 
tag in der nacht hat Albertus, bischoff 
zu Magdeburg, samt herrn Sigismundo, 
fiirsten zu Anhalt, seiner sch wester 
sohn 2 ), und herrn Johann grafen 
zu Querfurt, die stadt Rathenow 
vermittelst unfleifses und iibelver- 
wahrung der mauren von wachtern 
(dass ich nicht sage durch verratherey 
Johansen Treschkowen) ausgepucht 
und eingenommen; da denn viel laster- 
liche bofsheiten und iibelthaten durch 
die knechte und soldaten im gantzen 
stadtlein geiibt, alfs entehrung der 
jungfrauen und ehelichen weiber; und 
dergleichen viel mehr siinde und 
schande ungestrafft begangen und ein 
jeder nur nach seiner lust und willen 
gethan hat, was ihm gefallen; er war 
edel oder unedel, es ward ihm nichts 
gesagt: warumb thustudisoderjenes? 
und das doch wunderlich von dem 
bischoffe zu sagen ist. Alfs er die 
stadt einbekommen und die huldung 
von den armen einwohnern genom- 
men, und sie nun vermeinten, dass 
sie mit ihren beweglichen giitern, so 
sie zuvor hatten verheelet, sicher wiir- 



*) Zigeser oder Zyeser ist das heutige Ziesar bei Brandenburg, frttber die 
Residenz der brandenburgischen Bischdfe. 2 ) Die Richtigkeit dieser Angelus' Dar- 

stellung erganzenden sachlichen Angabe bestatigt Kloden : Quitzows I, 341 nach Dressers 
Sachs. Chron. S. 381. 3 ) Ueber Friedrich von Alvensleben, dessen Hafftiz an 

dieser Stelle nicht gedenkt, vergl. Wohlbruck, Alvensleben I, 352. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



27 



1394. halten, wider herfiir gesucht, und sich 
nun wie andere ehrliche leute, wider- 
umb haben ernehren wollen: da hat 
fiirst Sigismundus von Anhalt im ab- 
wesen des ertzbischoffs (welches doch 
ohn seinen raht und willen nicht sol 
geschehen sein), ein offentlich edict 
und gebot lassen aufsgehen, dass ein 
jeder burger und einwohner der stad 
bei gethaner pflicht und eyden, so sie 
dem ertzbischoff geleistet, mit ihren 
waffen und wehren im freyen felde 
dem ertzbischoff entgegen ziehen sol- 
ten, weil er mit seinen reutern zu 
Rathenaw ankommen wiirde, und zu 
befurchten, es mochte ilin das Marcki- 
sche kriegfsvolk iiberfallen auffm 
wege. Als nun die manfspersonen 
und gewehrten burger alle hinaus 
kommen, hat man das thor hinter 
ihnen zugeschiossen, und keinen derer, 
die hinausgezogon gewesett, wider 
hinein gelassen: ja man hat auchihre 
weiber und kinder hernach gejaget 
und zum thor hinaus getrieben und 
stracks von der stad hinweg ziehen 
heifsen. Da hat man ein jammerlich 
seuffzen, schreien, winseln und weh- 
klageu der armen betriibten leute 
gehoret. Denn alte und betagte, auch 
krancke, schwangere und sechswoch- 
nerinnen und dergleichen personen 
sind mit ihren armen, elenden, nacken- 
den kinderlein im harten kalten win- 
ter so erfroren, dass sie auch gestor- 
ben und also auff dem wege, ehe sie 
zu andern leuten in der nachbarschafft 
haben kommen konnen, tod blieben 
sind 2 ). Da ist keinem hungerigen ein 
bifslein brot, keinem durstigen ein 



den seyn, darumb dass sie den eyd 1394. 
der huldung, pflicht und treue geleist, 
und die giiter wieder herfur brachten, 
in meinung, dass sie desfalfs wiirden 
gesichert seyn, so ist in abwesen des 
ertzbischoffs (aber nicht ohne seinen 
rath und willen) von vorbenannten 
herrn Sigismundo, der sich der be- 
trieglichkeit beflissen, ein offentlich • 
geboht in der stadt ausgangen, dass 
alle burger und einwohner bey ge- 
thanen eydespflichten mit ihren waffen 
und wehren dem bischoff im felde 
entgegen ziehen sol ten; denn erwolte 
mit seinen reutern zu Rathenow ein- 
kommen und befurchte sich sehr 
grofser und starker verfolgung der 
Marcker. Da sie nun alle auf diese 
weise hinausgebracht und gefuhrt 
worden, hat man die thor geschlossen 
und keinen von burgern wieder hinein 
gelassen, und hat vorgedachter Sigis- 
mundus, fiirst zu Anhalt, auff befehl 
des ertzbischoffs (dass doch erbarm- 
lich ist zu gedencken), ihnen alien 
urlaub gegeben, dass ein jeder mit 
seinem weibe und kindern aus dem 
thore getrieben hinginge und zoge, 
wo es ihnen geliebte. wie eine schreck- 
liche that! wie falsche rahtschlage iiber 
der menschen kinder! wie hat sich da- 
rn als verhalten die bischflffliche wtirde und 
barmhertzigkeit, da sie wieder unschuldige- 
und verarmte leute also ungerecht wtiten- 
de und grausamlich gehandelt! welch ein 
schreyen und seuffzen muss alda gewesen 
sein! wer kans beschreiben? 1 ) Nachdem 
die schwangeren und kindsbetterin 
mit ihren nackenden kindern also 
sind geangstet worden von des winters 
kalte und frost, und die armen elen- 



J ) Diese Lamentationen rfthren meines Erachtens nicht von Wusterwitz, sondern von 
Hafftiz her, welcher uberhaupt die Arbeit des ersteren mit moralisirenden Beflexionen 
durchsetzte. * 2 ) Diese Schilderung bestatigt Detmar (bei Grautoff I, 364 und 365). 



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28 



Angelus. 



Hafftiz. 



1394. triincklein wasser, dem krancken keine 
erquickung gegeben, den miiden keine 
ruhe gelassen worden. Ein theil, so 
sehr im aufstreiben bedrenget, ge- 
schlagen und verwundet worden, sind 
in ohnmacht gefallen und also mit 
tode verblichen. Etliche aber haben 
sich zu ihren sonderlichen freunden 
in der nachbarschafft gewendet und 
da bey ihnen trost, raht und hiilff 
gesuchet. 

Da nun die armen leute also weg- 
getrieben gewesen, sind alfsbalde viel 
reuter und fuisknechte und andere 
leichtfertige, gottlose personen, so dem 
ertzbischoffe, der lieber sein befohlen 
hirtenampt hette sollen in acht neh- 
men, zugestanden, gen Rathenaw kom- 
men, und haben alle bewegliche giiter, 
so sie aUda gefunden, weggenommen, 
und haben iiber hundert wagen, mit 
haufsrath beladen, nach Magdeburg 
geschickt. Nachdem nun die giiter 
also hinweg gebracht, hat sich der 
ertzbischoff sampt seinen reutern und 
knechten in die vornehmste heuser 
gemacht, und was von essen und 
trincken noch vorhanden gewesen, 
verzehret, und von den aufsgetruncke- 
nen fassen des abends ein freuden- 
feuer gemacht (ey ein schfln bischofflich 
werckl), dazu sie denn auch tische, 
bencke, thiiren, breter und derglei- 
chen gebrauchet. Des herrn marg- 
graffen von Brandenburg gemahlete, 
insignia und wapen haben sie mit 



den menschen weder ein biMein brods 1394. 
noch tropfflein getrancks zu ihrer er- 
quickung mit sich haben tragenmogen. 
Und furwahr ingleichen ward da nicht 
gegeben die ruhe den miiden, dass 
eins theils von des winters kalte sind 
gestorben, eins theils grausamlich ge- 
schlagen, verwundet, oder von den 
schlagen verwundet auff dem wege 
mit tode abgegangen, etliche zu ihren 
sonderlichsten freunden, so sie hactten, 
sich gewendet. Da sie also ausgetrie- 
ben, bald denselben tag, umb der ge- 
fahrlichkeit willen sind viel reuter und 
fufsganger desselben ertzbischoffs und 
andere leichtfertige persohnen umbher 
gelauffen in bemeldter stadt, und die 
dinge und bewegliche giihter, so da ge- 
funden, weggenommen, und wafs ein 
jedervonden genommenen giihtern be- 
kommen, mit sich getragen, also dass 
man glaubwiirdig gesagt, dass sie iiber 
hundert wagen mit genommenen giih- 
tern und haufsgerath gegen Magde- 
burg gefuhrt haben. Alfs nun die 
giihter weggebracht, hat sich der ertz- 
bischoff mit seinen reutern, wie es 
einem jedern (sic!) beliebte, in son- 
derliche hauser, daraufs sie die ein- 
wohner vertrieben, gesetzt, und was 
alda noch vorhanden gewesen, ge- 
braucht, verzehrt, ihnen zugeeignet, 
und da sie alles getranck, so da be* 
fanden, ausgetruncken, haben sie die 
fasser auf den abendt mit sonder- 
lichen freuden verbrannt, und ein 
freuden feuer gemacht nach der weise 
der schloss-junckern und landt-sassen, 
blocke, bretter, tische, bancke, stiihle 
und andere dinge zu vermehrung des 
feuers angelegt, und was zuvor nicht 
die wiirme gefressen, hat das feuer 
verzehrt, und weil diese unsinnigkeit 
gewahrt, sind alle gemahlde, insignia 



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Angelus. 



Hafftiz. 



29 



1394. koht greulich beworffen, auch sonst 
frevendlich geschmehet und aufsgo- 
leschet. Wusterwitzius und Chroni- 
con Saxoniae. 1 ) 

Nach einnehmung und boraubung 
der stad Rathenaw ist der ertzbischoff 
sampt seinem kriegfsvolck ins frucht- 
bare Havelland (welches etliche Marchi- 
cam Chersonesum nennen) gefallen und 
hat dasselbige wie auch die umblie- 
gende gegenden greulich verheeret 
und verwiistet mit brennen, rauben, 
brandschatzen, wiirgen und morden: 
also dass auch da der armen blindcn, 
tauben, lahmen und dergleichen leu- 
ten, so sich bettelns ernehren miissen, 
nicht ist geschonet worden. 



Doch sind die Marcker in solcher 
bedrengnis unverzaget gewesen, und 
haben ihren feinden, so viel immer 
miiglich gewesen, ritterlichen wider- 
stand gethan, und sind mit ihrem 
reisigen zeuge widerumb in das mag- 
deburgische land gefallen und haben 
darin sehr grofsen schaden gethan, fast 
in die zwei jahr nach einander, weil 
die Magdeburgischen die stad Rathe- 
naw eingehabt. Wusterwitzius. 



und wappen des marggraffen zu Bran- 1394. 
d^enburg mit koht besudelt oder durch 
etliqhe reuter mit frevel, hohn und 
schmach gar ausgeloschi 

Nach der stadt Rathenow einneh- 
mung ist bald darauf erfolgt die zersto- 
rung des fruchtbahren ohrtes, das Ha- 
vellandt genannt, mit den umbliegen- 
den gegenden, in welchen das gewap- 
nete volck des gemeldten ertzbischoffs, 
weder Gottes noch der welt achtung 
habende, mit brennen, rauben, be- 
schatzung und verherung der acker, 
die menschen und einwohner feindt- 
lich getodtet, und die blinden, tauben, 
lahmen und dergleichen arme gebrech- 
liche persohnen und leute, die allein 
aus ungewisser betlerey ihre nahrung 
haben suchen miissen, beraubt, weder 
das alter noch geschlecht der men- 
schen verschont, auff barbarischer 
weise lasterliche bofsheit getrieben. 
Fiirwarwunderbahrlich underschreck- 
lich sind die dinge zu sagen. Wer 
hatte gedacht, dass solch elend, noth- 
tiirfftigkeit, armuht und jammer iiber 
die Brandenburger Marcke solte ge- 
kommen sein, die doch zur zeit des 
Caroli IV. in grofsen frieden ist bo- 
schiitzt worden 2 ). Jedoch haben die 
Marcker nicht verzagt, spndern so 
viel sie mochten, denselben wieder- 
standt gethan, und wiederumb mit 
ihren reisigen ins magdeburgische 
landt oinfallende uniiberwindlichen 
schaden gethan und eingefiihrt, dass 
also die schreckliche vorwirrung nahe 
bei zwei jahren gewehrt und mitler- 
weile die Magdeburgischen das ge- 
nannte stadtlein Rathenow inne go- 
habt haben. 



l ) Welcho Qiiellenschrift in diesem Chron. Sax. Angelus vorgelegen hat, ist mir 
bis jetzt unbekannt geblieben. 2 ) Auch hier haben wir es wahrscheinlich nur 

mit einer Beflexion des spatereu Hafftiz zu thun. 



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30 



Angelu8. 



Hafftiz. 



Johan Trefskowen abcr und den 
andern, so dazu geholffen, hat der 
ertzhischoff ihren gebiirlichen lohn 
gegeben, also dass er ihnen geboten, 
mit weib, kindern und gesinde aus 
dem lande zu ziehen und gesaget, er 
were gesinnet, dasjenige nach gelegen- 
heit an ihnen widerumb zu thun, was 
sie an andern umb seinetwillen ge- 
than hatten 1 ). Idem Wusterwitzius. 



1396. Da nun der kayser gesehen, es 
wiirde endlich gar iibel aufslauffen, 
hat er den ertzbischoff, der damals 
sein cantzler gewesen 8 ), zu sich gen 
Prag in Behemen beschieden und ihn 
daselbst so lange arrestiret, bifs 
er von seinem vermeinten recht an 
der stad Rathenaw abtrete. Solches 
hat nun der ertzbischoff angelobet 
i. Nov. und hat im 1396. jar umb aller hei- 



Anno Christi 1396 ist das carthaus zu 139* 
Franckfurth an der Oder gestifftet und ist 
Johannes III., bischoff zu Lebus, zum ersten Bwtu 
conservator und patronen vom kayser Wen- 
ceslao dariiber verordnet worden. 

In diesem jahre a ), den 9. tag des brach- 9. j^ 
monats, haben in der neuen stadt Branden- 
burg nachbeschriebene stadte, alfs alte- 
und neue stadt Brandenburg, Berlin, Colin, 
Franckfurth a. d. 0., Drossen, Mtinche- 
berg, Straufsberg, Landsberg, Mittenwalde, 
Neustadt-Eberswalde, Bernau, Spandow, 
Treuenbrietzen und Belitz eine zusammen- 
kunfft gehalten, auff welcher sie sich ver- Brev . 
einigt, sich wieder alle ihre feinde zu 
schutzen und die rauber allenthalben zu 
iiberziehen und auszurotten. 

In demselbigen jahre umb aller hei- 1. >'•* 

ligen tag und fest aus anordnung des 

herrn Wenceslai, zu der zeit romischen 

und behmischen konigs, aus gunst 

und zuneigung herrn Jodoci, marg- 

graffen zu Brandenburg, des konigs 

angebohrnen freundes, hat herr Al- 

bertus von Querfurt, ertzbischoff zu 

Magdeburg, der zu des konigs cantzler 

war angenommen 8 ) und (sich) we- 



') Die Ursachc wesshalb der Erzbischof seine Gesinnung gegen Johann von 
Treskow andcrte, ist nicht bekannt. Letztcrer gehorte zu den fehdelustigsten Edol- 
leuten des Havellandes, und .sein Name wird von Wusterwitz haufig genannt. Wahr- 
scheinlich hat er sich gegen den Erzbischof nicht treuer bewiesen als gegen seineu 
fruheren Landesherrn Jobst von Mahren. 2 ) Diese Vereinigung der mittelmark. 

Stadte fallt nicht in das Jahr 1396, sondern 1399, wie das Breviarium und Angelus 
Ann. S. 174, ferner auch die Einigungsurk. selbst bei Fidicin (Beitrage II, 123), die 
auch Angelus aufgenommen hat, richtig angeben. Dass Hafftiz aber die ganze Notiz 
dem Breviar. entlehnte und nicht etwa 1595 schon das Manuscript von Angelus Ann. 
benutzte, ergiebt sich aus Folgendem: In dem lctzteren Werke S. 174 hat Angelus 
in der betreffenden Notiz den Namen der Stadt Strausberg ausgelassen, aber der 
obigen Urk. gemafs in das Brev. aufgenommen, und von hier aus ist der Name in 
das Microchron. iibergegangen. 8 ) Ueber Albert von Magdeburg als Kanzler 

Wenzek vergl. Theodor Lindner, Gesch. des deutsch. Reiches unter Kon. Wenzel II, 208. 



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Angelus 



Hafftiz. 



31 



1396. Kgen tag horrn Lippolden von Bredaw, 
stathalter in der Marck Brandenburg 
wider lofs gegeben *) und daneben ge- 
dachten von Bredaw brieffe mit an 
seinen hauptman zu Rathenaw, Frie- 
derichen von Alvenfsleben, gegeben, 
dass er ihm die stad Rathenaw wi- 
derumb iiberlieffern und einreumen 
solte: welches auch geschehen. Weil 
aber die von Magdeburg hievon nichts 
gewust, hats ihnen sampt den andern 
vasallen und lehnsverpflichteten zum 
hefftigsten verdrossen, dass der haupt- 
man solches ohn ihre ersuchung, be- 
wust und bewilligung gethan, und 
haben die sache dahin gearbeitet, dass 
er fur einen verrahter und ehrlosen 
declariret und gehalten ward. Da es 
aber der hauptman vermercket, hat er 
als ein geschickter und verstendiger, 
ehrliebender man seines herrn des 
ertzbischoffs schreiben an alien enden 
und in bequ^men stellen offentlich 
ablesen lassen, dadurch er denn die 
zugemessene schuld abgelehnet und 
als ein rittermessiger man fur jeder*- 
man bestanden, dass man iiberall mit 
ihm wohl zufrieden gewesen. Wuster- 
witzius. 



sentlich beym konige enthalten, 13&6. 
herrn Lippolden von Bredow, haupt- 
mann der Marcke Brandenburg, da- 
selbst personlich erscheinende, 
seiner gefangnis (wie gemeldt) quit, 
ledig und frei zu handen des herrn 
koniges gegeben x )und gedachten herrn 
Lippolden seine offentliche briefe zum 
hauptmann Friedrich von Alvensleben, 
die stadt Rathenow wiederzugebeu, 
gereicht, welche, da er sie in grofser 
eyliiberantwortetjhat gedachter haupt- 
mann Friedrich von Alvensleben alfs 
ein gehorsahmer seines herren befehl 
getreulich erfullet, welches die burger 
zu Magdeburg *uid andere vasallen 
und lehnsverpflichteten der kirchen in 
unwillen aufgenommen, dass Friede- 
rich, sie unersucht, solches gethan, 
und haben sich beflissen, ihn alls einen 
verrahter und ehrlosen zuerklaren und 
zu erkennen; aber derselbe Friede- 
rich, alfs ein geschickter und beschei- 
dener 2 ) mann, hat die briefe von sei- 
nem herrn ihnen zugesandt, wohl ver- 
wahret, an alien enden und bequemen 
stadten ofifentlich lesen lassen, dass er 
dadurch die zugemessene ehrlosigkeit 
mochte abwenden und derselbigen ent- 
gehen und qrledigt seyn, damit er 
auch, als einem rittermafsigen ge- 
ziemet, wohl bestanden ist. 



Seine Berufung fallt in den Febr. 1395. Was Angelus von seiner Arrestirung 
berichtet, ist eine ganz incorrecte Wiedergabe der Mark. Chronik. Hafftiz berichtigt 
hier seinen Correferenten Angelus durch eine genauere Relation. In dem Breviar. 
umschreibt ttbrigens Ang. den Begriff der Arrestirung dahin : „Hiertiber hat der kayser 
W. den ertzbisch. von Magd. zu sich gen Prag in Boehmen beschieden und hat ihn 
nicht ehe wollen von sich lassen, bis er — Rathenaw wieder abtrete." Auch 
das ist noch ungenau. 

J ) Mehreren Urk. zufolge war Lippold v. Br. v. 1392 bis 1396 personlich frei 
und Verweser der Mittelmark (s. Forschung. z. deutsch Gesch. XVII, 5G9 u. fg.\ 
seine Freiheit aber eine ihm nur bedingungsweise zugestandene. In Prag wurdo er 
endlich auch von der „Bestrickung u frei. 2 ) bescheiden = kjiug, kenntnissreich. 

Diese Bedeutung des Wortes hat sich noch erhalten in dem Ausdrucke „Bescheid 
wissen". 



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32 



Angelus. 



Hafftiz. 



1396 



1399. 



Da nun durch herrn Lippolden von 
Bredaw die stad Rathenaw wider er- 
langet, sind etliche von den einwoh- 
nern, so zuvor herausgetrieben waren, 
widerumb zu ihrer haab und giitern 
kommen, die aber sehr geschmalert 
und goringert gewesen, wie leichtlich 
zu erachten, dieweil sie die feinde 
in ihrer possession gehabt. Wuster- 
witzius. 

Bald darauf *) sind die Marckischen 
mit den Magdeburgischen zu Zieser 
auf dem schlosse zusammen kommen, 
einen fried zu machen, allda sie zu 
beyden theilen ihre ambasiatores und 
abgesandten gehabt, und durch Gottes 
gnad einen ewigen fried mit einander 
gemacht, der aber doch nicht lange 
geweret. Denn ob er wol mit ver- 
willigung und stipulation eines jedern 
theik befestiget worden, so haben 
doch etliche vasalleh und lehensver- 
wandten a ) dess ertzbischoffs zu Magde- 
burg, als Ludewig von Neuendorf 
im schlo8S Plote, einer von Wulffen 2 ) 
im schlosse Grabaw und Werner 
Kracht im schlosse Parchen 3 ) woh- 
nende, welche grofse feinde der Marck 
waren und sonderlich der stad Bran- 
denburg, denselben fried nicht wollen 
annemen, sondern haben sich mit 



. Da nun also durch herrn Lippolten 1396. 
von Bredow die stadt Rathenow wieder 
erlangt, sind etliche von den einwoh- 
nern, so zuvor vertrieben, zu ihren 
giihtern und eigenthumb (wie wohi 
sie wenig und geringe geworden) wie- 
der gekommen. 



Da aber der zwiespalt und zwio- 
tracht noch lange darnach gewehrt, 
sind endlich die Magdeburgischen mit 
den Marckern friede zu machen auf 
dem schlosse Zigeser durch ihre am- 
basiatores und gesandten zusammen 
kommen, und durch Gottes gnade ein 
bestandiger friede gemacht, der mit 
bewilligung und stipulation eines je- 
den theils confirmiret und bestatiget 
ist, ausgenommen etliche vasallen 
und lehnsverpflichtete der mannen des 
herrn Alberti, ertzbischoffs zu Magde- 
burg, als Andres von Neundorff im 
schlosse Plote, Cuno von Wolffen 
auf dem schlosse Grabow 2 ) und Wer- 
ner Kracht im schlosse Parchen 3 ) 
wohnende alfs sonderliche creaturen 
in feindschaft und zwietracht ernehrt 
wieder die Marcke und sonderlich 
wieder die beyden stadte Branden- 



a) Anu. March. S. 175 und danach in Kiedols Abdruck a. a. O. S. 
In don Corrigenda am Sehlusse dor Ann. daftir: vorwandten. 



Lohnsvertrauten. 



*) Diesen Abschnitt der Mark. Chron. lasst Angelus in den Ann. S. 175 nach 
dem 9. Juni 1399 folgen. *) Die Namen dieser Yassallen hat k einer der beiden 

Referenten vollstandig richtig angegeben. Der Ritter von Neuendorf hiefs nicht Andreas, 
sondern Ludwig, wie Angelus gelesen hat, denn im Folgenden nennt denselben Mann 
auch Hafftiz mit dem Vornamen Ludwig. Aufserdem ist der Name bezeugt durch 
eine Urk. der Altstadt Brandenb. (Riedel I, 9, 107), in welcher uber Lodewich van 
Eyndorp Klage gefuhrt wird. (Das anlautende n ist hier nach dem Worte „von" aiis- 
gefallen). Richtig .ist andererseits der von Hafftiz (iberlieferte Name Cuno von 
Wolffen. Angelus, der einer von W. setzte, scheint den Vornamen an dieser Stelle 
der Mark. Chron. nicht haben entziffern konnen. In den folgenden Berichten nennt 
auch er denselben Mann Cuno v. W. 8 ) Die genannten Schlosser lagen bei Genthin 

(.Plote) und bei Burg (Parchen und Grabow). 



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Angelu8. 



Hafftiz. 



33 



1399. ihrcn rottgesellen , als Thile Spel- 
hovel, Herman Konig, Heinrich Win- 
nick und vielen andern biirgern der 
alten stad Magdeburg montags vor 
7. Nov. S. Elisabeth von ihren schlossera be- 
geben und sich an die umbliegende 
dorffer der alten stad Brandenburg 
geraacht. Dariiber haben die herrn 
in der alten stad Brandenburg ihren 
biirgern alsbald auffgeboten 1 ). Aber 
weil die burger ungeiibet und zum 
streit nicht unterwiesen gewesen, ha- 
ben sie ihren feinden ungliicklich 
nachgejagt. Denn da sie mit den 
feinden bei dem dorffe Martzan ein 
treffen gethan 2 ), sind viel fiirneine 4 ) 
burger aus beyden stadten Branden- 
burg gefangen und auffs schloss Plate 5 ) 
gefiihrt worden, als Johannes Fruche- 
nicht 6 ), Caspar Ketewelle 7 ), und 
Peter Langen aus der alten stad, 



burg, den frieden nicht angenommen. 1399. 
Diese benannte lehnsverpflichte oder 
manne mit andern ihres teilfs gesellen, 
alfs Thiele Spielhofel, Herman 
Konig, Hinrich Winnick und viel an- 
dere burger der alten stadt Magde- 
burg, unangesehen, dass der vertrag 
des friedes (wie obsteht) unter einen 
guten glauben geschehen, haben nichts 
desto weniger denselben vergessende 
anno Christi 1399 montags kurtz vor 17. Not. 
S. Elisabethtag sich von ihren schlos- 
sern zu rauben begeben, und in den 
umbliegenden dorffern der alten stadt 
Brandenburg einen einfall gethan, 
welches, alfs es die Brandenburgischen 
inne worden, haben sie bald in bey- 
den stadten auffgebohten *); weil aber 
die burger zum streit noch nicht ge- 
nug unterrichtet und abgerichtet wa- 
ren, haben sie die feinde ungliicklich 
verfolgt. Denn alfs sie zusammen 
kommen, mit wehr und waffen abge- 
fertigt, haben sie bei den bergen des 
dorfes Marzan a) hefftig gestritten 2 ). 
Aber das gliick hilfft nicht allewege 
den kiihnen und freudigen. 8 ) Denn 
die Magdeburgischen haben etliche 
marckische 4 ) burger, als Johan- 
sen Fiirchtenicht 6 ), Caspar Titel 
Welle 7 ) und Peter Langen aus der 



a) A. Margau, ein Scbreibfehler des Copisten. 

*) Hafftiz erganzt hier Angelus durch die Mittheilung, dass ebenso wohl die 
Neustadter wie die Altstadter zum Kampfe ausgezogen waren. Nach dem Berichte des 
letzteren begreift man gar nicbt, wie bei Marzan auch neustadt. Burger gefangen ge- 
nommen werden konnten. a ) Marzan nordl. von Brandenb. Die von Hafftiz er- 

wahnten Berge von Marzan sind nach Klodcn ^Quitz. I, 445) der Raben-, Sand- und 
Fuchsberg. 8 ) Freudig oder eigentlich freidig = tapfer. 4 ) Von den beiden 

Lesarten: fttrnehme B. und Marck. B. verdient erstere den Vorzug; denn dass die 
Brandenburger Marker waren, versteht sich von selbst; dagegen war die Bezeichnung 
ihrer Stellung als Patricier von Werth. 5 ) Plate fttr Plote nur eine andere 

Schreibweise. fl ) Fruchenicht statt Fttrchtenicht beruht auf einem Versehen des 

Angelus. Der letztere Name ist in den Urk. der Stadt Brand, nicht selten. Nach 
Riedel I, 9, 65 war 1384 Hans Forchdynicht Mitglied der Schdffenbank in der Altst. 
Brandenb. 7 ) Beide Lesarten des Namens scheinen verderbt zu sein. Sollte 

3 



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34 



Angelus. 



Hafftiz. 



1400, 
25. Marz 



1399. Eckard von Lindaw, Johannes Bentz- 
dorff 1 ), Nicolaus Rauch 2 ), Peter 
Maletzin, Simon Bogewitz, Gerardus 
Pausing Jacobus Vinelterue 3 ), Jo- 
hannes Zabel, Nicolaus Becker, Jo- 
hannes Brugge, Simon Dreger und 
etliche mehr aus der neuen stad Bran- 
denburg, die auch bifs auf Annuntia- 
tionis Mariae folgendes jahres haben 
miissen gefanglich seyn und bleiben. 
Wusterwitzius. 



Dieweil nun (wie kurz zuvor ge- 
meldet) die Brandenburger mit denen 
von Magdeburg so iibel dran gewesen, 
haben sie sich mit Wichard von Ro- 
6. Jan. chaw 4 ) am tage der dreyen konigen 
sampt einer grofsen anzahl kriegfs- 
volck und einer sonderlichen gesell- 
schaft auflgemacht, sind in das stifft 
Magdeburg gefallen und haben im 
dorffe hohen Sedyn 6 ), nicht weit von 
Burg, gebrand und hinweg genomen, 
was sie haben uberkommen konnen. 
Als ihnen aber die drey burggesessene, 
derer droben gedacht, mit den ihren 
nachgefolget, der meynung, was die 
Marcker gewonnen, ihnen dasselbe 



alten stadt, Eggart von Lindow, Jo- 1399. 
hann Borgstorff *), Nickel und Jo- 
liann Rauh 2 ), Peter Maltzin, Simon 
Bogewitz, Gerhart Pausin, Jacob Vi- 
velterne 3 ), Johann Zabel, Nickel 
Becker, Johann Brugge, Simon Dreger 
mit sich gefiihrt und einen als Peter 
Barrith mit einem spiefse durch- 
stochen und getodtet; und sind die 
burger in der gefengnis auff dem 
schlosse bifs zum feste der verkiin- i#j, 
digung Mariae gesessen. — In diesem 25 m 
jahre ist ein so kalter winter gewesen, 
dass man auff der Ostsee von Lubeck bifs 
gegen Sunde und von dannen bifs in Den- 
marck zu fufse hat gehen konnen. Brem^ 

Mittlerweil haben die burger von 
Brandenburg mit Wichart von Ro- 
chow 4 ) den 6. januar 1400 mit einer 6. j*» 
grofsen anzahl krieges volck und be- 
quemer 5 )geseHschafft einen zug gethan 
in das magdeburgische landt, und im 
dorffe hohen Sedin 6 ), bey dem stadtlein 
Borch, gebrandt und weggefiihrt, wass , 

sie haben bekbmmen konnen, denen 
die drey schlosssassen sind nachge- 
jagt, sie zu verhindern, den raub und 
wass sie genommen, zu lassen; aber 
Gott hat gegeben, dass die Marcker 
mit streitbahrer hand 36 wieder ge- 
fangen und auff das schloss Goltzow 
weggefurt; da dies geschehen und die 



vielleicht zu lesen sein: Caspar Tile Welle? Eine Familie Welle im Brandenburgi- 
Bchen um diese Zeit ist bezeugt in der Urk. R. I, 24, 389, woselbst z. J. 1391 ein 
Albrecht Welle genannt wird. 

*) Ein Burger der Neustadt Br. Namens Johann Bentzdorf wird erwahnt in den 
Urk. Riedel I, 9, 100 u. 101. 2 ) Ein Claus Rauch war 1394 Burgermeister der 

Altst. Brand. (Riedel I, 8, 371); am 18. Jan. 1399 erneuerte ihm und seinem Sonne 
Hans der Markgraf Jobst das Schulzenamt in der Neustadt Brand. (Riedel I, 9, 78). 
Vater und Sohn werden auch zusammen erwahnt in einer Verkaufsurk. v. 7. Dec. 
1404 (Riedel I, 8, 383). *) Die Lesart des Namens bei Angelus scheint ein Druck- 

fehler zu sein. Der Name Vivelterne, den Hafftiz angiebt, ist im Brandenburgischen 
nicht selten gewesen und hier der richtige. 4 ) Ueber Wichard von Rochow, 

Besitzer der Burg Golzow bei Brandenburg, vergl. Riedel, Zehn Jahre u. s. w. S. 345. 
6 ) bequem in der alten Bedeutung von tauglich. 6 ) Hohen Sedyn, heute Hohen- 

seeden, bei Burg gelegen, gehorte 1400 Werner Kracht auf Parchen. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



35 



hoc wider abzujagen, hat unser herr Gott 
denBrandenburgischen gliick gegeben, 
dass sie wider sechfs und dreifsig mann 
mit streitbarlicher hand gefangen und 
mit sich auff das schloss Goltzaw ge- 
fiihret haben. Da das geschehen und 
die Magdeburgischen die vergleichung 
der gefangenen gesehen, haben sie 
durch mittel etlicher personen, als 
herrn Heinrichs von Bodendick bi- 
schoff 1 ) und herrnHeintze von Gerst- 
dorff 2 ), probsten zu Brandenburg, 
eine vereinigung gemacht auff diese 
weise, als nemlich, dass die burger 
beyder stadte a ) Brandenburg zu frey- 
ung ihrer burger, so von den Magde- 
burgischen gefangen waren, solten 
geben sechtzehen hundert schockboeh- 
mischer groschen und von den Mag- 
deburgischen gefangen eilffe, die durch 
sie begeret und ernennet wtirden, frey 
und lofs zu geben 8 ). Dieser vertrag 
hat einen fortgang gehabt, aber mit 
grofsem schaden und beschwerung der 
brandenburgischen burger, welche 
gleichwohl ihre hoffnung zu Gott 
gesetzet, der wiirde ihre unschuld 
retten und die anstiffter dieses un- 
gliicks wol zu finden und zu richten 
wissen, wie denn auch geschehen, also 
dass dieMarcker den Magdeburgischen 
darnach mit gleicher miintz bezalet, 
wie weiter folgen wird. Wusterwitzius. 



Magdeburgischen die vergleichung in hoo. 
den gefangenen gesehen, haben sie 
vermittelst etlicher persohnen, alfs 
dtirch: herrn Henricum Bodendick 
bischoff 1 ) und herrn Hentzen von 
Borchstorff 2 ), probst zu Branden- 
burg, eine vereinigung gemacht auff 
diese weise, dass die burger beyder 
stadte Brandenburg zu erledigung 
und freyung ihrer burger solten geben 
1000 schock bohmischer groschen und 
von den Magdeburgischen gefangenen 
51 persohnen, die sie begehrten und 
nenten, frey zu geben. 8 ) Dieser ver- 
trag hat zwar einen ziemlichen fort- 
gang gewonnen, aber einen grofsen. 
schaden und beschwerung den bran- 
denburgischen biirgern gewirckt; ha- 
ben doch allewege ihre hoffnung zu 
Gott gestelt und ihrer gluckseeligkeit; 
denn etliche dieser bofsheit ertichter 
und anstiffter haben hernach gleiche 
gerichte und wiedergelt von den biir- 
gern und Marckern empfangen, wie 
hernach wird vermeldet werden. 



a) Annal. S. 175 und bei Riedel IV. 1, 27: bey der Stadt; nach den Corrigenda: Stadte, 
wonach sich die richtige Lesart: „ bey der Stadte" ergiebt. 

') Er war Bischof von Brandenburg von 1393 bis 1406. 2 ) Den richtigen 

Namen des damaligen Domprobstes von Brandenburg giebt Angelus an. In ciner 
Urk. fur Mittenwalde vom 7. Juni 1392 (Riedel I, 11, 234) nennt der Probst sich 
Hentzo 6!e Gherkstorp, praepositus ecclesiae Brand. 8 ) Der Wortlaut des Ver- 

trages ist bei beiden Referenten sprachlich und sachlich gleich unklar. Man durfte 
eine Auswechselung aller von beiden Seiten gemachten Gefangenen und aufserdem 
noch eine Geldzahlung der Brandenburger erwarten, da sie angesehene Patricier gegen 
einfache Kriegsknechte auszulosen hatten. Warum aber sollten, nach dem Einen, von 
36 Magdeburgischen Gefangenen nur 11 befreit werden, und wie konnten, nach dem 

3* 



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36 



Angelus. 



Hafftiz. 



Nachdem herr Lippolt von Bredow 
alt worden 1 ) und die marck Branden- 
burg als ein hauptman und vorweser 
nicht mehr regieren konnen, hat er 
seine tochter Agnetam in diesem 
1400. jahr nach Christi unsers selig- 
maclaers geburt Johansen von Quitzaw, 
Cunouis von Quitzaw sohn, zur ehe 
gegeben und ihm eine gewisse sunima 
geldes als acht hundert schock boh- 
mischer groschen, dafiir er ihm das 
schloss Plawen eingesetzt 3 ), zum 
brautschatz versprochen und folgen- 
des gar abgetreten und iibergeben, 
und hat sich darauff auff sein erb- 
schloss zu Kremmen 4 ) begeben und 
sich allda enthalten bifs zu seinem 
tode. 1st also Johan von Quitzaw 
stathalter worden an seines schwehers 
Lippolt von Bredaw stat, wiewol er 
solch ampt nicht lange verwaltet sei- 
ner tyranney halben. Wusterwitzius. 



Damach alfs herr Lippolt vonBre- i*x>. 
dow, offte genannt, veraltert 1 ) und 
die brandenburger Marcke alfs ein 
hauptmann und vorweser nicht mehr 
konnen verwalten, hat er seine toch- 
ter Agnes Johann von Quitzow, einem 
sohneCunow von Quitzow, des alt en 
hofflichen 2 ) reuters, zur ehe ver- 
heurahtet und eine summa geldes, alfs 
800 schock bohmischer groschen, da- 
fur er ihm das schloss Plaue einge- 
setzt 3 ), zu einer mitgifft derselben 
seiner tochter versprochen und nach- 
malfs das schloss Plauen fur das geld 
der mitgifft ihme verheischen, uber- 
geben und abgetreten, und hat sich 
auf sein erbschloss, Kremmen ge- 
nannt 4 ), begeben und sich darauff ent- 
halten bifs zu seinem tode. Durch 
diesen weg hat herr Lippolt die 
Quitzowen von der festung Quitzhofel 
bey dem stadtlein Werben erstlich 
Mittelmarck (wiewohl untreg- 



zur 



Anderen, 51 gefordert werden? — An dieser Stelle scheint die Mark. Chron. eine 
Schwierigkeit geboten zu haben, die weder Angelus noch Hafftiz zu losen vermochte. 
') Da er schon 1369 das Marschallsamt unter Markgr. Otto bekleidete, so mag 
er um 1400 gegen 70 Jahre alt gewesen sein. Am 24. Nov. 1403 war er noch als 
Mitglied der mark. Stande in Berlin anwesend (Riedel II, 3, 166). Das Jahr seines 
Todes ist unbekannt a ) = hSfisch, d. h. nach der Weise der alten Bitter lebend. 

8 ) Ueber die Gesch. des seit 1250 genannten, westl. von Brandenburg belegenen Schlosses 
Plaue handelt Riedel I, 10, 1 u. fg. Das Erzstift Magdeburg besafs wohlbegrundete 
Anspriiche auf Plaue, wie Karl IV. bei der Erwerbung der Mark Brandenburg fur 
sein Haus 1373 auch anerkannte (Riedel II, 2, 539). In den folgenden Jahren kam 
Lippold von Bredow aus nicht bekannten Grunden in den Besitz des Schlosses. 
Sigismund erkannte ebenfalls am 10. April 1387 (Riedel II, 3, 95) das Recht des 
Erzbischofs auf Plaue an, aber Lippold blieb Besitzer des Schlosses. Jobst verband 
sich sogar mit Albert von Magdeburg, Lippold aus Plaue zu vertreiben, und wenn 
der Markgraf selbst auch nichts zu diesem Zwecke that, so war doch der Erzbischof 
um so ruhriger, wie die oben gedachten Kampfe zwischen ihm und Lippold darthun. 
Nach langem Streiten einigten sich beide am 24. Dec. 1399 (Riedel II, 3, 131) dahin, 
dass Lippold das Schloss dem Erzbischofe fur die Zahlung von 1200 Schock bohm. 
Grosch. abtreten sollte. Von dieser Summe hatte der Erzbischof 800 Schock sogleich 
zu bezahlen. 400 Schock sollten als Hypothek auf Plaue verbleiben und Lippold als 
Unterpfand dafiir die Halfte dieses Schlosses inne behalten. In diesen Pfandbesitz 
trat nun 1400 Johann von Quitzow ein. 4 ) Kremmen, westl. von dem heut. Oranien- 

burg, an einem sumpfigen Wiesenterrain, welches von Kremmen aus von zwei Dammen 
durchschnitten wurde. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



37 



lich) *) gefordert und eingefiirth. 2 ) hoo. 
Und ist also Johann von Quitzow 
stadthalter der Marcke an stadt sei- 
nes schwahers, herrn Lippoldts von 
Bredow, worden. Ob nun wohl die 
Marcker verhofft, dass Johann von 
Quitzow zu einer guten stunde und 
gliickseeligkeit der Marcke in ab- 
wesen herrn Jodoci, marggraffen, 
solte zu ihnen gekommen seyn, so 
hat sich doch (weifs nicht, wie sichs 
begeben) so viel befunden, dass er 
dem vater aus angebohrner natur in 
alien sitten und furhaben nicht allein 
nachgeschlacht, sondern auch weit 
iibertroffen. Derowegen, da er das 
schloss Plaue erlangt, hat ers also 
practiciret und sich beflissen, mit den 
Magdeburgischen den alten zwie- 
tracht, so sie mit den Marckern zu- 
vor gehabt und schwerlich vertragen, 



*) untreglich = unzutraglich oder was Nachtheil stiftet. a ) Der Stamm- 

sitz der Quitzow's war nach Wusterwitz Quitzhofel bei Werben, nach Riedel's 
urkundlichen Forschungen (I, 2, 196) dagegen das Dorf Quitzow bei Perleberg, 
welches kurz nach 1319 die Briider Johann und *Cunow von Quitzow besafsen. Als 
der erste dieses Namens wird um 1295 ein Dietrich v. Q. genannt. Kloden (d. Quitzow's 
u. ihre Zeit I, 24) leitet nach einer Angabe der Mark. Chronik z. J. 1402 die Quitzow's 
von dem Geschlechte der Grafen von Lindow ab; allein die betreffende Stelle ist 
ohne Zweifel corrumpirt. Vergl die Anmerk. z. J. 1402. Ganz unhaltbar ferner ist 
die Annahme, dass die Quitzow's ein altwendisches Adelsgeschlecht gewesen seien, 
denn nur noch eine einzige der markischen Adelsfamilien , die der altesten Besitzer 
von Friesack, war zur Zeit der Anhaltincr urkundlichem Erweise zufolge slavischer 
Abkunft (Riedel I, 7, 42 und I, 1, 18 und 269). Der mark. Chronist Entzelt von 
Salvelt, der fiber die Herkunft des deutschen Adels der Mark beachtenswerthe Nach- 
richten enthalt, gedenkt der Einwanderung der Quitzow's aus dem Frankenlande. 
Die Familie war von geringem Adel, rittermafsig zwar, aber nicht eigentlich edel 
nach damaligem Begriffe. Sie stand in Lehensabhangigkeit von den Putlitz in der 
Priegnitz, den Grafen von Lindow - Ruppin und den Bischofen von Havelberg. Ueber 
100 Jahre war sie ohne Bedeutung und Ruhm und bis 1375 nach dem Ausweise des 
Mark. Landbuches ohne den Besitz einer Burg. Erst 1375 erhielten die Briider Claus, 
Cuno und Thideke und ihr Vetter Claus von Quitzow zu gesammter Hand die Burg 
Kleetzke in der Altmark zum Lehen. Von den verschjedenen Linien des Geschlechtes 
kam die Cunos von Quitzow, durch die mark. Anarchie begunstigt, am meisten empor. 
Cuno selbst war ein fehdelustiger, tapferer Ritter und hatte vielfach Kampfe mit 
den Fursten von Lauenburg und von Braunschweig -Luneburg zu bestehen. 1391 
musste er das Schloss Kleetzke gegen ihre Angriffe vertheidigen (vergl. Detmar bei 
Grautoff I, 349). Er starb 1394 und hinterliefs mehrere Sonne: Dietrich, Johann, 
Conrad und Heinrich, von denen der zweite der Schwiegersohn Lippolds v. Bredow 



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38 



Angelus. 



Hafftiz. 



1401, 
13. Juli. 



Im tausend vierhundert und ersten 
jahr nach Christi geburt, am tage der 
heiligen jungfrauen Margaretha, hat 
Johann von Quitzaw (auff den die 
Maroker all ihre vertrauen gesetzt, 
er wiirde im abwesen defs marggraffen 
Jodoci zu gliick in die Marck kom- 
men seyn und seinen schweher mit 
schutz und beforderung defs landes 
nachgefolget haben) denen von Bran- 
denburg iiber drey hundert schweine 
vor der neuen stadt weg getrieben. 
Wusterwitzius. 

Wiewol nun aber marggraf Jodo- 
cus durch vielfeltiges schreiben der 
Marcker, seiner armen unterthanen, 
ersuchet worden, dass er ihnen sagen 
oder schreiben lassen solte, an wen 
sie sich halten oder bey wem sie 
trost und schutz haben und suchen 
solten, so hat er ihnen doch weder 



wieder zu erwecken und zu erneuern, 
und hat derowegen darauff anno 
Christi 1401 am tage S. Margreten 
iiber 300 schweine fur der neustadt 
Brandenburg mit den Magdeburgi- 
schen geraubt; und es hats keiner 
vermerckt, ist auch nie vernommen, 
dass herr Jodocus, marggraff zu 
Brandenburg, zu der zeit so gantz 
unversehens *) gelassen oder sie zu 
jemandes zuflucht befbhlen, auch ir- 
gents einen in der wiederwertigkeit 
durch schrifften getrost hatte, wie 
wohl viel und mannigmahl I. F. G. 
die stadte der marcke durch bohten 
und brieffe ersucht; sondern bald 
darnach hat der allmachtige giitige 
Gott von tage zu tage durch seine 
grundlose barmhertzigkeit und nicht 
durch jemandes verdienst der grau- 
sahmen menschen gemiihter gesanfft- 



wurde. Was die Statthaltcrschaft desselben in der Mittelmark anbetrifft, so stent 
fest, dass durch Jobst niemals ein solches Amt Johann v. Q. ubertragen worden ist, 
dass vielmehr 1400 der Bischof Johann IV. von Lebus und 1401 u. 1402 die Herzoge von 
Mecklenburg-Stargard Hauptleute in der Mittelmark waren (vergl. Forschungen XVII, 
S. 571 u. fg.). Daneben aber bestand bis 1403 noch die Hauptmannschaft Lippold's 
von Bredow fort, denn der Abt Heinrich Stich von Lehnin erzahlt in seinen Auf- 
zeichnungen (Riedel I, 10, 415) z. Jahre 1401: In den tyden was eyn hovetmann yu 
der nyen marke (heutige Mittelmark) genomet her Lyppolt van Bredow — darna (1403) 
geschach, dat dy greve van Swartzeborch hovetmau wart in Lyppoldes stede. Auf 
Grund dieser Mittheilung und des Wustcrwitzischen Berichtes diirfte nun anzunehmen 
sein, dass Lippold zwar nominell, sein Schwiegersohn Johann aber factisch und unter 
Anerkennung des einen Theiles der mark. Stande die Hauptmannschaft gefiihrt habe, 
wahrend der andere Theil, zu dem der Abt von Lehnin und die Stadt Brandenburg 
zu rechnen sind, ihm opponirte. Ein dem analoges Verhaltniss der Stande zu Johann 
v. Q. ist wenigstens fur eine spatere Zeit sicher bezeugt, denn der Abt Heinrich 
Stich sclbst erzahlt, dass 1404 Berlin und ein Theil der Stande Johann v. Q. den 
Schutz des Landes fur eine jahrliche Besoldung von 800 Schock b. Grosch. ubertrugen, 
die ubrigen Stande aber, wie Brandenburg, die Rochow's und der Abt von Lehnin 
sich dagegen erklarten „umme deswillen, dat unse herre (Jobst) des och nicht wolde 
vulborden." Keinem Zweifel ferner unterliegt es, dass Johann und auch Dietrich 
v. Q. ah Hauptleute der Mittelmark Steuern erhoben haben, denn der Abt Heinrich 
Stich berichtet (a. a. O.), dass ihm von jenen beiden Brudern vorgeworfen sei, er 
habe ihnen „twe Landschote (zweimal den Landesschoss) vorbeholden van synen gu- 
deren, don sy (die Quitzow's) in der nyen marke hovetlude weren." 

') Unversehens hier = ohne Aufsicht; zu erganzen ist ein Object: sie, die Be- 
drangten. Der Satz enthalt ttbrigens einen Widerspruch. Dass die Marker ohne Auf- 
sicht waren, das merkten sie sehr wohl. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



39 



hoi. darauff geantwortet, noch ihnen son- 
sten helffen und rahten lassen. End- 
lich hat ihm gleichwohl unser herr 
Gott sein hertz erweichet, dass er 
aus erbarmung gegen den armen be- 
drengten leuten herrn Johansen und 
herrn Ulrichen, beyde hertzogen von 
Mechelburg, zu hauptleuten und stat- 
haltern in der Marck verordnet 1 ), 
welche in ihrem regiment iiber diese 
lande viel ungliicks und widerwertig- 
keit haben aufsstehen niiissen. Wuster- 
witzius. 

1402. Iiq selben tausend vierhundert und 
andern jahr haben sich zusamen ver- 
bunden hertzog Suantiborus zu Stetin 
mit seinen beyden sohnen Ottone und 
Casimiro, desgleichen auch hertzog 
Barnimus und WartiJslaus zu Wol- 
gast, sampt den beyden grafen zu 
Lindaw und Ruppin, herrn Giinthero 
und Ulrico 2 ), dass sie mit gewapneter 



miitiget, dass der herr Jodocus, marg- hoi. 
graff zu Brandenburg, durch weh- 
klagen und schreyen der armen ver- 
driickten zu gnade und erledigung 
ermuntert, die durchleuchtigen fursten 
herrn Johann und herrn Ulrichen, 
hertzogen zu Mecklenburg, durch 
offentliche brieffe zu hauptleuten 
und verwesern der Marcke mit genug- 
sahmen mandat und vollkommlicher 
gewalt gesetzt und verordnet 1 ), und 
die hertzogen haben viel wiederwer- 
tigkeit in ihrem regiment dieser lande 
erlitten, denn hertzog Schwantibar 1402. 
zu Stettin mit seinen sohnen Otten 
und Casimiro und dann hertzog Bar- 
nimb und Wertschlaffen, hertzogen zu 
Wolgast, und dann herrn Ulrichen 
und Giinthern, grafen zu Lindow und 
Ruppin, mit handtgeHibden einen 
bundt gemacht 2 ) wieder die Marcke 
zu streiten und derowegen darauff 



*) Ueber diese Fursten vergl. Boll, Gesch. des Landes Stargard II, 90 u. fg. u. 
Rudloff, Pragm. Handb. d. Meckl. Gesch. II, 526. Von den bei Hafftiz erwahnten 
offentl. Briefen ist eine am 25. Nov. 1402 zu Berlin von Jobst vollzogene Bestallung 
der HerzOge zu Hauptleuten der Priegnitz auf 6 Jahre fur eine Besoldung von jahrl. 
400 Schock b. Gr. erhalten (Riedel II, 3, 157). Nach Rudloff a. a. O. S. 546 soil 
ihnen dies Amt schon 1401 ubertragen sein. Die Bestallung ware ihnen dann erst 
im Nov. 1402 ausgefertigt, weil Jobst nicht fruher als in dieser Zeit in die Mark 
gekommen war. Die Uebertragung der Hauptmannschaft auch ttber die Mittelmark 
ist durch eine Urk. nicht bezeugt, aber aus folgenden Griinden wahrscheinlich. Am 
10. Juni 1403 schloss das Erzstift Magdeburg einen Frieden mit „herrn Johanse, 
herzoge zu Mecklenburg, von der ganzen neuen Marke (d. h. der Mittelmark) und 
der Pregenitze wegen" (Riedel I, 3, 161). Ferner weilte Johann von Mecklenburg 
fast das ganze Jahr 1402 hindurch in der Mittelmark. Im Herbste 1402 nahm er 
Dietrich v. Q. bei Trebbin gefangen. Sein Marschall Henning von Manteuffel schlug 
„unter dem Banner" des Herzogs von Mecklenb. die Magdeburger am WaldeWernitz 
bei Brandenburg, und endlich brachte Herzog Johann persOnlich am 8. Marz 1403 
der Stadt Brandenburg Hulfe gegen Johann v. Quitzow. Vergl. dazu den Brief des 
Herzogs Johann von Meckl. an den Rath von Berlin ttber den Frieden mit Magde- 
burg im J. 1403 bei Fidicin, Beitr. IV, 80. — In dem Briefe a. a. 0. S. 82 bittet 
der Rath Von Juterbock die Berliner umVerwendung „by unserm hern zu Meck- 
lenburg" wegen Ruckerstattung von Gutern, welche einem Biirger zu Juterbock von 
den „Markischen" geraubt worden waren. 9 ) Ueber die genannten Fursten von 

Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast und ihr Biindniss mit den Grafen von Lindow 
handelt Barthold, Gesch. von Rugen und Pommern III, 546 u. fg. Die HerzOge einigten 
sich zu einem Einfalle in die Mark schon im Januar 1402, die Grafen von Lindow 



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40 



Angelus. 



Hafftiz. 



H02. hand wolten die Marck Brandenburg 
iiberziehen. Darauf haben sie umb 

25. juii. St. Jacobstag das schloss Botzaw aufs- 
gepochet, auff welchem zur selben 
zeit Gerhardus von Holtzendorff ge- 
wohnet. Es sind aber ernandte fursten 
und herrn damit noch nicht ersettiget 
gewesen, sondern sind mit Diederich 
von Quitzaw, dem unruhigen heer- 
fiihrer, noch im selben jahr auff 

21. sept. Sanct Matthaitag 1 ) recht im 
mittage fur mein vaterland *) Straufs- 
berg geriickt, haben feurige pfeil hin- 
eingeschossen und nachmahls einge- 
nommen und angesteckt, die einwoh- 
ner herausgetrieben und dem lande 
auffm Barnim, fast bis an Ber- 
lin, 3 ) grofsen schaden zugefuget. 
Sie haben auch damals fast alle pri- 
vilegia von Straufsberg mit sich hin- 
weg genommen. 



Nicht lange darnach ist Diederich 
von Quitzaw, als er bey dem berge 



14". 
25. U 



anno Christi 1402 umb St. Jacobstag 
das schloss Botzow ausgepucht, auf 
welchem zu der zeit Gerhart von 
Holtzendorff gewohnt, und daran sind 
erwahnte fiirsten und herren nicht 
ersatiget gewesen, sondern mit Diete- 
rich von Quitzow bald hernach in 
selbigem jahre mittwochs fiir St. 
Matthaeus des apostels tag 1 ) umb 20. s* 
mittag in das stadtlein Strausberg 
feurige pfeile geschossen und dasselbe 
mit einem edlen oder reifsigen zeug 
und krieges volck erfullet, durch- 
brandt und verderbet, alle privilegia 
hinweg genommen, die eiuwohner von 
ihren giihtern vertrieben und grofsen 
schaden in dem land, in dem Bar- 
nimbgenannt,umblangderstadt 
Bernau eingefuhrt. — Sonderlich aber 
ist's wohl zu mercken,das8 damalfs uber 600 
biirger sind zu Straufsberg gewesen, dagegen 
itziger Zeit wegen der grofsen vielfaltigen Brerur 
kriege und verwahrlosung der brandt- 
schaden nicht mehr denn 200 biirger inner- 
halb der ringmauer wohnen, welches war- 
lich ein grofser abschlag ist. 

Zuletzt ist der vermessene, iiber- 
miitige Dieterich von Quitzow des fur- 



traten ihrem Bundc erst am 2. April 1402 in dem Vertrage zu Gnoyen bei (Riedel 
I, 4, 84). Die Angabe des Rufus ^Grautoff II, 463), dass auch der Herzog Ulrich von 
Meckl.-Stargard an dem Bttndnisse theil genommen und 1402 die Orte Freudenberg 
und Strausberg mit erobert habe, beruht auf einem Irrthum in Folge einer Verwechse- 
lung jenes Ulrich mit dem Grafen Ulrich von Lindow. Im Jahre 1401 freilich hatten 
die Herzoge von Meckl.-Stargard die Mark bekampft, aber bereits am 27. August 1401 
war durch Bischof Johann IV. von Lebus mit ihnen ein 3jahriger Friede abgeschlossen 
worden. Vergl. Rudloff a. a. 0. S. 546 und Boll, Gesch. d. Land. Starg. II, 92. 

') Das richtige Datum hat Hafftiz; bei Angelus ist die nahere Bestimmung„Mittwochs 
vor" St. Matth. ausgelassen. a ) Die Bezeichnung Strausbergs als „mein Vaterland" ruhrt 

nicht von Wusterwitz, sondern von Angelus her, denndieser, nicht jener war zu Strausberg 
geboren. 8 ) Auch die Worte „auffm Barnim fast bis an Berlin" dUrften auf Angelus 

zuriickzuftthren sein, der in Strausberg auf dem Barnim lebte,als er dieselben schrieb. Die 
entsprechenden Worte bei Hafftiz sind aufserdem sachlich genauer, denn die Verwustung, 
welche die pommerschen Schaaren anrichteten, traf gerade die Gegend bei Bernau und 
Strausberg. Eine Anzahl damals verbrannter Dorfer ist nicht wieder aufgebaut. Ihre 
Namen s. bei Kloden, Quitzow's u. s. w. II, 85. Ueber den Kampf urn Strausberg 
vergl. auch Wohlbruck, Gesch. d. Bisth. Lebus II, 99 u. fg. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



41 



1402. Thiire 1 ) geraubet, von herrn Johann, 
hertzoge zu Mechelburg, mit hiilff der 
burger zu Spandaw gefangen und ins 
Gefengniss und der bestrickttng biss 
auff des marggrafen Jodoci ankunfft 
gehalten worden. 2 ) Wusterwitzius. 



10. Nov. Im selbigen jare freytags vor Mar- 
tini sind Hans von Steinforde, 3 ) Jor- 
danus von Alvenfsleben, 4 ) Busso von 
Alvenfsleben, 5 ) Heinrich von Niit- 
ze, 6 ) Hans Trefskaw 7 ) mit andern 
lebensgenossen des herrn Alberti, 
ertzbischoffes von Magdeburg, und 
einer grofsen schar gewapneter nach 
ihrer gewonheit ins Havelland zu 
rauben und zu nehmen aufsgezogen 



nemens und vermeinens,diegantze welt 1402. 
mit seinen krafften zu driicken und 
seiner herrschung zu unterwerffen 
(wie das menschliche gemtit allewege mehr 
zu habeu und sich mit seinen ortern und 
von Gott gegebenen giihtern nicht geniigen 
zu lassen geneigt) bey dem berge Thiire 
bey Trebin *) nach einer kleinen zeit, 
da er in meinung zu rauben in die- 
selbe gegendt gezogen, von herrn Jo- 
hann, hertzoge undfiirsten zu Mecklen- 
burg, mit hiilffe der biirger zu Spandau 
gefangen und in der gefangnis bifs zu 
der zukunfft herrn Jodoci, marggraffen 
zu Brandenburg, unter seinem glauben 
und bestrickung enthalten worden 2 ). 

In demselbigen jahre freytags negst 10. Nov. 
fur S. Martenstag sind Hasse von 
Steinfurt 3 ), Jordanus von Alvens- 
leben 4 ), Hartwich von Nutze 6 ) und 
Johann Treschkow 7 ) mit andern 
lehnsgenossen des herrn Alberti, ertz- 
bischoffs zu Magdeburg, mit einer 
grofsen schaar der gewapneten nach 
ihrer gewohnheit ins Havellandt, in 
meinung zu nehmen und zu rauben. 



*) Thiire ist das heutige Thiirow bei Trebbin, 4 Meilen siidwestl. von Berlin. 
Auch die Magdeburger Schflffenchron. z. J. 1403 verlegt Thiire in die Landschaft 
Teltow nahe dem Orte Trebbin; Kltfden, Quitzow's II, 99 dagegen in die Nahe des 
Dorfes Tremmen, nordostlich von Brandenburg. 8 ) Die Gefangenschaft Dietrich's 

von Q. muss bis gegen das Ende des Nov. 1402 gedauert haben. Nach Riedel II, 3, 
157 war Jobst am 25. Nov. 1402 in Berlin. 8 ) Hasse von Steinfurth, nicht Hans 

v. St. — die Magd. Schoff.-Chr. z. J. 1420 nennt ihn Heise v. St. — war in der 
Magdeburg. Borde angesessen und Besitzer der Burgen Alvensleben und Egeln. 
4 ) Ein Jordan von Alvensleben existirte um 1402 nicht, wie Wohlbruck, der Ver- 
fasser einer urkundlichen Gesch. dieses Geschlechtes (I, 405) nachgewiesen hat. Der 
Theilnehmer an dem Raubzuge hiefs nach Wohlbruck's gut begriindeter Vermuthung 
vielmehr Jordan von A Isle ben. Er war ein in der Priegnitz um 1402 angesessener 
Edelmann. Die Uebereinstimmung der beiden Referenten hinsichtlich des Namens 
Alvensleben beweist, dass schon Wusterwitz denselben ungenau uberliefert hatte. 
6 ) Busso von Alv. ist von Hafftiz oder seinem Abschreiber nicht erwahnt, obgleich 
Hafftiz spater der Gefangennahme und Ermordung Busso's gedenkt. 6 ) Hart wig, 

nicht Heinrich vou Niitze (vergl. Wohlbrtick a. a. 0.) fiihrte seinen Namen nach dem 
Dorfe Uetze in der Luneburger Yoigtei Meinersen (die Schreibung des Namens Niitze 
beruht auf einer Attraction des n in dem Worte „von"). Er war braunschweigischer 
Erzkammerer und wohnte zu Erxleben. 7 ) Ueber Johann von Treskow s. die 

Anm. z. J. 1394. 



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42 



Angelus 



Hafftiz. 



H02. und sind bifs ins dorff Tremmen, *) 
welches auff halbem weg zwischen 
Brandenburg und Spandaw ligt, kom- 
men. Diesen sind begegnet Heinrich 
Monteufel, hertzogs Johansen in 
Mechelburg marschalck, sainpt den 
biirgern beyder stadte Brandenburg, 
Hans von Schlieben 2 ), difsmal auff 
dem schlosse Frysack, und Hanfs 
Zicker, auff dem schlosse hohen Nawen 
bey Rathenaw 3 ) wohnende, und vielem 
havellandischen landvolck, und haben 
mit den Magdeburgischen, ihren fein- 
den, bei dem walde Wernitz 4 ) ein 
treffen gehalten und hefftiglichen ge- 
stritten, und sind in diesem schar- 
miitzel auff der Marcker seiten umb- 
kommen Heinrich von Stechow, so den 
vorzug gehabt und feme an der 
spitzen gehalten und defs herrn von 
Mechelburg diener einer, mit namen 
Barstorff. Die Marcker aber haben 
denen aus dem ertzstifft Magdeburg 
iiber sechtzig abgefangen und dieselbe 
mit ihren waffen, harnisch und pfer- 
den in die neue stad Brandenburg 
mit triumph gefiihret. Und Busso 
von Alvensleben ist hernach aus 
hitzigem, zornigem gemiihte am leben 
gestrafft und getodtet worden 6 ), un- 



ins dorff Tremmen *) gezogen. Es hat 1402. 
aber einer zu der zeit, Henning Man- 
teuffel genannt, des fursten Johan- 
sen, hertzogs zu Mecklenburg, mar- 
schalck, mit dem bannyr desselben 
fursten und den biirgern beyder stadte 
Brandenburg und vielen mehr der 
mannschafft im vorgenannten lande, 
alls Johann von Schlieben 2 ) auff dein 
schlosse Frysack, und Johann Zicker 
auff dem schlosse hohen Nauen 3 ) bey 
Rathenow wohnende, bey dem walde 
Wernitz 4 ) eine schlacht gehalten; ha- 
ben alda hertiglich mit ihren wehren 
gefochten und gestritten, da von den 
Marckern Henning von Stechow, an 
der spitze den vorzug haltende, und 
einer, genannt Borstorff, ein diener 
des hertzogs von Mecklenburg, daselbst 
sind erschlagen worden. Aber Gott, 
der den unschuldigen ein wahrhaff- 
tiges mittel und artzney gewesen, hat 
den Marckern gnade verliehen, dass 
sie der Magdeburgischen iiber 60 ge- 
fangen, mit ihren waffen, harnisch und 
pferden in die neustadt Brandenburg 
mit triumph gefiirt und Busse von 
Alvensleben ertodt 5 ), welcher (wie 
man gesagt) sein persohn zu freyende 
1000 schock boehm. grosch. bittende 



*) Tremmen, ein Dorf nordostl. von Brandenburg. 2 ) Hinsichtlich des Vornamens 

Johann oder Hans, den der Ritter von Schlieben gefuhrt haben soil, scheint Wuster- 
witz an dieser Stelle, durch die Namen Johann von Meckelnb. und Hans Zicker 
verleitet, einen Irrthum begangen zu haben, denn er selbst nennt z. J. 1409 den 
Pfandinhaber des Schlosses Friesack Balthasar von Schlieben, welcher Name auch 
urkundlich bei Worb's (Inventar. diplom. Lusatiae infer. S. 207) und bei Riedel (II, 
3, 166) bezeugt ist. Wust. schildort ihn als einen „ehrlichen, getreuen und streit- 
baren Ritter", und dieses Lob kennzeichnet zugleich die den Brandenburgern freund- 
liche Haltung des Mannes in jenen fehdereichen Tagen. Demzufolge wird man kaum 
irren, wenn man in demselben den Theilnehmer an dem Gefechte bei dem Walde 
Wernitz erblickt. Balthasar v. Schlieb. war im ubrigen Besitzer der Herrschaft 
Baruth bei Berlin, welche 27 Dorfer umfasste. 8 ) Hohennauen, heute ein Dorf, 

liegt eine Meile nordl. von Rathenow. 4 ) Der Wald Wernitz, der heute nicht 

mehr vorhanden ist, lag westlich von dem nahe bei der Stadt Brandenburg befind- 
lichen Beetzsee. 6 ) Die Ermordung des gefangenen Busso von Alvensleben in 



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Angelus. 



Hafftiz. 



43 



1402. angesehen, dass er zu seiner befrey- 
ung tausend schock boehmischer gro- 
schen geboten, daraus folgendes nicht 
wenig hass und widerwillen erwach- 
sen. Wusterwitzius. 



1403. Diesen schimpf und schaden zu 
rechen, sind die Magdeburgischen mit 
Hanfs von Quitzaw und sonst vielen 
reutern und fu&volck im tausend vier- 
s. Marz. hundert und dritten jahr donnerstages 
nach Invocavit, bey nachtschlaffender 
zeit heimlich in die kirche zu S. Nico- 
lai aufswendig der alten stad Bran- 
denburg komenund habendesmorgens 
die stadt durch etliche wollen lassen 
anlauffen, der meynung, die burger 
wiirden sich heraus machen und ihnen 
nachjagen, alfsdenn wolten sie die 
hinterstelligen erschnappen*) und mit 
sich gefanglich hinweg fiihren. Aber 
der raht und die burger haben den 
braten gerochen, und ist Ahitophels 
raht zu nichte geworden und das ge- 
schoss Jonathae 3 ) hinter sich gangen 
und die schifsenden selber verwun- 
det. Denn die burger in der stad 
seumeten sich und folgten ihnen nicht 
balde nach, sondern riisteten sich und 
schickten unterdefs eilends einen rei- 
tenden boten zum herrn Johansen, 
hertzogen in Mechelburg, der damals 
im closter Lehnin, zwo meilen von Bran- 



gebohten, wiewohl umbsonst, denn 1402. 
das zornige gemiiht hat keine barm- 
hertzigkeit erzeigen wollen, und hat 
derwegeu aus hitzigem gemuhte des 
wiedertheilfs 1 ) sterben miissen, 
daraufs nicht geringer hass und 
widerwille erwachsen. 

Alfs die Magdeburgischen sich ver- 1403. 
meinten zurachenund ihre gefangenen 
wieder zu erlosen, haben sie einen rath 
gehalten mit Johann von Quitzow in 
versamlung vieler leut und fufsganger 
und haben sich anno Christi 1403 8. Marz. 
donnerstags nach Invocavit in S. Nico- 
laus kirche auswendig der alten stadt 
Brandenburg mit den pferden gelegt, 
die fenster der kirchen .zerbrochen, 
und etliche von den ihrigen an der 
alten stadt anlauffen lassen, des ver- 
hoffens, die burger wiirden ihnen fol- 
gen und also in die hande kommen, 
damit sie dieselben gefanglich an- 
nehmen mochten; aber dies thun ist 
nicht verheelet gewesen den biirgern, 
und Ahitophels raht ist zu nichte 
worden und das geschos Jonathans 3 ) 
hinter sich gangen und die anschie- 
fsenden verwundt. Denn da die bur- 
ger verzogen, indem dass sie sich 
riisteten, schickten sie eilendt einen 
reitenden bohten nach hertzog Johann 
zu Meckelburg, der im kloster Lenin 
verharte, und nach Wichart von Rocho w 
zu Goltzow; da sie kamen, folgten sie 



Brandenburg erwahnt auch die Magd. Schoff.-Chronik z. J. 1403 mit den Worteu: do 
wart Busse van Alvensleben vor Arkesleve erslaghen. /Statt vor ist in dieser Stelle, 
wie auch Janicke, der Herausgeber jener Chronik, (S. 313) annimmt, van zu lesen, 
denn es handelt sich hier nur um die Notiz, dass Busso von der Erxlebener Linie 
der Alvensleben abstammte. 

J ) Des Wiedertheils =* seiner Gegner, der erbitterten Brandenburger. Bei Angelus 
fehlt dieser Genetiv, und dadurch ist diese Stelle in seinem Berichte unklar geworden. 
8 ) Der Sinn ist: Die den Feind verfolgenden und von der Stadt sich entfernenden 
Burger sollten von den in der Kirche befindlichen Leuten im Rucken angegriffen 
werden. 3 ) Vergl. 2 Sam. 17, 1, 2 u. 23; und 1 Sam. 20, 18 — 22. 



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44 



Angelus. 



Hafftiz. 



1403. denburg 1 ), lag, und zu Wichard von 
Rochaw zur Golsen, und da die an- 
kamen, folgten sie ihnen fein eintrech- 
tiglich mit gesamleten hauffen und 
stelleten also den alten strafsenrau- 
bern, als Ludovico von Neuendorff, Jo- 
hannTrefskawen, NickelnvonWet- 
tyn, Heinrich von Isenburg und an- 
dern vornemen mannern fleifsig nach 
und brachten noch vor essens iiber 
viertzig manner, die nicht geringer 
gewalt, geschlechts und adels waren, 
gen Brandenburg. Da sahen die alte 
und neue gefangene einander mit be- 
triibten und wehklagenden angesichten 
an, und ward dem raht in der alten 
stadt Brandenburg befohlen, dass sie 
die gefangenen annemen, zu bande 
und in die hafft bringen und wohl 
verwahren, auch folgendes ihres ge- 
fallens schatzen solten. Hat demnach 
genandter Ludewig von Neuendorff 
tausend schock boehmischer groschen 
zu seiner erledigung zu geben ange- 
lobet und einen sonderlichen termin, 
sich wider einzustellen und demsel- 
ben also nachzukommen ernennet, und 
difs bei seinen treuen und glauben 
unvorbriichlich, stet und fest zu hal- 
ten, zugesaget, aber hernachmal treu 
und glauben hindan gesetzt und 
aufsen blieben. Doch hat er acht 
hundert schock genandter groschen 
zu seiner erlosung bezalet, und fur 
das andere zweene biirgen gesetzt, 
unter welchen einer auch ein mitge- 



eintrachtig und stelleten den alten im 
strafsenraubern nach, Ludewich von 
Neuendorff, Johann Treschkowen 2 ), 
Heinrich von Isemburg und andern 
viel furnehmen mannern und brachten 
noch fur essens gegen Brandenburg 
eingefiihrt 40 mann, nicht geringer 
gewalt und adels, da ein gefangener 
den andern mit betriibtem angesichte 
undwehklagenderstimme gegriifstund 
empfangen; die lieber vom raht der 
alten stadt Brandenburg angenommen, 
sind hart in stock gesetzt, und also 
hat der genante Ludewig von Nein- 
dorff sich zu losen 1000 schock boeh- 
mischer groschen zu geben gelobt und 
zugesagt, und darauff einen termin 
sich zu stellen, demselben nachzu- 
kommen, auff seinen glauben und 
treue genommen. Aber er hat her- 
nach treue und glauben vergessen und 
sich nicht wieder eingestellet, jedoch 
800 schock genannter groschen zu 
seiner erlosung bezalt, biirgen gesetzt 
zu Zerbst,Loburga) undBorch 3 ). 
Darnach hat ein gefangener burger, 



a) A, Loburden; allein ein solcher Ort existirt nicht. B und die Handschriften des Ber- 
liner Magistrates No. 5, und des Nicolai'schen Nachlasses No. 25: Loburg, nahe bei Zerbst. 

J ) Dass die Lage des Klosters Lehnin in dieser Weise von Wusterwitz bezeichnet 
worden sei, scheint mir durchaus zweifelhaft, denn seine sonstigen topographischen An- 
gaben lauten einfach: Milow bei Rathenow, Thttre bei Trebbin u. s. w. Jene Bemerkung 
kennzeichnet sich durch ihre Fassung vielmehr als ein fttr das grofsere Publikum 
bestimmter erklarender Zusatz des Angelus. ■) Nickel von Wettin ist von Hafftiz 

ubersehen. 3 ) Borch, das heutige Burg bei Magdeburg. 



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Angel us. 



Hafftiz. 



45 



1403. fangener biirger mit uamen Hanfs 1 ) 
Schiiler gewesen, und dieser hat hun- 
dert schock wegen erwehnten Lude- 
wigs bezahlet. Die andern hundert 
schock sind unbezalet blieben. Denn 
ob wol Ludewig von Neuendorf von 
den Brandenburgern durch schelt- 
brieffe, so zu fiirsten und stadten ge- 
schickt, und angeschlagen worden, zur 
zahlung ermahnet und treulich fur 
schaden gewarnet worden 2 ), jedoch 
hat er sich weniger denn nichts da- 
ran kehren wollen. Es ist auch Johann 
Trefskawmitvielen andern gefangenen 
in verheischung ihrer ehren treulofs 
worden, und hat sich auff angesetzten 
termin nicht wider eingestellet. Daher 
ists endlich kommen, dass sie alle 
schmelich abgemahlet worden, in 
einem tanz mit blauen handen 3 ), 
und Ludewig von Neuendorff als vor- 
tantzer forne an mit einem weifsen 
hute, mit einer rohten schnur umb- 
geben, wie die scharffrichter pflegen 
zu tragen. Wusterwitzius. 



Niclas 1 ) Schiiler genannt, fiir den 1403. 
genannten Ludewig bezalt 100 schock, 
aber die iibrigen 100 hat er nicht 
bezahlt, obwohl er offtmalfs durch 
Schuldbrieffe, zu fiirsten und stadten 
geschickt, und angeschlagen, von bur- 
gen ») dazu ermant und gewarnt 2 ). 
Er hat aber nichts darauff gegeben, 
sondern ist in der treulosigkeit ge- 
blieben; daraus folgt, wer den glau- 
ben verleuret, der mag und kann 
nichts hohers verlieren. Es ist auch 
Johann Treschkow mit vielen andern 
gefangenen alda in der vergessung 
ihrer ehren treulohs worden, sich auff 
angesetzte termin nicht wieder ein- 
gestellet; darumb sind schuldbrieffe 
angeschlagen, darin sie abgemahlt 
alle in einem tantze mit blauen h e m b - 
den*>) 8 ) und Ludewig von Neuendorff 
alfs vortantzer mit einem weifsen hut 
und einer rohten binde, alfs der hencker 
pflegt zu tragen, vorgereyet. 



a) Hndschr. No. 25 bei Nicolai: von den Bttrgern. b) B und die Handschriften 

der Konigl. Bibl. z. Berlin No. 639 und des Nicolai'schen Nachlasses No. 25 und 286: mit 
blauen Badehemden. 

*) Wer die Differenz in den Vornamen Schulers verursacht hat, ist nicht mehr zu er- 
mitteln. a ) Nach Hafftiz' Referat wiirde Ludewig v. N. zweimal an sein Ehrenwort ge- 

mahnt worden sein, erst durch die Burgschaft leistenden Burger zu Zerbst u. s. w., und 
sodann durch die Brandenburger. Die Bezeichnung ihrer Schmahbriefe durch Schelt- 
und Schuldbriefe erklart sich, wenn man von der Annahme ausgeht, dass der originale 
Ausdruck bei Wusterwitz Scholdebriefe geheifsen habe. Mit diesem Worte naralicb 
bezeichnete der Burggraf Friedrich v. Niirnberg in einem Schreiben vom 1. Sept 1412 
(Wohlbruck, Lebus II, 34) einen von dem Berliner Burger Hans Berkholz gegen den 
Bischof Johann IV. von Lebus gerichteten Schmah brief, welcher auf Befehl des Burg- 
graf en widerrufen werden musste; das Schreiben des Letzteren beginnt mit den 
Worten: „Wir Friedrich u. s. w. thun kundt mit diesem brief, das uns furbracht hatt 
herr Johanns, bischof zu Lubuss, solche Scholdebrieff, als Hans Berkholz ihn ge- 
scholden und dese brieve an den pranger zum Berlin geschlagen hat." Bei der 
Interpretation des Wortes Scholdebrief yerfiel Hafftiz irrthumlich auf Schuld brief, 
wahrend Angelus rich tig Scheltbrief ubersetzte. 8 ) Die Lesart: blaue Hemden 

oder gar Badehemden bei Hafftiz ist nur eine aus Unkenntniss der hier auszu- 
druckenden Beziehung hervorgegangene Conjectur und durchaus zu verwerfen. Die 



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46 



Angelus. 



Hafftiz. 



1403, 
21. Sept. 



Im selben tausend vier hundert und 
dritten jahr nach Christi geburt umb 
S. Matthaei ist Jodocus, marggraff zu 
Brandenburg und in Mahren, gen 
Berlin ankomraen 1 ) und hat die hert- 
zoge von Mechelburg, Johansen und 
Ulrichen voin ampt der hauptmann- 
schafft widerumb enturlaubet und an 
ihre stat herrn Giintheruni, graffen 
zu Schwartzburg,verordnet 2 ), inhoff- 
nung und zuversicht, die Marck wiirde 
umb graff Giinthers willen mit dem 
Magdeburgischen lande zu friede und 
einigkeit gebracht werden, weil des 
genannten graffen Giinthers sohn, 
auch Guntherus genand, zu der zeit, 
nemlich des andern tages nach 
Johannis Baptistae dieses 1403 
jares, zum ertzbischoff zu Magdeburg 
erwehlet war. 
ii. Nov. Darnach, umb St. Martinitag 3 ), als 
marggraffe Jodocus etliche gelde in 
der Marck gesamlet, ist er widerumb 



1403, 



In demselbigen jahre umb S. Mat- 
thaeus tag ist herr Jodocus, marggraff 21 " Sept 
zu Brandenburg, aus Mahren gegen 
Berlin kommen l ) und (hat) die hert- 
zogen von Meckelburg abgesagt von 
der hauptmannschafft der Marcke und 
an ihre stadt verordnet herr Giinthern, 
graffen zu Schwartzburg*), in hoff- 
nung, dass die Marcke mit dem Magde- 
burgischen lande zu verbindunge des 
friedes mochte gebracht werden, um 
herrn Gunthers willen, der ein sohn 
des genannten graffen und zu der 
zeit (zum) ertzbischoff zu Magdeburg 
erwehlet war 



Darnach, umb Martini 3 ), alfs herr n. n«t 
Jodocus, marggraff zu Brandenburg, 
seinen beutel gefullt, ist er wiederumb 



Abbildung der treulosen Ad lichen mit blauen Handen enthalt namlich eine An- 
spielung auf den von ibnen begangenen Meineid und den alten Glauben, dass dem 
Falschschworenden die Finger er schwarz ten, wie J. Grimm (Deutsche Rechts- 
alterthum. S. 905) sich ausdrtickte. 

*) Am 18. Aug. 1403 war Jobst in Luckau nach Riedel I, 23, 141; am 28. Oc- 
tober 1403 in Tangermunde nach Ried. I, 17, 264 u. I, 3, 409. In der Zwischenzeit 
beruhrte er Berlin, wohin er von Tangermunde auch wieder zuriickkehrte. a ) Die 

Hauptmannschaft ttber die Priegnitz behielten die Herzoge von Meckl.-Starg. und iibten 
sie noch am 18. Juni 1404 aus (Rudloff, Pragm. Handb. II, 552). Am 28. Octob. 1403 
ubertrug Jobst die Hauptmannschaft ttber die Altmark zu Tangermunde den Grafen 
und Vettern Heinrich und Gttnther v. Schwarzburg (Riedel II, 3, 162), nicht dem 
letzteren allein, wie Wust. angiebt; am 24. Nov. 1403 bestellte er zu Berlin dieselben 
auch zu Verwesern der Mittelmark „nach unser herren, mannen und stede rat, wissen 
und vplbort" (Riedel II, 3, 165) An demselben Tage verburgten die Landstande der 
Mittelmark den Grafen die Riickerstattung aller Kosten, die ihnen aus ihrem Amte 
erwachsen wurden (ebend.). Unter den zu Berlin versammelten Standen werden ge- 
nannt die Bischdfe von Lebus, Brandenburg und Havelberg und von bekannten Per- 
sonen: Wichard von Rochow, Lippold von Bredow, der fruhere Statthalter, Balthasar 
von Schlieben, Poppo von Holzendorff u. Hans Zicker. Dagegen fehlten Dietrich und 
Johann von (juitzow, welche, wie der folgende Bericht ergiebt, gegen die Schwarz- 
burger waren. — Wie Wusterwitz gedenkt auch der Abt Heinrich Stich von Lehnin 
in seinen Aufzeichnungen (Ried. I, 10, 415) der Hauptmannschaft nur eines Grafen 
v. Schwarzburg. 8 ) Am 24. Nov. 1403 war Jobst noch in Berlin, am 5. Dec. aber 

bereits zu Freiberg in Sachsen (Riedel II, 3, 167). ' 



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Angelas 



Hafftiz. 



47 



H03. ins land Mahrea gezogen und hat die 
Marcker in irrung und triibsal, wie er 
sie gefunden, gelassen. Wusterwitzius* 
Da nun graff Giinther von Schwartz- 
burg im anfange seiner verwaltung und 
hauptmannschafft gen Tangermiinde 
Ziehen und iiber die Elbe schiffen 
wollen, hat er mit seinem gesinde, des- 
sen er viel bey sich gehabt, nicht zu- 
gleich konnen zu schiff treten und 
hiniiber fahren, dais also ein theil 
nothwendig difseit der Elbe hat blei- 
ben miissen, bifs das schiff wider her- 
iiber kame. Was geschiehet aber? 
weil der graff mit etlichen den seinen 
zu schiffe sitzet und sich iiber die 
Elbe setzen lesset, machet sich Died- 
rich von Quitzaw mit den seinen aus 
den buschen und gestreuch, darinn 
er sich verborgen, iiberfelt des graf- 
fen hinterstelliges volck difseit der 
Elbe und nimpt die besten kleinodien 
gedachtes graffen hinweg. Derhalben, 
als der graff sihet, dass er schaden 
nimpt, da er frommen haben sol, iiber- 
gibet er seine hauptmannschafft kurz 
hernach *). Wusterwitzius. 

Als nu (wie aus dem vorigen zu 
entnehmen) die Marcker ohne haupt 
und regenten waren und sahen, dass 
sie iiberall in schaden blieben und 
sich ihre sachen nirgend bessern wol- 



in Mahren gezogen; die Marcke in uoa. 
irrunge und triibseeligkeit, wie er sie 
gefunden, gelassen. 
. Herr Giinther aber zu Schwartzen- 
burg, nachdem er verweser und haupt- 
mann der Marcke war worden, und 
anfanglich gegen Tangermiinde Ziehen 
wolte und sein gesinde auff einmahl 
iiber die Elbe nicht mochte gesetzt 
werden,hatsichDieterich vonQuitzow, 
in den piischen und strauchen ver- 
haltende, eilendts iiber graff Giinthers 
gesinde, so difseit der Elbe war, ge- 
macht, dasselbe beraubt und diebesten 
kleinodien des graffen genommen, 
welcher, alls er geseben, dass er bey 
seiner hauptmannschafft mehr schaden 
als frommen nehmen solte, hat er in 
betrachtung, dass dem anfang fur zu 
kommen, denn das bose durch ein- 
wurzeln zuzunehmen lassen, raht* 
sahmer sey, seine hauptmannschafft 
kurz darnach ubergeben. 1 ) 

In diesem jahr soil Sigismundus, konig 
in Ungarn, die Neumarcker den Polacken 
verpfandet haben urn 10,000 polnische 
marck, wie etliche meinen. Brevianum. 

Affs aber die armen Marcker, da 
sie keinen regenten oder haupt hatten, 
sahen, dass sie in schaden blieben und 
ihre sachen sich nicht besserten, haben 
sie mit den graffen zu Lindow und 



*) Die Zeit des Ueberfalles Gunthers von Schwarzburg an der Elbe ist nicht 
uberliefert. Hidden (Quitzow's II, 134) giebt den 10. Januar 1404 an, aber keine 
Belegstelle dafiir. Dass Gunther in Folge des Ueberfalles auf die Hauptmannschaft 
verzichtet habe, wie Wust. meldet, ist unrichtig, denn er ftihrte dieselbe noch im 
Sommer 1405. Am 16. Jani 1405 verbanden sich mit ihm als „einem Vorstender 
der Marcke z. Brand." die Herzdge Rudolf und Albrecht von Sachsen-Wittenberg und 
der Erzbischof Giinther von Magdeburg zu gemeinsamer Bekampfung der Rauber in 
ihren Landschaften (Ried. II, 3, 169). Noch am 14. Juli 1405 fungirten Heinrich und 
Gunther v. Schw. als „Vorstendere der Marcke z. Br." zu Tangermiinde (Ried. 1, 17, 265). 
Dass nur Heinrich, nicht aber Giinther v. Schw. bald nach dem Ueberfalle auf das 
Amt des Verwesers verzichtet habe, wie Klflden a. a. 0. S. 135 Wusterwitz* Bericht 
corrigirt, ist hiernach ebenfalls nicht richtig. Erst am 18. Mai 1406 iibertrug Jobst den 
Grafen Ulrich und Giinther v. Lindow den Schutz der Mark Br. bis Weihnachten unter 
Ueberlas8ung der landesherrlichen Einkitnfte aus der l^ittelmark (Ried. 1, 4, 87 und 90). 



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48 



Angelus. 



Hafftiz. 



1404, 
17. Sept 



1407, 
11. Nov. 



1403. ten, machten sie mit den graffen von 
Lindaw und denen von Quitzaw einen 
fried. Da das geschehen, hat alsbald 
Diederich von Quitzaw eine andere 
sache erfunden und hat den hertzogen 
von Stettin und Wolgast entsaget 1 ), 
hat auch mitwochs vor Sanct Matthai 
tag die stadt Straufsberg, welche er 
zuvor im tausend vierhundert und 
andern jahr hatte helffen einnemen 
und verwiisten, aus der pommerischen 
fursten hande geriefsen und wieder- 
umb zur Marck gebracht und also das 
vergossene muhs wider aufflesen wolleu* 
Item er hat auch einen eyd gethan, 
dass er der Marck in alien nohten 
treu seyn und derselben wider alle 
ihre feinde hiilff und raht mittheilen 
wolte 2 ). Nach diesem eyd sind ihm 
die Marcker anhengig geworden und 
haben ihn mit geschencken und 
erzeigung manchfeltiger ehren hoch 
erhoben. Wusterwitzius. 

Im tausend vier hundert undsieben- 
den jahr 3 ) um S. Martinitag hat marg* 



Quitzowen frieden gemachet; da das 1403. 
geschehen, hat Dieterich von Quitzow 
eine sache erticht und den hertzogen 
von Stettin und Wolgast entsagt 1 ) 
und anno Christi 1404 mittwochs zu- i*>< 
negst fiir S. Matthaus tag das stadt- ltm ^ 
lein Straufsberg, so er zuvor selbst 
au8gestritten und verwiistet, wieder- 
umb gewonnen und zur Mar eke ge- 
bracht, und da er seine rauberey nicht 
also mehr mochte iiben, hat er das 
verschiittete muefs wieder wollen auff- 
lesen und hat einen eydt gethan, der 
Marck in alien nohten getreu zu seyn 
und wieder alle feinde und wieder- 
wertigkeit hiilfe, raht und beystandt 
zu leisten 2 ), nach welchem ihm auch 
die Marcker anhangig sind geworden, 
und mit geschencken und ehren man- 
nigfaltig gezieret, wiewohl er von 
seinen fiichsischen tiicken und hinder- 
listen nicht abgestanden ist 



Anno Christi 1406 3 ) an S. Mer- 
tens tag, alfs herr Johanfs zu Meckel- 



140^. 
11. >V 



*) Herzog von Pommern - Stettin war Suantibor, Nachfolger des im Marz 1404 
kinderlos gestorbenen Bogislav VIII. Die Herzflge von Pommern -Wolgast hiefsen 
Barnim VI. und Wartislaw VIII. Vergl. Barthold, Gesch. v. Rugen-Pomm. Ill, 564 
u. 568. 2 ) Auf diese Verbindung der Marker mit den Quitzow's bezieht sich 

wahrscheinlich die an die Erwahnung der Hauptmannschaft Gttnthers v. Schw. sich 
anschliefsende Mittheilung des Abtes von Lehnin (Riedel I, 10, 415), dass die Stande 
der Mittelmark zu Berlin den Quitzow's 800 Schock b. Gr. jahrlich zahlen wollten, 
wenn sie die Beschutzung der Mark ubernehmen wiirden , gegen welches Abkommen 
sich aber Brandenburg, die Rochow's, andere „Mannen und Stadte" und endlich auch 
Jobst erklart hatten. Dass trotz dieser Opposition die Quitzow's eine den Wiinschen 
der Majoritat der Stande entsprechende Stellung in der Mark erhielten, beweist ihr 
von den Stadten lebhaft unterstUtzter Angriff auf Strausberg. Die Theilnahme der 
Frankfurter an diesem Unternehmen bezeugen die Memorabilien des Frankf. Stadt- 
schreibers Stajus (Riedel IV, 1, 322): ,,1404 Herfart auf Strauspergk, die Zeit, wie 
T. Quitzow Strauspergk den Stetten ubergeben, ist Frankfurt allein aufgegangen 



469 Schock 10V 2 Groschen." 



8 ) Ueber das Jahr 1405 und ebenso uber das folgende 



(denn was Hafftiz zum J. 1406 meldet, gehort in das J. 1407) scheinen sich bei Wuster- 
witz keinerlei Nachrichten gefunden zu haben. Auch aus anderen Quellen hat Angelus 
in seinen Annalen zum Jahre 1405 keine Mittheilungen gemacht. Aus Peter Beckers 
Zerbster Chronik z. J. 1405 erfahren wir, dass Johann v. Q. den Grafen Albrecht von 
Anhalt gegen dessen Neffen Waldemar unterstutzte, und ihm die von diesem ein- 



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Angelus. 



Hatftiz. 



49 



1407. graff Jodocus zu Brandenburg und 
Mahren hertzog Johan in Mechelbnrg 
zu sich gen Berlin erfordert und be- 
scheiden 1 ). Als nun hertzog Johan 
dahin hat kominen wollen, haben ihm 
Diederich und Hanfs von Quitzaw ge- 
briidere ini wege bey Liebenwalde 
auff dem dienst gewartet, und haben 
ihn da gefangen genommen, unange- 
sehen, dass er des marggraffen frey 
und sicher geleite hatte, und haben 
ihn auffs schloss Plawen gefiihret und 
ihn daselbst lenger denn ein jahr in 
harten, schweren gefengniifs erhalten. 
Es haben ihm aber die burger der 
neuen stad Brandenburg nottiirfftige 
zehrung zugeschickt in betrachtung 
der vorigen wolthaten, so sie zuvor, 
da er iiber die Marck hauptman ge- 
wesen, von ihm empfangen hatten. 
Wusterwitzius. 

Im selben winter haben auch ge- 
melte zweene briider Diederich und 
Hanfs von Quitzaw zwey schlosser, 
als Saremund und Koepenick, welche 
marggraff Wilhelm zu Meifsen, 



burg von marggraff Jodocus zu Bran- ho6. 
denburg gefordert 1 ), gegen Berlin 
hat ziehen wollen, ist er von Dieterich 
und Hanfs' von Quitzow gebriidern 
auff dem wege bey Liebenwalde ge- 
fangen, unangesehen, dass er des 
marggraffen frey und sicher geleit 
hatte, und auf das schloss Plaue ge- 
fuhrt, langer alfs ein jahr in schwerer 
gefangnis gehalten und erbarmlich 
bewahret, da er mancherley elend er- 
litten; aber die biirger der neustadt 
Brandenburg, in betrachtung der wol- 
thaten, so sie zuvor v6n ihme, da er 
iiber die Marcke hauptmann war, 
empfangen hatten, haben ihm noht- 
diirfftige zehrunge geschickt. 



In demselben winter haben Diete- 
rich und Hanfs gebriidere von Quitzow 
mitgewaltausgestritten zweene schlos- 
ser, alfs Saarmundt und Koepenick, 
und ist der winter so hart und kalt 



genommene Burg Dessau wiedererobern half. Albrecht verpf&ndete ihm dafiir Schloss 
und Dorf Hundeluft, ostlich von Zerbst. — Hinsichtlich des Jahres der Gefangennahme 
des Herzogs Johann weichen Angelus und Hafftiz wesentlich yon einander ab. Der 
eine verlegt sie in das Jahr 1407, der andere in das Jahr 1406. Auch im Breviarium 
nennt Angelus das Jahr 1407. Die Prufung ergiebt 1407 als das richtige Jahr; beide 
Autoren namlich berichten, dass Johann langer als ein Jahr in Plaue gefangen ge- 
sessen habe. Seine Freiheit aber erhielt er urn Weihnachten 1408 wieder durch Aus- 
wechselung mit Johann v. Q., welcher im Octob. 1408 in die Gefangenschaft Ulrichs 
von Meckl. gerathen war. Bei der Annahme, dass der Herzog im Nov. 1406 gefangen 
genommen sei, wurde derselbe iiber zwei Jahre sich in Gefangenschaft befunden 
haben. Ferner berichten beide Autoren, dass der Winter, den Johann von Meckl. in 
Plaue zubrachte, von ungewohnlicher Strenge gewesen sei; durch eine scharfe Kalte 
aber zeichnete sich der Winter 1407/8 aus, denn der Lubecker Chronist Rufus (Grau- 
toff II, 472) schreibt daruber: Jn demesulven wyntere was en hard langh vrost by 
der zee, de begand in sunte mertens dage und durete wente to mitvasten. Alle watere 
weren so hard gevroren, dat men se ryden und varen mochte also uppe deme lande. * 

*) Dass Jobst sich um den 10. Nov. 1407 in Berlin aufgehalten habe, ist durch 
eine Urk. nicht zu erweisen; nach Aschbach (Sigismund I, 537) wurde er 1407 von 
Wenzel nach Bautzen und Gcrlitz gesandt, um hier Unruhen beizulegen. 

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50 



Angelus. 



Hafftiz. 



1407. mit dem zunamen der einaugige, 
umb8 1398. jahrzu sich gekaufft 
hatte 1 ), mit gewalt erstritten und 
eingenommen. Und ist der winter in 
diesem jahr so hart und kalt gewesen, 
dass manner von achtzig jahren be- 
kandt, sie hetten ihr lebetage keinen 
hartern winter erfahren. Wuster- 
witzius. 

1408, Im tausend vier hundert und ach- 
2. Febr. ^ m j a ^^ ^^ Purificationis Mariae in 

der nacht, ist hertzog Johan aus Me- 
chelburg aus der custodien und ge- 
fengniifs zu Plawen durch hiilff eines 
armen beckerknechts, derauffmschloss 
Plawen gedienet, iiber die mauren her- 
aus kommen und gangen auff dem 
eyse bifs zu dem pusche, in hoffnung, 
dass er allda etliche von den seinen 
finden wolte, die auf ihn warteten und 
ihn annemen wiirden, wie es denn mit 
ihnen zuvor verlassen und abgeredet 
worden 8 ). Es wird aber versehen 
und warteten die seinen auff einem 



gewesen, dass manner von 80 jahren 1406. 
bekannt, dass sie ihre lebtage keinen 
hartern winter erfahren hatten. 



Anno Christi 1408, umb Purifica^ i4os, 
tionis Mariae, alfs die Brandenbur- 2 " Febr 
gischen in der nacht auff ihre feinde 
gehalten und gewartet, ist herr Jo- 
hans zu Meckelburg durch hiilffe eines 
armen beckerknechts, der auff dem 
schlosse Plauen diente, aus dem ge- 
fangnis kommen iiber die maure bils 
zum pusche auff dem eyse bey der 
Havel, in hoffnung, dass er daselbst 
wiirde etliche von den seinen finden, 
die auff einem andern orth seiner 
warten 2 ). Und weil der genante 
hertzog barfufs mit geringer kleidung 
angethan (das von solchen henm erbarm- 



*) Eine Urk. tiber diesen Kauf ist nicht bekannt. 2 ) Die Flucht des Herzogs 

Johann aus Plaue setzte Riedel (Cod. dipl. I, 10, 5) in das Jahr 1407 und nicht in 
1408, weil nach einer Urk. bei Boll (Land Stargard II, 350) am 2. Februar 1408 
Johann und sein Bruder Ulrich zu Neubrandenburg im Lande Stargard die Errichtung 
einer Kapelle in Friedland zu Ehren der heil. Katharina beschlossen zur Erftillung 
eines Gelubdes, welches die Bruder nach einem am Katharinentage (25. Novemb.) 

1399 tiber die Marker in der Ukermark errungenen Siege abgelegt hatten. Es ergebe 
sich daraus also, so urtheilte Riedel, dass Herzog Johann am 2. Febr. 1408 bereits 
persdnlich frei gewesen sei. Dieser Einwand ist jedoch nicht stichhaltig, weil um 

1400 nicht mehr mit Sicherheit auf die Anwesenheit eines Fursten an dem Orte ge- 
schlossen werden kann, den seine Urk. nennt. Das Siegel Johanns, das die Urk. tragt, 
konnte auch von Ulrich angehangt sein. Dazu kommt, dass die Losung jenes Ge- 
ltibdes nach 8 Jahren an dem von Wust. genannten Fliichttage Johanns nicht ohne 
Zusammenhang mit dem wohl vorbereiteten Rettungsversuche gedacht werden kann. 
Die so lange vernachlassigte heil. Katharina sollte offenbar fur das Unternehmen 
gunstig gestimmt werden. Demnach scheint das -Datum des 2. Febr. 1408 ein nur 
nominelles zu sein, wofttr auch spricht, dass an demselben 2. Febr. 1408 bereits 
zu Wittstock (!) der Bisch. Otto von Havelberg den in Neubrandenburg gefassten Be- 
schluss der Erbauung einer Kapelle zu Friedland durch eine Urk. genehmigt (Rie- 
del I, 25, 54). Vergl. Forschungen XVII, 573 u. fg. Die hier geaufserte Meinung, 
dass der Ausstellungsort der Urk. vom 2. Febr. 1408 nicht Neubrandenburg, sondern 
die Neustadt Brandenburg a. d. Havel gewesen, mflchte ich desshalb auch nicht auf- 
recht erhalten, zumal da unter den Zeugen nur Mecklenb. Namen genannt werden. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



51 



H08. andern ort auff ihn. Da nun gemelter 
hertzog niemand fand und in der 
grofsen winterkalte auch iibel fort- 
kommen kundte, weil er barfufs und 
mit geringer kleidung angethan war, 
legte er sich als ein verlassener und 
der sich allerley befahren musste, im 
pusche nider. Wie nu Johan von 
Quitzaw erfuhr, dass der hertzog weg 
were, machte er sich alfsbalde mit 
seinen knechten, jagern und hunden 
auff, jagte ihni nach und suchete ihn 
s allenthalben, bifs er ihn'antraff. Idem. 
Nun waren aber eben zu derselbigen 
zeit die Brandenburgischen vor (von?) 
etlichen verwarnet worden, sie solten 
sich vorsehen, sintemal ihre feinde 
nicht weit weren. Darauff machten 
sich die burger beyder stadte Bran- 
denburg eben auff denselbigen tag, 
da Hanfs von Quitzaw den hertzog 
suchte, auff in meynung, ihren feinden 
zu begegnen und warteten auff sie 
auff dem felde vor der alten stadt. 
Und da nun ihre vorreuter etliche 
vom gesinde Johansen von Quitzaw 
innen wurden und reiten sahen, ge- 
dachten sie, es weren ihre feinde und 
jagten mit gewalt hinter ihnen her. 
Da sie aber nahe zu ihnen kamen und 
vernamen, dass sie Johan von Quitzaw 
angehorten, liefsen sie von ihnen 
wider abe'und beschadigten niemand. 
Indess kompt Johan von Quitzaw 
selbest personlich und fellet grau- 
samlich mit feindseligen geberden in 
die Brandenburgischen und schlagt 
etliche todt, etliche nimpt er gefangen 1 ). 



lich ist zu horen) niemandt fand und 
nicht fiirder gehen konte, hat er sich 
alfs einer, der verlassen, in dem pusche 
niedergelegt. — Da aber Johann von 
Quitzow erfuhr, dass der hertzog weg 
war, machte er sich auff mit seinen 
knechten, jagern und hunden und 
suchte ihn bifs auff den morgen. 



Auff denselben tag waren die bur- 
ger beyder stadte Brandenburg (wie 
obstehet) ausgezogen und warten auff 
ihre feinde auff dem felde vor der 
alten stadt, und ihre auslauffer oder 
vorreiter sahen etzliche vom gesinde 
Hanfs von Quitzow was (sic) reiten, 
meinteu, sie waren von ihren feinden 
und jagten sie; aber da sie nahe bei 
ihnen kamen und horeten, dass sie 
Johann von Quitzow angehorten, und 
liefsen sie frey Ziehen, kam Johann 
von Quitzow personlich mit seinen 
reutern und fiel grausamlich mitfeind- 
lichen geberden auff die Branden- 
burgischen, nam etliche gefangen, et- 
liche ertodtete er 1 ), nam zur Ursach 



*) Die Angabe, dass die Burger der Alt- und Neustadt Brandenburg in Folge 
einer seltsamen Verflechtung der Umstande gerade auch am 2. Februar 1408 gegen 
ihre besonderen Feinde ausgezogen und durch einen Irrthum verleitet mit den Reitern 
Johanns v. Q. in Conflict gerathen seien, findet in den Urkunden keincrlei Bestatigung. 
Vielmehr stand die Aussendung der brandenb. Reiter ebenfalls in Beziehung zu der 
Flucht des Herzogs Johann, welchen jene von Plane nach Brandenburg geleiten sollten. 

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Angelus. 



Hafftiz. 



H08. Sein behelff war difs, als warteten sie 
darumb an den ort, dass sie den hert- 
zog von Mechelburg annemen und aus 
seinen handen erledigen wolten. Es 
hat sich aber folgendes anders befun- 
den, sin£emal sich darnach der hert- 
zog, weil er sich der kalte halben im 
pusche uicht lenger erhalten konnen, 
selber gemeldet und offenbahret 1 ). 
Idem. 

Diese gewaltsame that <less von 
Quitzaw haben die Brandenburgischen 
iibel angenommen (wie billig) und 
haben sich solches hochlichen be- 
schweret. Aber bald hernach haben die 
aus der alten stad mit (den) Quitzawen 
gehandelt, dass sie ihre gefangene 
mit pferden und allem, was sie da- 
mals, da sie gefangen worden, bey 
sich gehabt, balde wider bekommen, 
und haben sich also die altstadter von 
den biirgern der neuen stad abgeson- 
dert und Johan von Quitzaw ange- 
hangen 2 ). 1st derowegen eine grofse 
zwiespalt und trennung zwischenihnen 



(wie wohl nicht mit wahrheit), dass 140s. 
sie darumb alda hielten, dass sie den 
herrn von Meckelburg wolten anneh- 
men und aus seinen handen erledigen; 
dis hat sich aber viel anders befun- 
den, denn da gemelter hertzog wegen 
der grofsen kalte im pusche sich nicht 
langer vermochte zu bergen, hat er 
sich selbst gemeldt und offenbahret 1 ). 

Die burger der neuen stadt Bran- 
denburg haben dis sehr iibel auff- 
genommen (wie nicht unbillig), aber ' 
die burger der alten stadt haben ge- 
handelt, dass sie ihre gefangenen mit 
pferden und allem balde gefreyet, 
haben sich von den biirgern der neuen 
stadt abgesondert und Johami von 
Quitzow angehangen 2 ); derowegen 
eine grofse meuterey unter ihnen ent- 



Dies ergiebt sich aus einem Schreiben Johanns v. Q. (Riedel, Zehn Jahre u. s. w. S. 343) 
an die Brandenburger, worin er klagt, dass ihre Reiter die seinigen bis Plaue gejagt 
hatten, trotzdem ihnen durch seinen Rottmeister Gotz Predohl Auskunft darttber er- 
theilt worden ware, dass sie es mit Quitzow'schen Truppen zu thun hatten. Ferner 
erklarten die Altstadter in einer, spater dem Kurfiirsten Friedrich I. eingereichten 
Beschwerdeschrift (Riedel I, 9, 109—113), dass die Neustadter urn das Complott zur 
Befreiung des Herzogs gewusst und durch die Vorspiegelung von Gefahren, welche 
der Altstadt von auswartigen Feinden drohte, auch die Altstadter zur Aussendung 
eines Wachtcommandos gegen Plaue veranlasst hatten, wobei sie mit Johann v. Q. 
zusammengerathen seien. Eingehendere Erorterungen iiber den Vorgang s. Forschungen 
XVII, 575-578. 

l ) In dem Breviarium S. 80 giebt Angelus die ebenfalls der Mark. Chronik des 
Wusterw. entlehnte, erganzende Nachricht, dass der wiedereingefangene Herzog auf 
das Schloss Botzow (heute Oranienburg bei Berlin) gebracht worden sei, „da er auch 
in langwieriger bewahrung mancherley elend hat ausstehen mussen. u 
2 ) Die Altstadter benutzten ihre ehrliche Unbefangenheit den Vorgangen am 2. Febr. 
1408 gegenttber dazu, Johann v. Q. eidlich ihre Nichtbetheiligung an dem Complotte 
zu beweisen, worauf sie ihre Gefangenen zurttckerhielten ; die Neustadter, welche kein 
so gutes Gewissen hatten, unterliefsen die Anwendung dieses Mittels, erhielten daher 
auch ihre Gefangenen nicht wieder und bescbuldigten ohne Grund die Altstadter der 
Hinneigung zu Johann v. Q. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



53 



1408. erwachsen, also, dass sie auch in 
zechen, collationibus und andern ver- 
samlungen einander gescholten und 
iibel aufsgemacht. Welche uneinig- 
keit dadurch viel hefftiger worden, 
dass die burger der alten stadt Jo- 
hansen von Quitzaw speise und andere 
notturfft verkaufft und ihm auf das 
schloss Plawe haben zufiihren lassen. 
Denn die neustadter habens fur un- 
billig gehalten, dass sie einen feind 
in ihrem schofs auffziehen solten, 
sintenial es zuletzt doch pfleget zu 
. gehen, wie demjenigen, davon in Fa- 
bulis Aesopi stehet, dass er eine 
halberfrorne schlange mit sich anheim 
getragen, die ihm aber hernach iibel 
gelohnet hat. Haben demnach am 
griinen donnerstage die stadthor zu- 

t schliefsen lassen, dass niemand von 

den biirgern beyder stadte ohn er- 
laubniifs weder aus noch eingekundt 

sovemb. bifs auff Katharinentag *). Idem. 
Mitler zeit hat marggraff Jodocus 
zu Brandenburg und Mahren das 
schloss Drewkow belagert und fast 
den gantzen sommer mit merklichen 
unkosten und grofser beschwerung 
der stadte in der Marck dafur ge~ 
legen, und hat doch wenig ausgerich- 
tet *). Idem. 



standen und erwachsen; wenn (weil?) hos. 

die burger der alten stadt haben Jo- 

hann von Quitzow speise und andere 

hothdurfft verkaufft und zufiihren 

lassen auff das schloss Plauen. Dis 

hat den biirgern der neuen stadt ^gr- 

drossen, meinten, es ware unbillig,dass 

sie einen feind solten aufferziehen 

und in ihrem schofse haben. Derhal- 

ben haben sie in demselbigen jahre 

am griinen donnerstage die thore der 

stadt zugesperret, also dass niemandt 

von biirgern beyder stadte ein oder 

ausgehen hat konnen ohne erlaubnis 

oder verstehlende und heimlich, und 

sind die thore versperret blieben bifs 

auff S. Sabinen tag 1 ). 27. October. 



Da diese dinge geschehen,hat marg- 
graff Jodocus zu Brandenburg umb- 
leget das schloss Dreweckow und hat 
fast den gantzen sommer mit krie- 
gerischer zubereitung und mercklicher 
riistung der stadte in der Marcke zu 
grofser beschwerung dafur gelegen.Und 
doch wenig ausgerichtund gewonnen 2 ). 



*) Das richtige Datum scheint der Katharinentag zu sein, denn der Markgraf 
Jobst, welcher den Conflict der Brandenburger beilegte, war am 22. Nov. und am 
30. Novemb. 1408 in Berlin anwesend nach Riedel 1, 12, 79 und I, 9, 398. *) Schloss 

Drewkau oder Drebkau, ein beruchtigter Aufenthaltsort von Raubrittern, lag in der 
Niederlausitz zwischcn Spremberg und Kalau (J. A. E. Kohler, Gesch. d. Oberlausitz, 
S. 124). Urn 1395 war Johann von Kottbus Besitzer desselben (Worbs, Inventar. diplom. 
Lusat. infer. S. 208). Im Sept. 1408 wurde das Schloss erobert und so griindlich zer- 
stdrt, dass man heute den Platz nicht mehr kennt, auf welchem es gestanden hat. 
Das Urtheil des Wusterwitz ttber die Belagerung ist daher unrichtig und ungerecht. 
In Verbindung mit dem lausitzischen Voigte Johann von Kittlitz raumte Jobst im 
Sommer 1408 so energisch unter den Raubburgen und Raubrittern in der Nieder- 
lausitz auf, dass ihm am 18. Sept. 1408 vierzehn Adliche, darunter drei Mitglieder 
der Familie Kdckritz, Urfehde und Gehorsam schwuren (Worbs a. a. O. S. 217). Ueber 
diese Vorgange war Wusterw. entweder nicht genugend unterrichtet, oder er urtheilt 
uber sie nach einer vorgefassten Meinung hinsichtlich des Markgrafen Jobst. 



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54 



Angelus. 



Hafftiz. 



1408, Am tage der sieben briider hat 
10. Juh. jj an f s von Q u jtzaw bey dem dorff 
Glyne 1 ) im streit erschlagen Cuno 
von Wolffen vom schlosse Grabaw, 
und ist er selbst audi widerumb mit 
eineni spiefs ins auge gestochen wor- 
den, dass er einaugig worden. Als 
er aber ein wenig besserung befun- 

2. October, den, ist er am montage in der ge- 
meynen wochen in's herzogthumb 
Mechelburg gefallen, in meynung, da- 
selbst sein streiffen, wie er solches 
zuvor gewohnet, zu thun. Aber hert- 
zog Ulrich hat ihn mit vielen reutern 
uberraschet und gefangen und zu Ly- 

25.Decemb. chem 2 ) bifs auff Nativitatis Christi 
gefanglich gehalten. Daselbst ist auch 
Johann Hoppenrade, herrn Hennii igs 3 ), 
des bischoffs zu Brandenburg, haupt- 
mann, erschlagen worden. Durch difs 
gliick ist hertzog Haufs von Mechel- 
burg aus deren von Quitzaw gefeng- 
niifs gefreyet worden. Idem. 

23. October. Des montags nach S. Ursulon tag 4 ) 
hat sich herr Henning von Bredaw, 
bischoff zu Brandenburg, mit Diede- 
richen von Quitzaw und andern aus 
der Marck unterstanden, im Magde- 
burgischen lande zu streififen. Und als 
ihnen die Magdeburgischen mit einem 
starcken heer bey dem dorfife Glynicke 
nahe bey Zyeser 5 ) begegnet und da 
feindlich und ernstlich mit einander 
gestritten, haben endUch die Magde- 
burgischen den Marckern den Riicken 



In demselbigen jahre am tage der no». 
7 briider hat Hanfe von Quitzow bey 10 ' M 
dem dorfife Gloine 1 ) streitende er- 
schlagen Cunow von Wulfifen vom 
schlosse Grabow, und er ist auch wie- 
der mit einer lantzen in ein auge ge- 
ront und verwundt, dass er einaugig 
worden. 

Hieran ist's nicht genug gewesen, 2. oct*^ 
sondern am montage in der gemeint 
woche, alfs er ein wenig besserung 
verspiirt, ist er eingefallen in das hert- 
zogthum Meckelburg, seine reuterey 
zu iiben; aber er ist von herrn Ulrich 
zu Meckelburg mit vielen reutern ge- 
fangen und zu Liechem 2 ) gefanglich 
gehalten bife auf Nativitatis Christi; 25. d*« 
daselbst ist auch erschlagen Johanues 
Hoppenrade, hauptmann herrn Hen- 
nings 3 ), bischoffs zu Brandenburg. 
Durch dis gefangnis ist hertzog Hanfs 
von der Quitzowen gefangnis gefreyet. 

In demselbigen jahre montags post 23. oet-> 
undecim millium virginum 4 ) hat Die- j 

terich von Quitzow, dieweil sein bra- ' 

der noch gefangen war, mit herrn 
Henning, bischoff zu Brandenburg, und 
andern aus der Marcke sich unter- 
standen, zu ziehen und zu rauben in 
das Magdeburgische landt. • Es sind 
ihm aber die Magdeburgischen mit 
einem starcken heer begegnet bey dem 
dorfife Glinicke beym schlosse Ziege- 
ser 5 ), und da sie ernstlich und feindlich 



2 ) Die richtige Lesart des Namens hat Hafftiz ttberliefert. Das Dorf Mefs Gloiue 
oder Gloina und lag westlich von der kleinen Stadt Gorzke. Vergl. Kloden, Beitrage 
zur mineralog. und geognost. Kenntniss der Mark Brand. Stuck VIII, S. 20. a ) Lychem 

oder Liechem im Lande Stargard belegen. 3 ) Der Brandenb. Bischof Henning von 

Bredow, seit 1406 im Amte, ein Anverwandter Lippold's von Bredow, scheint mit 
Johann v. Q. gemeinschaftliche Sache gegen Meckelnburg gemacht zu haben, denn 
noch in demselben Monate streifte er auch mit Dietrich v. Q. im Gebiete von Magdeburg. 
4 ) Der St. Ursula-Tag und der Tag der 11,000 Jungfrauen ist dasselbe Datum, 6 ) Dorf 

Glieuicke ostlich von Ziesar bei der Stadt Brandenburg. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



1408. zugewandt und die flucht genommen. 
Damals sind der Magdeburgischen in 
die hundert gefangen und auff das 
schloss Zyeser gebracht worden. Da- 
mals ist auch das panier durch 
Henning Wintern erlanget und er- 
obert worden, das in der pfarrkircben 
der neuen stad Brandenburg henget. 
Idem. 



Sovemb. 



Darnach um S. Katharineutag ist 
marggraff Jodocus von der belagerung 
des schlosses Drewkow wieder abge- 
zogen und gen Berlin kommen, durch 
welche(s) zukunft die versperreten thor 
zu Brandenburg wider eroffnet wor- 
den. Idem. 

Es ist zur selben zeit grofs jammer 
und klagen der armen leut in der 
Marck gewesen wegen der grofsen 
unordnung und unsicherheit defs lan- 
des, dadurch der marggraff billig be* 
wogen, sein armes volck zu besucheih 



Da er nun zum Berlin war und 
sich beklagete, dass er geldes zur 
zehrung benotiget, hat ihm Diedrich 
von Quitzaw eine summa geldes vor- 
gestrackt und geliehen, dafiir ihm 



mit einauder gefochten und gestrittej 
haben endlich die Magdeburgische 
den Marckern den riicken gewiesei 
die flucht genommen und sind als 
die Magdeburgischen in die 100 ge 
fanglichangenommen und auffs schlos 
Ziegeser gebracht. Und das banyr, s< 
in der pfarrkirchen der neustadt Bran 
denburg hengt, ist durch Henning 
Winter erobert. 

Darnach um S. Cathrinen tag ist 
herr Jodocus, marggraff zu Branden- 
burg, abgezogen vom schlosse Dre- 
werckow und ferner gegen Berlin, 
durch welches Zukunfft die Versper- 
reten Brandenburgischen thore sind 
wieder geoffnet worden. Auch ist dis 
jahr grofs jammer und klagen der 
armen leute gewesen, dadurch der 
marggraff billig solte bewogen seyn, 
sein armes volck zu besuchen und zu 
retten; aber es ist ein wunderlich 
ding gewesen, dass die Quitzowen, 
die solches jammers und betriibnis 
die grofste Ursach gewesen, dennoch 
die furnehmsten stellen an des marg- 
grafen hofe gehalten und fiir andern 
alien angesehen worden, gleich alfs 
seine andere handt 1 ). 

Und sonderlich ist dis]wunderbahr- 
lich zu sagen, da sich auff eine zeit 
herr Jodocus, marggraff zu Branden- 
burg, sehr beklagte und stellete, gleich 
alfs ob er geld benotigt zu seiner 



*) Die Richtigkeit dieser von Hafftiz allein iiberlieferten Nachricht bezeugt die 
Thatsache, dass Jobst am 5. Dec. 1408 zu Berlin die Stadt Strausberg an Dietrich 
v. Q. fur 400 Schock boehm. Grosch. unter den gnadigsten Ausdrucken verpfandete 
und dieselbe auch zum Leibgedinge der Frau Dietrichs nach dem Tode ibres Gemahls 
bestimmte; v. Raumer, Cod. dipl. Brand. I, 11. — Ferner ubte Dietrich v. Q. Amts- 
handlungen im Namen des Markgrafen aus, indem er am 13. Apr^ 1409 der Stadt 
Koepenick das Gericht daselbst verlieh, dat ick, — wie er selbst sich ausdruckt — 
nach geheyte und wille unses ghenedigen heren Marggreve Josts vorleghen hehbe und 
geghenwordich vorleyhe, Riedel I, 12, 12. 



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56 



Angelus. 



Hafftiz. 



no8. der fiirst die stadt Rathenaw mit 
aller zugohore eingesatzt *). Idem. 



1409, 
16. Februar. 



Anno Christi tausend vier hundert 
und neun, sonnabends vor Estomihi s ) 
oder des herrn fastnacht hat marggraff 
Jodocus in der Mittelmarck grofs geld 
gesamlet und solches auch folgend in 
der alten Marck thun wollen. 1st der- 
halben von Berlin durch Brandenburg 
gen Tangermiind an der Elbe gezogen 
und hat alle stadte und die vom adel 
der alten Marck versamlet und ihnen 



zehrunge, bald hat Dieterich yon i*>*. 
Quitzow eine summa geldes, die er 
von den armen leuten in der Marcke 
schindende gesamlet und geschatzet, 
ihme geliehen; dafiir der marggraff 
ihm eingesetzt die stadt Rathenow 
mit aller zugehor 1 ), auf dass er je- 
mehr und mehr einen zutritt hatte, 
die Magdeburger und Marcker zu 
berauben. — Dieselbige stadt Rathe- 
now hat zuvor in gleicher weise ein- 
gehabt Jochim Kerckow, der sich 
mannlich und redlich wider die feinde 
der Marck gehalten hat 8 ); da es aber 
an die Quitzow kommen, ist der letzte 
irrthum arger worden alfs der erste, 
und ist den beschwerten groiser be- 
schwerunge auffgelegt, wie es anfang- 
lich ist gewesen. 

Anno Christi 1409, sonnabendts fur i* - 
Estomihi 3 ), als herr Jodocus, marg- 16Fe ^ 
graff zu Brandenburg, ein grofs geld 
in der Neumarck 4 ) gesamlet und ver- 
meinte, solches auch in der alten 
Marcke zu thun, ist er eilends von 
Berlin durch Brandenburg gegen Tan- 
germunde gezogen und gleichwie er 
in der Neumarck alle stadte und die 
vom adel versamlet und ihnen auff- 



J ) Die Verpfandung Rathenow's an Dietrich und Johann v. Q. fttr 600 Schock 
boehm. Grosch. erfolgte zu Berlin am 28. Jan. 1409, v. Raumer, Cod. dipl. Brand. I, 10. 

2 ) Die Verpfandung Rathenow's an Joachim von Kerckow, einen in der Altmark an- 
sassigen Edlen, ist zwar urkundlich nicht bezeugt, aber der Name des Mannes 
wenigstens gut verbilrgt. 1403 half er einen Frieden zwischen den Markern und 
Magdeburgischen vermitteln (Riedel II, 3, 162). In einem Verzeichnisse der Urkk. 
des Johannesstiftes zu Tangermunde (Riedel I, 16, 153) wird erwahnt: „Achim von 
Kerckow hat diesem Capittel verkauft ahn herrlichem Auffheben 1 stugk im Dorfe 
grofsen Moringen. Solches hat gewilligt und confirmirt Jodocus Marchio zu Prag 1405.* 4 
Am 22. Febr. 1428 verkaufte er zu Tangermunde dem Siechenhause zu Stendal eine 
Rente aus Hebungen in den Dtfrfern Grofsschwechten und Mollenbeck (Riedel 1, 25, 303). 
In dieser Urk. nennt er sich: Achim von Kerckow „nu wonafftich zu Tanghermunde". 

3 ) Den 16. Feby. 1409 war Jobst wahrscheinlich in der Stadt Brandenburg, weshalb 
Wust. gerade diesen Tag nennt, denn in der Mittelmark war Jobst langere Zeit be- 
reits gewesen. Am 15. Febr. hielt er sich im Kloster Lehnin bei Brandenburg auf 
(Riedel I, 9, 398 u. 399.) *) Neumark ut der altere JJame der Mittelmark. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



57 



U09. vorgehalten, ein jeglicher solte ihm 
von seinem lehen eine steuer geben, 
damit er die versatzten schlosser wi- 
derumb losen und etwas merckliches 
aufsrichten kondte 1 ). Er hat auch 
damals dem raht der neuen stad Bran* 
denburg dritthalb hundert schock 
boehmischer groschen zu geben aiiff- 
erleget Hierin haben ihm nu die 
stadte und der adel gewilfahret und 
ihm eine steuer zugesaget. Jedoch 
seind die rahte der stadte Branden- 
burg, Brietzen und Belitz dawider 
gewesen, in betrachtung, dass vorer- 
wehnter marggraff vor sechs jahren 
auch zu solchem behuff einen grofsen 
schatz in der gantzen Marck zusammen 
gebracht, dass er schlosser und stadte, 
so von der Marck versatzt weren, 
wider losen wolte, welches aber doch 
nicht geschehen, sondern sobald er 
das geld bekommen, were er damit 
in Mahren gezogen und hette das 
land in irrung und beschwerung ge- 
lassen. Endlich aber haben sie gleich- 
wol beschlossen, wo sie sehen wiirden, 
dass man etwas mit solchem gelde 
ablosete, wolten sie williglich geben, 
was ihnen aufferleget wiirde, und sie 
auch ertragen kiindten 2 ). Idem. 



erlegt, dass ein jeglicher von seinem 1409. 
lehn eine steure geben solte, damit 
er die versetzten schlosser wieder 
losen und etwas merckliches ausrich- 
ten mochte, auch den Altmarckern 
den vorschlag gethan *), und der neuen 
stadt Brandenburg 250 schock boeh- s 
mischer groschen aufferlegt; es haben 
ihm auch alio stadte und die vom 
adel darin gewilliget (wiewohl die 
rahte der stadte Brandenburg, Brietzen 
und Belitz dawieder gewesen) in be- 
trachtung, dass noch nicht 6 jahre 
verlauffen, dass derselbe marggraff 
Jodocus einen grofsen schatz in der 
gantzen Marcke gesamlet, eben mit 
solchem vorschlag, dass er die ver- 
satzte schlosser wieder einlosen wolte,*. 
ware aber nicht geschehen, sondern 
der schatz in Mahren gefiihrt und 
die Marcke in irrung und anfechtung 
gelassen; da sie aber sehen wiirden, 
dass man mit solchen geldern etwas 
ablosete, wolten sie alfsdann williglich 
contribuiren und geben, wafs ihnen 
aufferlegt wiirde, sind doch endlich 
durch die rahte (so die privilegia zu 
verkauffen bereit seyn) iiberredt, nach 
dem willen des marggraffen zu thun. 
Denn es ist bose, wieder die herren 
zu fechten und wieder den strohm zu 
schwimmen. 



! ) Aus Hafftiz* Bericht ergiebt sich deutlich, was Angelus* Referat hochstens 
vermuthen lasst, dass Jobst zunachst von den Standen der Mittelmark die Lehens- 
steuer eingefordert hatte und dann erst an die altmark. Stande das gleiche Ansinuen 
stellte. *) Nicht zu Tan germ uiide, wie es nach Angelus scheint, sondern wahrschein- 

lich zu Berlin erhoben die drei Stadte Opposition gegen die Steuer. Hafftiz' Bericht 
liber ihren Widerspruch ist vollkommen verwirrt, da ihm zufolge die Stadte das Geld 
aus einem Grande beWilligten, aus dem sie es hatten verweigern mttssen. Die Ver- 
wirrung ist durch den eingeklammerten Satz hervorgerufen, der in der vorliegenden 
Form auch in den ubrigen Handschriften des Microchr. sich findet. Die Worte nach 
dem eingeklammerten Satze sollen offenbar die Griinde des Widerspruches der drei 
Stadte angeben, enthalten aber der Satzqonstruction zu Folge die Motive der die 
3teuer bewilligenden StHn4e t 



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58 



Angelus. 



Hafftiz. 



1409. 



Nachdem nun difs allerseits also 
vorhergangen und gemelter marggraff 
Jodocus von Tangermiinde wider gen 
Berlin ankommen *), hat er aus geitz 
und begierde defs geldes Diederichen 
von Quitzaw das schloss Frysack vor 
zwey tausend schock boehmischer gro- 
schen erblichverkaufft, welches schloss 
zur selben zeit Baltzers von Schlieben, 
eines ehrlichen, getreuen und streit- 
baren ritters, kinder innen hatten, und 
hat dieselbe kinder mit zwey hundert 
schock boehmischer groschen abge* 
wiesen, das ander geld zu rich ge- 
nommen und in Mahrland gezogen 2 ). 
Idem. 



In demselbigen jahre, alfs der ge- uw. 
nannte herr Jodocus, marggraff zu 
Brandenburg,wieder von Tangermiinde 
gegen Berlin kommen 1 ), hat er aus 
geitz und begierde des geldes Diete- 
rich von Quitzow erblich verkaufft das 
schloss Frisack fur 2000 4 schock boeh- 
mischer groschen* welches schloss zu 
der zeit inne hatten die kinder Bal- 
thasars von Schlieben, eines getreuen 
und streitbahren ritters, welche herr 
Jodocus marggraff mit 200 schock 
boehmischer groschen abfandt und 
ablosete, dass sie vom schlosse ab- 
zogen. Das iibrige geld hat er zu 
sich genommen und nach seiner alten 
gewohnheit in Mahren gefuhrt 2 ). 1st 
also weggezogen und den herrn 
Schwantibarum, hertzog zu Stettin, 
zum obersten verweser der Neu- 
marcke 3 ) und Caspar Ganfe, herrn zu 



! ) Die Ruckkehr Jobsts nach Berlin wird in die letzte August- oder erste Sep- 
tember-Woche 1409 zu setzen sein. In Berlin stellte er an den folgenden Tagen 
Urkunden aus: Am 8. Sept. 1409 (Riedel I, 1, 306), am 19. Sept. 1409 (R. I, 11, 72), 
am 22. Sept. 1409 (R. I, 9, 85), am 28. Sept. 1409 (R. I, 3, 410), am 2. Oct. 1409 
(R. I, 11, 314) und 16. Oct. (R. I, 16, 37). 2 ) Ueber die Lage und Geschichte 

des Schlosses Friesack vergl. Riedel I, 7, 42 u. fg. u. Kloden, Quitzow's II, 396 u. fg. 
Es gehorte zum Familienbesitz derer von Bredow. Die Zeit der Verpfandung Frie- 
sacks an Balthasar von Schlieben ist unbekannt. Die Darstellung des Verkaufes des 
Schlosses an die Quitzow's bei Wust. erweckt die Vermuthung einer gewaltsamen 
Vermdgensbeeintrachtigung unmiindiger Erben des letzten Pfandbesitzers ; allein die 
sogenannten Kinder Balthasars wareii drei erwachsene Sonne mit Namen Balthasar, 
Friedrich und Otto, welche 1409 schon im Alter von 30 bis 40 Jahren gestanden 
haben mussen, da der jungste von ihnen, Otto, bereits 1394 in einer Urk. als Zeuge 
fungirte (Worbs, Inventar. dipl. Lus. inf. S. 207). Indem Jobst Friesack fur 2000 Schock 
b. Gr. verkaufte und den drei Brudern 200 Schock, wahrscheinlich das von ihrem 
Vater auf Friesack gegebene Darlehen, zuriickzahlte , beeintrachtigte er zwar das 
Interesse des Landes, aber nicht das Vermogen der Erben Balthasars v. Schlieben. 
3 ) Die Einsetzungsurk. fur Suantibor ist nicht erhalten, seine Ernennung zum Statt- 
halter aber wird bezeugt durch ein Schreiben des Herzogs Albrecht von Sachsen- 
Wittenberg vom Juli des Jahres 1410 (Fidicin, Beitr. II, 94), in welchem in Bezug 
auf Suantibor bemerkt wird, dass ihm „unser oheim marggraffe Jost die Marcke em- 
pfohlen hat". Verhandlungen mit ihm hatte Jobst schon zu Lichtmess (2. Febr.) 1409 
gefuhrt wegen mehrerer von Dietrich in Pommern veriibten Raubereien (Riedel II, 3, 
172), wobei auch die Statthalterfrage zu Sprache gekommen sein kann. Am 15. Aug. 
1409 erliefs Suantibor zu Berlin dem Rathe von Berlin-Kolln einen Theil der falligen 
Orbede (Riedel a. a. 0.); die kurze Urk. gedenkt seiner Statthalterschaft jedoch nicht. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



.1409. Ebe denn marggrafif Jodocus aus 
der Marck verruckt, hat er zum stat- 
halter in der Mittelmarck v^rordnet 
hertzog Suuantiboruni zu Stettin 1 ), 
und herrn Caspar Gansen, edlen herren 
zu Putlitz, in der alten Marck und 
Prignitz. Wusterwitzius. 



Sobald aber der marggrafif wider 
hinweg kommen, ist das land widerumb 
voller rauber worden, also dass je 
naher jemand der Marck kommen, je 
gefahrlicher er gereiset oder gewan- 
dert hat. 

So hat sich auch ein jeder der ge- 
walt, so er gehabt, iiberhoben, und 
nur, was ihm geliistet, gethan. In- 
sonderheit gebens die historien 2 ), dass 
herr Caspar Gans, stathalter in der 
alten Marck, einen see, mit namen 



Putelitz, mit vollkommenen befehl in 1409. 
der alten Marcke und Prignitz zu re- 
gieren verordnet 1 ). Es hat aber der 
genannte hertzog zu Stettin iiber den 
gemessenen befehl und anordnung 
marggrafifen Jodoci den unterthanen 
und sonderlich den Quitzowen gethan, 
wenig mogen ausrichten, denn die 
Quitzowen haben ihm keine hiilfife 
und beystandt, sondern verhinderunge 
in alien sachen erzeiget und weniger 
gehorsains, denn nach ihrem verlafe, 
geleistet. Also hat der genannte 
herr Jodocus nichts eingelost, son- 
dern vielmehr ein schloss nach dem 
andern versetzt und verkaufift, das 
zuvor durch die alten herren marg- 
grafifen mit grofser miihe und arbeit 
gekaufift und zu der Marcke gebracht 
worden. Da nun marggrafif Jodocus 
(wie gesagt) aus der Marcke gezogen, 
ist sie bald mit rauberey erfullet, und 
je naher der Marcke, je gefahrlicher 
man hat gereiset. Denn die Quitzowen 
haben aufif ofifenbahren strafsen ge- 
raubet; auch Caspar Ganfs, herr a ) zu 
Putlitz, hauptmann iiber die alte Marck 
gesetzt vom genannten herrn marg- 
grafifen, ehe dann or aus der Marcke 
gezogen, hat seine bofsheit und gifift, 
so er mit dem herrn marggrafifen 
Jodoco wieder Gott und alle billig- 
keit, wieder die stadte und den adel 
der Marcke gefasst und gestifift hatte, 



») A hat Hertzog zu Putlitz statt Herr z. P., ein Irrthum nur des Copisten. 

*) Die Ernennung des Caspar Gans zu Putlitz erfolgte zu Berlin am 19. October 
1409 (Riedel I, IB, 37). Er hatte Jobst 1200 Schock b. Gr. geliehen und erhielt als 
Unterpfand dafur das Schloss Tangermunde. Am 28. Sept. 1409 war er Yon Jobst 
zum brandenb. Marschall ernannt worden (Riedel I, 3, 410); die Urk. erwahnt, dass 
seine Vorfahren bereits diese Wurde bekleidet hat ten. a ) Diese Bemerkung ist 

sicherlich nur vom Standpunkte des Referenten Angelus aus zu verstehen, so dass die 
hier bezeichneten Historien die Mark. Ghronik des Wusterwitz solbst, nicht eine von 
Wust. benutzte Quelle waren, denn es ist nicht anzunehmen, dass uber den hier be- 
rUhrten Vorfall schon anderweitige historische Relationen ex i stir ten. 



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60 



Angelus. 



Hafftiz. 



H09. Presyn *), bey der stad Havelberg ge- 
legen^nit ge wait eingenommen, welcher 
see den beyden briidern Sigismundo 
und Johanni, Arnoldi Frysacks, biir- 
gers in der neuen stad Brandenburg 2 ), 
sohnen, etwan erblich gehoret. Es 
haben sich zwar gedachte briider 
solcher gewalt mit hiilff und beystand 
defs rahts der neuen stad Branden- 
burg bey herrn Suuantiboro, hertzogen 
zu Stettin, damals stathaltern in der 
Marck, schrifftlich und miindlich zum 
hochsten beklaget, auch an den marg- 
graffen in Mahren geschrieben und 
suppliciret, haben aber keine hiilff, 
weder vom hertzogen zu Stettin, noch 
sonsten von jemand uberkommen 
konnen. 



ausgegossen und mit gewalt einge- 1409 
nommen einen see, gelegen bey der 
stadt Havelberg 1 ), der doch erstlich 
gehorete Sigismundo und Johanni 
gebriidern, weylandt Arnoldi Frisacks, 
burgers der neuen stadt Branden- 
burg 2 ), sohnen; hat sie also mit ge- 
walt aus ihrer possession gedrungen, 
in welcher sie iiber 50 jahr von ihrem 
grofsvater und vater hero friedlich 
gesessen waren, und wiewohl sie sich 
solcher gewalt und ungerechtigkeit 
mit hulffe und beystandt des rahts der 
neuen stadt Brandenburg bey herrn 
Schwantibaro, hertzog zu Stettin, zu 
der zeit hauptmann und verweser der 
Marcke, schrifftlich und personlich 
beklagt, auch an den marggraffen in 
Mahren geschrieben und suppliciret, 
haben sie doch keine hulffe, weder 
von dem hertzogen zu Stettin, noch 
sonsten von jemand anders erlangen 
konnen. Wie aber die sache geendet 
worden, wird man darnach erfahren s ). 



*) In der der Konigl. Bibliothek zu Berlin gehorenden Handschrift des Microchron. 
fol. No. 28 heifst der See der Pritzmar-See. Nach Kloden, Quitzow's II, 403 liegt 
derselbe westlich von Rhinow bei dem Dorfe Prietzen und hiefs der Prietzener 
See. Die Lesart bei Angelus giebt den Namen wenigstens annahernd richtig. wieder. 
Heute fiihrt der See den Namen der Gulpsee. Er ist eine Meile lang und ergiefst 
sein Wasser in die Havel. 2 ) Der Name dieses Mannes ist urkundlich bezeugt 

bei Riedel I, 8, 371 in einem Schriftstuck vom 15. Marz 1394, welches Arnd Frisack 
als Biirgermeister der Neustadt Brandenb. nennt. 8 ) Nach diesen Worten sollte 

man bei Hafftiz noch fernere Nachrichten iiber den Rechtshandel erwarten, aber man 
erfahrt in der That keine Silbe weiter daruber, weder bei Hafftiz noch bei Angelus. 
Dieser Umstand ist so iiberraschend, dass man zu der Vermuthung gedrangt wird, 
jene Ankundigung habe in der Mark. Chronjk gestanden und sei von Hafftiz gedankenlos 
nachgeschrieben worden, woraus man dann weiter folgern muss, dass Wusterwitz selbst 
die Absicht gehegt hatte, auf den Rechtshandel zuruckzukommen, aber nicht mehr 
dazu gelangt sei und also sein Werk unvollendet hinterlassen habe. In ahnlicher 
Weise kttndigt Hafftiz auch z. J. 1414 noch weitere Mittheilungen iiber Johann v. Quitzow 
an, ohne sein Yersprechen zu losen. Dass Wust. es liebte, auf spatere Ereignisse im 
voraus hinzudeuten, bezeugen Angelus und Hafftiz z. J. 1399, woselbst von der Be- 
endigung eines Krieges zwischen der Mark und Magdeburg die Rede ist, und der 
Au8bruch eincr spateren Fehde erwahnt wird von Angelus mit den Worten: „wie 
weiter folgen wird", und von Hafftiz : „wie hernach wird vermeldet werden". In diesem 
Falle hatte Wust. Wort gehalten und den Bericht geliefert. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



61 



1409. Indess hat Dieterich von Quitzaw 
den frommen, friedsamen zweyen fiir- 
sten, herrn Rudolpho und herrn Al- 
berto, hertzogen zu Sachsen, entsagt 1 ) 9 
7. April, und hat sich im selben jahr am oster- 
tage mit seinen briidern, knechten 
und anderm seinem anhange unter- 
fangen, das land genandter fiirsten, 
so eine lange zeit in gutem friede ge- 
standen, zu verwiisten und umbzu- 
kehren. Es haben aber die fiirsten 
an den stathalter hertzog Suuanti- 
boruin, so wol auch an den adel und 
die stadte defs gantzen landes der 
Marek Brandenburg geschrieben 2 )und 
sich allenthalben, so die Quitzawen 
etwas wider sie hetten, zu recht er- 
boten. Hertzog Suuantiborus, welcher 
als ein hauptmann und stathalter in 
der Marck iiber die Quitzawen voile 
gewalt haben solte, hat mit grofser 
miihe und arbeit den adel und die 
stadte der Marck zum Berlin 3 ) ver- 
samlet und Diedrich von Quitzaw auch 
dahin bescheiden und ihm da vorge- 
halten, was die hertzogen von Sach- 
sen an sie gelangen lassen, und ver- 
mahnet, dass er die erbietung zum 
rechten annemen und seine sache 
widerumb zum rechten erbieten solte. 
Aber Diedrich von Quitzaw hat solches 



Dietrich von Quitzow aber, auffi4oo. 
dass er ja nicht in ruhe und friede 
bliebe, hat er entsagt denen durch- 
leuchtigen und friedtsahmen fiirsten, 
herrn Rodolpho und Alberto, hertzogen 
zu Sachsen 1 ), und in demselbigen 
jahre am ostertage sich unterstanden, 7. April, 
mit seinem bruder, knechten und 
seinem anhange das land der vorge- 
nannten fiirsten, das eine lange zeit 
in gutem frieden gewesen, zu ver- 
wiisten und umbzukehren. Abermerket 
ein wunderlich ding! Wer hat je ge- 
hort, dass solche lobliche fiirsten sich 
so tief demiitigen solten, mit solchen 
ungerechten leuten tageleistung und 
handelung zu halten, das sie doch 
um geliebtes friedes willen gethan, 
und geschrieben an den hertzog zu 
Stettin, hauptmann liber die Marcke 
Brandenburg 2 ), und an den adel und 
stadte, sich allenthalben zu rechte er- 
bietende, so die Quitzowen etwas 
wieder sie hatten. 

Herr Schwantibarus, hertzog zu 
Stettin, der alfs ein hauptmann der 
Marcke iiber die Quitzowen vollkom- 
men gewalt haben solte, hat mit 
grofser miihe und arbeit den adel 
und stadte der Marcke versamlet zu 
Berlin 3 ), dazu berufen Dieterich von 



*) Die genannten Fiirsten sind die Briider Rudolf III. (gest. 11. Juni 1419) und 
Albrecht III. (gest. 27. Nov. 1422), die S6hne des aus dem Lttneburger Erbfolgestreit 
bekannten Herzogs Wenzel v. Sachsen -Wittenberg. Beide regierten gemeinsam. Die 
Ursache ihres Conflictes mit Dietrich von Q. ist nicht bekannt. a ) Diese Bemer- 

kung stande im Widerspruch mit dem Obigen, wenn in dem Berichte des Wust. her- 
vorgehoben ware, dass die sachs. Herzflge sogleich nach dem Einfalle Dietrichs 
v. Q. in ihr Land bei Suantibor Beschwerde geftthrt hatten, denn nach Wust. erfolgte 
dessen Erhebung zum Verweser erst kurz vor dem Abzuge Jobsts aus der Mark, also 
im Herbste 1409. Einen solchen Widerspruch scheint im vorliegenden Falle Kldden 
gefunden zu haben, denn er verlegte (Quitzows II, 460) den Einfall Dietrichs v. Q. 
in Sachsen in das Jahr 1410. Indessen schliefst der summarische Bericht des Wust. 
keineswegs die Annahme aus, dass die Herzdge erst im Spatherbste 1409 mit ihrer 
Klage sich an Suantibor wandten. 8 ) Yon einem in Berlin von Suantibor abge- 

haltenen Landtage ist nichts bekannt; dagegen gedenkt ein von Herzog Albrecht III. 



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62 



Angelas. 



Hafftiz. 



1409. nicht thun wollen, sondern hat diesen 
raht und vorschlaggantz und gar in 
den Wind geschlagen. Idem. 



Quitzow,ihme solches furgehalten, und hw. 
gerathen, dass er die erbietung zur 
gerechtigkeit der hertzogen zu Sachsen 
annehmen uud seine sache wiederunib 
zu rechtc setzen und ausfuhren solte. 
Aber Dieterich von Quitzow, alls ein 
feind und wiederwertiger aller ge- 
rechtigkeit und friedens, hat solches 
gantz und gar veracht. In was be- 
kiimmernis und betriibnis das hertz 
des herrn Schwantibari, hertzogs zu 
Stettin, muss gewesen sein, weil er 
solche verachtung hat miissen leiden 
von denen, die in gegenwart des herrn 
marggraffen mit offientlicher stimme 
gehorsahm zu seyn geschworen und 
angelobt haben, ist leichtlich zu er- 
messen. — Ob nun auch wohl viel 
der meynung sind gewesen, dass die 
hertzogen zu Sachsen nicht so machtig 
waren, dass sie den Quitzowen wie- 
derstandt zu thun vermochten, so 
habens doch weise leute dafiir ge- 
halten, dass sie es wohl zu thun ver- 
mdcht. Aber ihre lobliche treue und 
erbarmung iiber ihre arme unter- 
thanen, in ihrem hertzen gegriindet, 
hats nicht wollen zulassen, dass sie 
ihr land und leute verheeren liefsen, 
sondern ihren armen leuten vielmehr 
hiilfflich und rahtig seyn als be- 
schweren wollen. Weil auch der chur- 
furst zu Sachsen ein glied des H. R. 
R. ist, hat er gar wohl bedacht, dass 
eine obrigkeit nicht allein mit den 
wafifen, sondern auch mit gesetzen 
gezieret und versehen seyn soil, darum 
haben sie sich auch zu rechte und 
rechtlicher erkantnis erbohten, an 



von Sachsen an die Rathsleute zu Brandenburg, Frankfurt, Berlin und von anderen 
Stftilten gerichtetes Schreiben (bei Fidicin, Beitr. II, 94, Freitags nach Divisionis 
Apostolorum od. d. 15. Juli) einer Verhandlung der markischen Stande tiber die Klage 
der Herzdge in Gegenwart Suantibors im Orte Bruck in der Lausitz. Jenes Schreiben 
wird in den Juli 1410 zu setzen sein. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



63 



den adel und stadte der Marck Bran- 1409. 
denburg geschrieben *) und mit ge- 
walt nichts wollen furnehmen. Dar- 
neben haben sie sich auch bey ihren 
treuen und guten glauben gegen den 
stadten der Marck Brandenburg, die 
unterdriickt waren, erbohten, wenn 
sie ihnen beystehen und hiilffe thun 
wolten, wieder die Quitzowen sich zu 
setzen, und solten sie gleich ihr hert- 
zogthum und vaterliche erbe daran 
wagen. Es ist aber keine stadt in 
der gantzen Marck Brandenburg so 
machtig und keine funden, die den 
hertzogen zu Sachsen hiilffe gethan 
hatte zu ihrem eigenen frommen, aus 
furcht der Quitzowen. Denn die stadte 
sind fast alle hin und her mit der 
Quitzowen und ihres anhangs schlos- 
sern also umbgeben gewesen, dass 
einer kaum ohne gefahr seines leibes 
hat diirfen spatzieren gehen fur die 
stadte. Denn so jemandt von burgern 
und pauren, so im felde arbeiteten, 
gefangenwardt, suchten die Quitzowen 
eine neue hinterlist, ertichteten neue 
sachen, dass sie den frieden nicht 
gebrochen, sondern zu pfande gesetzt 
umb dieser oder jener ursachen wil- 
len, die offte langst entschieden 2 ). 
Machten ihnen also neue gesetzen, 
deuten sie nach ihren eigenen willen; 
denn in handeln und tageleistung sind 
sie also wegen ihrer geschwinden hin- 
terlist und wunderbahren klugheit ge- 



') Bestatigung und Erganzung findet diese Darstellung durch das erwahnte 
Schreiben Albrechts III. (Fidicin, Beitr. II, 94) und durch einen Brief Rudolfs III. 
(a. a. 0. IV, 63). In beiden erbieten sich die herzoglichen Bruder zu „Gleich und 
Recht" mit dem Ersuchen an die mark. Stande, das Richteramt zwischen ihnen und 
ihren Gegnern zu ubernehmen. Einen Erfolg hatte ihre Bitte nicht, die Quitzow's 
fugten sich einer richterlichen Entscheidung nicht mehr. 8 ) Diesen unklaren Satz 

erlautert Kloden (Quitzow's II, 357) sachlich und beispielsweise dahin, dass die Quitzow's 
neue Landwege hergestellt, die alten durch Aufstellung sogenannter Wiepen — Stangen 
mit einem oben befestigten Strohwisch — verboten und Reisende, welche die fruheren 
Wege einschlugen, unter dem Vorwande der Pfandung in das Gefingniss gefuhrt hatten. 



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64 



Angelus. 



Hafftiz 



1409. 



Da nun Johann von Quitzaw ge- 
sehen, dass sein bruder die weltlichen 
personen beleidiget, wo er gekund, 
hat er angefangen, die geistlichen an- 
zufeinden und zu verfolgen und eine 
ursach gesucht wider das closter Leh- 
nin wegen des Havelstromes und ge- 
sagt, weil difs wasser bei dem scblosse 
were, so miiste dieser fluss zum schloss 
gehoren, und hat also den fluss wollen 
mit gewalt an sich bringen. Difs hat 
dem abt des closters, dem herrn 
Henrico Stich *), einen grofsen kummer 
gemacht, dass er auch hin und her 
raht gesuchet und denselben doch 
nirgend finden konnen. Letzlich hat 
er seinen bruder Diederich von Quitzaw 
umb raht angelanget, der hat zwiscben 
dem abt und seinem bruder Hansen 
einen tag zu Brandenburg in der neuen 
stad angestellet, und da ist hart wi- 
der hart gewesen. Denn Hanfs von 
Quitzaw hat gesagt, die Havel gehore 
zum schlosse, weil es den namen da- 
von hette. Hiewider hat der abt ex- 
cipiret und angezogen sein privilegium 
und die pr&escription, dass er diesen 
fluss iiber menschen gedencken im 
geniefs und gebrauch gehabt und end- 
lich begeret, ein jeglich theil sole 
zweene unpartheiische richter erweh- 
len, so die sache freundlich und recht- 
lichhinlegen undentscheiden mochten. 
Difs haben ihnen beyde theil gefallen 



lobt, dass sie bofsheit in klugheit ver- uo9. 
wandelt und die gerechtigkeit von 
der ehre abgeschieden haben. 

Nachdem nun Johann von Quitzow 
gesehen, dass durch seinen bruder die 
weltlichen persohnen sehr beleidiget 
waren, und ihm alles gliicklich fur 
genossen hinausgegangen. hat er auch 
angefangen, die geistliche persohnen 
(die doch von niemandt wieder recht bil- 
lig solten beschweret werden) zu belei- 
digen, zu verfolgen, und zu driicken 
im sinn genommen, und hat eine ur- 
sache gesucht wieder das kloster Lenin, 
Cistertienser ordens, welches Otto I., 
marggrafFzu Brandenburg, umb seiner 
und der seinen seeligkeit (wie man im 
bapstthumb die leut darauff gefuhrt) fiir 
200 jahren fundirt, gestifft und dar- 
nach durch viel andere marggraffen 
zu Brandenburg zu vermehrung des 
gottesdienstes aus papistiscben aberglau- 
ben und andacht mit zinsen und ein- 
kommen versehen und begabet. — 
Nun hat der gemeldte Johann von 
Quitzow furgegeben, die Havel am 
schlosse Plauen gehorete zum schlosse, 
und wolte also den Havelfluss an sich 
reifsen und rauben. Der abt des vor- 
genannten klosters, herr Henricus 
Stich *), ist darum nicht wenig bekiim- 
mert gewesen, hat hin und wieder 
raht gesucht; da er aber denselben 
nirgends funden, hat ers Gott heim- 
gestellt. Letzlich aber, damit er nichts 
unversucht liefse, hat er raht gesucht 
bey Dieterich von Quitzow; der hat 



') Dieser Abt legte um 1419 das. Lehniner Gedenkbuch an (Riedel I, 10, 418 
u. fg.\ in welchem iiber ihn einer der Fortsetzer dieses Werkes schreibt: Cum idem 
dominu8 esset vir providus provecteque etatis quinquagesimnm annum habens in or- 
dine, in regimine quoque XX et a juventute majoribus continue occupatus officiis 
plurimumque expertus, suis successoribus exemplarem voluit in hujusmodi causarum et 
eventuum descriptione — tradere memoriam. Vergl. iiber ihn auch die Magdeb. 
SchOffenchron. z. J. 1412. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



65 



1409. lassen, und sind demnach Henning 
von Stechaw und Henning von Gro- 
ben *) wegen Hanfs von Quitzaw, und 
herr Johann vonGolwitz, stadschreiber 
zu Brandenburg in der neuen stad, 
und Engelbertus Wusterwitzius, cle- 
ricus zuBrandenburg 2 ) (derdiesesachen 
unter marggraffen Jodoco allein auffs pa- 
pier gebracht und verzeichnet hat), wegen 
defs herrn abts und des closters Leh- 
nin zu richtern und freundlichen ent- 
scheidern der sachen erwehlet und 
angenommen. Da nun diese Hanfs 
von Quitzawes klage wider genandten 
herrn abt gehoret und bey sich ge- 
nugsam erwogen, haben sie befunden, 
dass Quitzaw keine recbte ursache 
wider den abt und das closter ge- 
habt. Es baben auch Henning ^on 
Stechaw und Henning von Groben 
Hanfs von Quitzaw treulich ermahnet, 
dass er wider recht mit dem abt und 
dem closter nicht hadern wolte, und 
daneben umb Gottes und sein selbst 
. heil und seeligkeit willen gebeten, er 
wolle das closter mit seinen giitern 
und besitzungen nicht anfechten und 
bekummern,sintemal die monche nicht 
zum kriege, sondern zum gottesdienst 
verordnet weren, damit er also auch 
ihres gebets und gottesdienstes theil- 



soviel verschafft, dass der herr abt 1409. 
mit Johann ron Quitzow in der neu- 
stadt Brandenburg einen tag gehalten, 
da ist hart gegen hart (wie man 
pflegt zu sagen) gekommen und ge- 
halten. Wann Johann von Quitzow 
hat gesprochen, die genante Havel 
gehorte zum schlosse, hat der abt 
das nicht gestehen wollen, sondern 
sein privilegium und prescription, 
davon menschen gedencken nicht wiiste, 
angezogen. Letzlich hat ihnen beyden 
dis gefallen, dass ein jeglicher theil 
^olte zweene erwehlen zu richtern, 
dass die sache in der gtite oder recht- 
lich durch sie mochte entschieden und 
beygeleget werden und seynd Hein- 
rich von Stechow und Heinrich von 
Groben x ) wegen Johann von Quitzow 
und dann Engelbertus Wusterwitz 
thumherr 2 ) und Johannes Golwitz, 
stadtschreiber der neuen stadt Bran- 
denburg, wegen des herrn abts zu 
commissarien und freundtlichen ent- 
scheidern dieses zwiespalts erwehlet 
und angenommen. Diese 4, nachdem 
sie Johann von Quitzows klage wie- 
der.den abt gehoret und erwogen und 
daraufs befunden, dass er keine red- 
liche ursache, damit er etwas mit 
rechte furnehmen konnte, hatte, auch 



J ) Die Vornamen beider Manner Heinrich und Henning sind identisch und Hen- 
ning ist nur eine Nebenform von Heinrich. Beide Edelleute scheinen rechtskundige 
Manner gewesen zu sein, denn auch in einem Conflicte zwischen Johann v. Quitzow 
und Achim von Bredow einerseits und der Stadt Brandenburg andererseits wegen des 
Besitzes einer Kirche zu Groben wurden sie nach einer Urk. vom 30. Marz 1408 
(Riedel I, 10, 16) -zu Schiedsrichtern erwahlt, und zwar Wichard von Rochow und 
Henning von Groben seitens der Brandenburger und Heine Hake sammt Henning. von 
Stechow seitens der Gegenpartei. 8 ) Dass Wusterwitz ein brandenburgischer Dom- 

herr gewesen sei, wie Hafftiz angiebt, wird durch kein Zeugniss bestatigt. Sein 
Name erscheint nirgends in den Urk. des Domcapitels zu Brandenburg, so weit sie 
von Riedel (Cod. dipl. I, 9) vero'ffentlicht sind. In dem Lehniner Gedenkbuche (Riedel 
1, 10, 423 u. fg.) wird Wusterwitz immer nur einfach als„meister Engelbertus" be- 
zeichnet. Die Handschr. des Microchr. in der Ednigl. Bibliothek zu Berlin fol. No. 639 
hat den Zusatz. ..Thumherr" hinter Wusterwitz nicht. 



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66 



Angelus. 



Hafftiz. 



H09. hafftig werden mochte. Sie haben 
aber mit dieser treuherzigen vermah- 
nung ien von Quitzaw nirgend hin 
bewegen konnen, dass er sich zufrie- 
den geben hette. Da nu solches der 
abt yernommen, dass durch bitte bey 
ihm nichts zu erlangen were, hat er 
sich erboten, ihm funfftig seheck 
boehmischer grosehen zu geben und 
daneben gebeten, er wolte hinfort 
seyn und des klosters freund seyn 
und sie beschiitzen und vertreten 
helffen. Solch gesehenck hat Hanfs 
von Quitzaw nicht annemen wollen 
und ist die gantze sache also stecken 
blieben. Dieweil sich aber der abt 
fur gewalt und schaden gefurchtet, 
hat er hundert marck *) gegeben und 
hat den Fischhalter, den er auff der 
Havel bey dem schlosse Frysack(?) 
erbauet 2 ), widerunib lassen einreifsen, 
dass also seln closter wegen der be- 
sitzung der Havel von Hanfs von 
Quitzaw nicht angefochten wiirde. 
Ob nun wol Hanfs von Quitzaw darauff 
zugesaget, dass er das closter nicht 
mehr molestiren wolte, hat ers doch 
nicht gehalten, sondern hat das closter 
folgendes mannichfeltig beleidiget. 
Idem Wusterwitzius. 



die beyde, so er zu seinem theil er- 1409. 
wehlet, ihn iiberwiesen, dass er mit 
recht wieder den abt und das kloster 
nichts erhalten konnte, durch Gott 
und auch seine eigene seeligkeit ge- 
behten, dass er das kloster an seinen 
giihtern undhabendenpossession nicht 
anfechten und betriiben wolte, damit 
er Gottes gerichte und strafe nicht 
auf sich laden und des klosters ge- 
behts und gottesdienstes theilhafftig 
werden mochte. Sie haben aber mit 
alien treuen vermahnungen und fleh- 
lichen bitten das zornige gemiihte 
Johann von Quitzows nicht bewegen 
und erweichen mogen, sondern er hat 
seinem vorgefassten zorn wollen ge- 
nug thun. Da aber der herr abt ge- 
sehen und gespiiret, dass er mit bitte 
und in der giihte nichts schaffen 
konnte, hat er sich eines milden ge- 
schencks, alfs 50 schock bohmischer 
grosehen, Johann von Quitzow zu ge- 
ben erbohten, dass er damit wolte 
zufrieden seyn und forthin sein kloster 
in seinen schutz und schirm nehmen. 
Solch geschencke hat Johann von 
Quitzow veracht und diese sache also 
stecken lassen. Da aber der herr 
abt gesehen, dass Johann von Quitzow 
•die sache fursetzlich auffziigerte, und 
sich grofseren schadens befurchtete, 
hat er 100 schock 1 ) ausgezahlt und 
den fischhalter, so er auff der Havel 
gebauethatte, wieder abbrechen lassen, 
damit also sein kloster nicht mochte 



J ) Die bohm. Grosehen wurden anfanglich sowohl nach Mark wie nach Schock 
berechnet. Eine Mark wie ein Schock umfasste ursprttnglich 60 Grosehen. Wahrend 
aber das Schock seinen Werth behielt, anderte denselben spater die Mark. Nach 
dem Landbuche Karls IV. enthielt die letztere 68 und 67 Grosehen. Vergl. Fidicin, 
Beitr. Ill, 450 und 452. 2 ) Die Erwahnung des Schlosses Frysack an dieser 

Stelle beruht auf einem Irrthum, denn erstens liegt Frysack nicht an der Havel und 
zweitens handelte es sich urn den Besitz dieses Flusses bei dem Schlosse Plaue. Statt 
Frysack ist also Plaue zu setzen. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



67 



angefochten werden in der besitzung uo9. 
der Havel, die das kloster fur 100 
jahren in besitzung und brauch ge- 
habt fiir Johann von Quitzow; und 
wiewohl Johann von Quitzow solches 
stete und feste zu halten zugesagt, 
hat ers doch seinfer alten gewohnheit 
nach nicht gehalten, sondern mit 
mancherley durchhechtung J ) das ge- 
dachte kloster beleidigt, dass also 
der zustandt der Marcke immer arger 
und arger worden 2 ). 

Zu der zeit haben sieh mancherley 
reden in der Marcke begeben. Ein 
theil hat fiirgeben, marggraff Jodocus 
zu Brandenburg wiirde schier kom- 
men, die Marcke zu einem guten 
friede und reenter ordnung bringen, 
alle versetzte schlosser wieder losen 
und die Quitzowen aus der Marcke 
verjagen. Eins theilfs haben dafur 
gehalten, dass der marggraff Jodocus 
zu Brandenburg nach der Marcke 
nichts fragte, und dass es sein be- 
wust und wille mit ware, dass die 
Quitzowen solche dinge unstrafflich 
fiirnehmen. Und also sind die armen 
und wanckelmiihtigen leute zwischen 
hoffnung und furcht in unbestandig- 
keit gelassen. 

Alle diese vorgesetzte dinge haben 
verhindert, dass die hertzogen zu 



*) Durchliechtung = Verfolgung. a ) Die von Wust. gegebene Schilderung 

des Conflictes findet im Wesentlichen ihre Bestatigung durch das Lehniner Gedenk- 
buch (Riedel I, 10, 418 u. fg.), in welchem auch die anfanglichen Ursachen des Zer- 
wurfnisses zwischen dem Abte von Lehnin und Johann v. Q. angegeben werden. Die 
Nothwendigkeit, sich mit letzterem gtitlich zu einigen, schildert der Abt mit den Worten : 
Dat geschach dar ume, wente Hans was so overweldich geworden und hadcte dy man 
und dy stede so weldichliken vordrucket, dat nymant van mannen edder van borgern 
dorfte ume unsen willen en perd zadelen edder syn word vor uns spreken, dat wedder 
dy Quitzow mochte syn gewesen. Und hedde yn den tyden dy irluchtede, godefurch- 
tige forste, unse here marcgreve ffrederik nicht in desse land komen, de den Quittzowe 
ere Slflte ave wan met herkraft und vordreff sy ut dem lande, wy hedden dy vare 
moten stan, dat sy uns noch unvorwynliken schaden mochten gedan hebben an unses 
godeshuses ghudern. 



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68 



Angelus. 



Hafftiz. 



1409. Bald darauff sind die von Quitzaw 
ins hertzogthumb Sachsen gefallen 
und haben darin ihres gefallens streif- 
fen wollen. Aber die hertzoge von 
Sachsen sind ihnen mit wenig reutern 
begegnet, haben ritterlich in sie ge- 
setzt, etliche erschlagen und etliche 
an den galgen hencken lassen. Idem. 



Hio. Im folgendem tausend vier hundert 
und zehenden jahr acht tage nach 
29. Mai. corporis Christi *) oder n&ch den 
frohnleichnams tag, als die Quitzawen 
abermals in Sachsen einen einfall ge- 
than, ist Albrecht Holtzendorff 2 ) von 
den hertzogen selb eilff reutern ge- 
fangen und Johann, Otten von der 
Hage sohn 3 ), erschlagen worden. Idem. 



24. juni. Am tage Johannis Baptistae ist 



Sachsen von den Marckern keine hiilffe 1409. 
haben erlangen konnen. Jedoch haben 
auch die Quitzowen nicht gar grofe 
gliick gehabt wieder die hertzogen 
zu Sachsen, ja sie haben offte scha- 
den von ihnen genommen; denn so 
die Quitzowen mit grofser macht sind 
in ihr hertzogthum gefallen in mei- 
nung, darin zu rauben, haben die 
frommen fursten hiilffe vom himmel 
gesucht und sind ihnen ritterlich 
unter die augen gezogen auch mit 
wenigem volcke, haben diejenigen, so 
sie gefangen, an den galgen hengen 
lassen, und also die bosen von der 
erden weggeraumt, auff dass das un- 
kraut nicht mochte iiberhandt neh- 
men. Dies haben sie wohl bewieseu, wo. 
alfs sie anno Christi 1410 donners- 
tags post octavam corporis Christi *) 29. u 
Albrecht von HoltzendorflF 2 ) mit 11 
reutern gefangen und Johann, einen 
sohn Otten von der Hage 3 ), getodtet 
haben, die mit den Quitzowen das 
land der genannten hertzogen zu be- 
rauben ausgezogenwaren; aus welchem 
genugsahm zu ersehen, obs wohlDiete- 
rich von Quitzow an der hoffhung, 
die hertzogen zu Sachsen zu iiber- 
winden, nicht gemangelt, dass den- 
noch Gott das spiel anders gekart, 
dass er in seiner hoffnung ist zu 
schanden worden. 

In diesem jahre am tage S. Johannis u. J&- 



*) Die Datirung bei Hafftiz ist die genauere und wahrscheinlich auch die seiner 
Quelle selbst. Das Frohnleichnamsfest fallt auf den 12. Tag nach dem Pfingstsonn- 
tage, also auf einen Donnerstag, die Octave danach auf den gleichen Wochentag. 
3 ) Albrecht von Holzendorf war ein Bruder Werners von Holzendorf auf Botzow (heute 
Oranienburg bei Berlin). Letzterer spielte in dem Kampfe des Burggrafen Friedrich 
•gegen die Quitzow's eine sehr zweideutige Rolle gegen Friedrich und gewahrte sogar 
dem geachteten Dietrich v. Q. eine Zufluchtsstatte in Botzow. Der Burggraf klagte 
ihn deshalb des Verraths an und confiscirte seine Guter. Vergl. Riedel, Zehn Jahre 
u. s. w. S. 185 u. fg. *) Otto von der Hagen, der Vater Johanns, wohnte auf 

der Miihlenburg zu Rhinow im Havellande und war der Nachbar Dietrichs v. Quitzow, 
seitdem dieser auf dem Schlosse Friesack wohnte. 



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Angelas. 



Hafftiz. 



69 



Hio. Diederichen von Quitzaw im schloss 
Frysack ein sohn von seiner haufs- 
frauen Elisabeth, so dess herrn Schen- 
cken von Sidaw 1 ) tochter gewesen, 
geborn, der in der tauffe ist Johannes 
genennet worden. 



Von dannen sein sie 2 ) gen TaHger- 
miind an der Elbe auff eine andere 
kindtauffe ge^ogen. Denn da hat herr 
Caspar Ganfs, edler herr zu Putlitz 3 ), 
stathalter in der alten Marck, auch 
einen son tauffen lassen. Nachdem 
aber nu diese auch zum ende gebracht 
und ein jeder nu hat wider anheim 
ziehen wollen und nun Diedrich von 
Quitzaw und Conrad von Quitzaw zu 
Hohenwalde 4 ) und der genandte Apitz 
Schenok von Sidaw in einem kahn 
gesessen und iiber die Elb schiffen 
wollen, ist das schiff oder der kahn 
untergangen, also dass Conrad von 
Quitzaw mit drey und zwantzig reu- 
tern ersoffen, Diederich von Quitzaw 
aber und Apitz Schenck von Sidaw 
sind mit den pferden aufsgeschwom- 
men. Idem. 



baptistae ist Dieterich von Quitzow hio. 
ein sohn gebohren auff dem schlosse 
Frysack von Elisabeth, seiner haus- 
frauen, einer tochter des Schencken 
zu Sydow *); der ist Johannes getaufft 
und sie haben grofsen pracht und 
hoffart auff der kindtauffe getrieben. 
Alle Quitzowen, die alda versamlet 
gewesen, mit ihren silbern giirteln, 
giildenen ketten und unaussprech- 
lichen jubiliren sind kommen gegen 
Tangermiinde, da man auch tauffen 
solte Caspar Gansens,herrn zu Putlitz 3 ), 
sohn, zu der zeit hauptmanns der 
alten Marcke. Und alfs das kind alda 
zu Tangermiinde getaufft worden, 
haben sie grofse iippigkeit mit tantzen, 
springen, handeschlagen und ander 
eitelkeit getrieben. Da das geschehen 
und ein jeder heimziehen wollen, da 
er her war kommen, sind Dieterich 
und Conradt von Quitzow zu Hohen- 
walde 4 ) und Apitz Schencke von Sy- 
dow in einem kahn oder schiff ge- 
sessen und haben iiber die Elbe fah- 
ren wollen, da ist das lachen in weinen 
und die freude in betriibnis verwan- 
delt, denn das schiff ist untergangen 
und hat Conradt von Quitzow mit 
23 reutern verseufft. Dieterich von 
Quitzow aber, weil seine stunde noch 
nicht kommen war, und Apitz Schencke 
zu Sydow sind mit den pferden aus- 
geschwummen. Solch gerichte ist aus 



*) Apitz Schenck von Sidow wohnte zu Teupitz in der Niederlausitz. 9 ) Dieses 

„sie" in Angelus Relation erhalt Bedeutung und Inhalt erst durch die von Hafftiz 
uberlieferte Mittheilung der Mark. Chronik, dass alle Quitzow's von Friesack nach 
Tangermiinde zu einer zweiten Tauffeierlichkeit gereist sind. Danach erst begreift 
es sich auch, dass Angelus von dem heimkehrenden Conrad v. Q. reden konnte, dessen 
Anwesenheit in Tangermiinde er mit keiner Silbe angedeutet hatte. *) Caspar 

Gans zu Putlitz residirte als Statthalter der Altmark im Schlosse zu Tangermunde 
nach Riedel I, 16, 37 und Supplem.-Band S. 262. Ueber das Geschlecht der Putlitze 
handelt Riedel I, 1, 268 u. fg. und: Zehn Jahre u. s. w. S. 72 u. fg. *) Conrad 

v. Quitzow, ein Bruder Dietrichs und Johanns v. Q., war Besitzer von Hohenwalde 
zwischen Mullrose und Frankfurt a. 0. 



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70 



Angelas. 



Hafftiz. 



i4io. Es ist danials bey den kindertauffen 
eine verkehrte unordnung unter de- 
nen von adel gehalten worden. Denn 
die mutter sind erst zur kirchen gan- 
gen, ehe sie die kinder haben tauffen 
lassen, und solches umb der ursachen 
willen, dass sie mit ihren freunden 
und gevattern desto besser tantzen 
und andere woltliche freude mehr 
iiben mochten. 



Gottes verhangnis iiber sie gekom- uio. 
men, denn sie haben zeitliche eitel- 
keit beliebt und geiibt Es ist auch 
bey. der . kindtauffe eine verkehrte 
ordnuiig gehalten, denn die mutter 
sind erst zur kirchen gangen, ehe 
denn die kinder getaufft wiirden. Dis 
ist keiner andern ursache halben ge- 
schehen, denn dass sie nach dem 
kindbette mit den freunden und ge- 
vattern zu tantzen und andere eitel- 
keit zu iiben desto starker und ge- 
schickter seyn mochten. 

Zu denselbigen zeiten haben die 
creutzherren des deutschen ordens 
unser lieben frauen in Preufeen in 
hoffart sich erhoben und sich auffge- 
legt wieder den herrn Vladislaum, 
konig in Pohlen. Denn der hoch- 
meister des gantzen ordens, Florentz 
von Bungien 1 ), hat dem genannten 
konige alfs in einer belagerung ge- 
sandt zweene schwerter mit blut be- 
sprenget und dabey geschrieben, dass 
er die stedte des streits und der 
schlacht anzeigen solte; welchem der 
konig also wieder geschrieben hat: 
Deine schwerdter haben wir im nah- 
men des herrnangenommen undwollen 
sie annehmen, aber die gewisse stedte 
des streits oder der schlacht konnen 
wir dir nicht anzeigen, sondern der 
allerhochste, der alle dinge schicket 
und regieret nach seinem wohlgefal- 
len, wird dich und uns mit einer 
stedte versehen 2 ). Darauff haben sie 



J ) Hochmeister des Ordens war von 1407—1410 Ulrich von Jungingen, welcher 
in der Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410 seinen Tod fand. Ein mit dem 
Datum des 8. Sept 1410 versehenes Schreiben Ulrichs von Jungingen (bei Riedel, Cod. 
d. Supplem.-Bnd., S. 258) an die mark. Stande mit schweren Klagen tiber die Rau- 
bereien, welche Dietrich v. Quitz. in der Neumark verttbt hatte, ist wahrscheinlich 
in das Jahr 1409 zu setzen. *) Ueber die symbolische Bedeutung dieser Schwerter- 

sendung des Hochmeisters, von der auch der Fortsetzer Johanns von Posilge (Hirsch 
undTOppen, Scr.Rer.Pruss.III, 316)Nachricht giebt, vergl. Voigt, Gesch. Preufs. VII, S.84. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



71 



am tage Divisionis Apostolorura im 
felde genannt Quatuor Mansorum bey 
Osterrade an der Weichsel *) feindtlich 
mit einander geschlagen, und ist so 
ein grofser fall und niederlage der 
menschen alda geschehen, dass mans 
fur eine g'ewisse zeitung gesagt, es 
waren liber 80,000 beyderseits durch 
das schwerdt gefallen; auch ist alda 
der hochmeister mit 300 ereutzherren 
und driiber jammerlich erschlagen 
worden; und der konig in Pohlen mit 
seinem bruder Witholdo, hertzogen 
zu Litthauen, bat den sieg behalten, 
also dass schier alle stadte in Preufsen 
sich an den konig gegeben und ihm 
gehuldet haben, ausgenommen das 
schloss Marienburg, das die ereutz- 
herren noch inne haben, wiewohl der 
konig dasselbe schloss auch hart be- 
lagert und trefflichen schaden dafiir 
gethan mit verwiistung der acker und 
umbhauender fruohtbahren baume 2 ). 
Also geht hinweg die gloria dieser 
welt und muss die hoffart gestrafft 
werden. 

Nun wollen wir wieder zu den 
Quitzowen kommen, welche, ob sie 



1410, 
15. Juli. 



*) Gemeint ist die Schlacht bei Tannenberg nordl. von Gilgenburg. Das Schlacht- 
feM liegt nicht bei Osterrode und dieser Ort auch nicht an der Weichsel. 2 ) Dieser 

Bericht iiber die Niederlage des Ordens ist als Bestandtheil der Mark. Chronik durch 
Angelus zwar nicht bezeugt, konnte von diesem jedoch desshalb unberucksichtigt ge- 
lassen sein, weil er sich nicht direct auf die Gesch. Brandenburgs bezieht. Auch in 
dem Breviarium gedenkt Angelus der Schlacht bei Tannenberg nicht. Hafftiz anderer- 
seits hat far den Zeitraum von 1391 bis 1420 keine andere Quelle benutzt als die 
Mark. Chronik und das Breviarium und scheint jener seinen Bericht tiber den Orden 
entnommen zu haben. Dafur spricht wenigstens die Angabe, dass der Orden die 
Marienburg noch inne habe, welche vor 1457 geschrieben sein muss, da in diesem 
Jahre die Marienburg an Polen verloren ging (vergl. Rufus bei Grautoff II, 196). 
Der Bericht kann ferner von Wust. geschrieben sein zur Orientirung des Lesers iiber 
die Verhaltnisse, welche den Orden nothigten, die Quitzow's zur Hulfe zu rufen, wovon 
Wust. im Folgenden redet. Wie dieser Chronist, so leitet auch Rufus (b. Graut. II, 
477) die Niederlage des Ordens von dem Hochmuthe der Ordensritter her mit den 
Worten: Dar behult (Wladislaw) jegen en de zege van dem hemele lichte umme der 
dudeschen brodere homudes willen, den se swarliken voren over ere armen under- 
saten, also men secht. 



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72 



Angelus. 



Hafftiz. 



1 410, Am mittwoch vor Nativitatis Mariae 
3. sept, ^t Diedericli vonQuitzaw seine reuter 
versamlet und sichvernemenlassen,als 
wollte er in Preufsen ziehen dem orden 
darein zu gute 1 ), ist aber vor Berlin 
kommen in meynung, die sache beym 
haupt anzufangen und hat den biirgern 
daselbst die kiihe und schweine ohne 
alle vorhergehende entsagung wegge- 
trieben und auf das schloss Botzaw 
gebracht 2 ). Da ihm aber die Berlini- 
schen nachgeeilet, hat er etliche todt- 
lich verwundet und sechzehen nam- 
hafftige mit pferd und waffen gofangen 
hinweg gefiihret, darunter ein fiir- 



wohl von den creutzherren angelangt mo. 
und gebehten sind, dass sie ihren 
sold nehmen und wieder den konig 
und die heiden (die mit dem sold an 
dem konige waren zu hiilffe kommen) 
dienten, so haben sie's doch nicht 
thun wollen aus furcht, dass sie alda 
solche weibische manner nicht wiirden 
finden alfs in der Marcke Branden- 
burg. In diesem jahre mittwochs zu- 
negst fur Nativitatis Mariae hat Die- 3. se P t. 
terich von Quitzow seine reuter ver- 
samlet und ein geschrey gemacht, alls 
wolte er in Preufsen ziehen *), ist aber 
durchs Berlinsche vieh verhindert 
worden, da er mit seinem heer hat 
hinziehen miissen; darum hat er in 
seinem gemiihte betracht, dass die 
wasser in der Marok fast triibe waren 
und ware ihm eine bequeme zeit, da- 
rin zu fischen; hat den raub fiir Berlin 
gehabt, kiihe und schweine ohne alle 
vorhergehende absagung weggenom- 
men und auff das schloss Botzow ge- 
fiihrt 2 ), der Berlinschen, die ihm 
wiederstandt gethan, denen das viehe 



*) Nach der Relation bei Hafftiz wurde Dietrich v. Q. vor der Schlacht bei 
Tannenberg am 15. Juli 1410 von dem Orden zu Hulfe gerufen, ohne dem Rufe Folge 
zu leisten. Nach der Schlacht, im Sept. 1410, soil er wenigstens den Plan gehegt 
haben, nach Preufsen zu ziehen. Allein durfte er hoffen, dem Orden nach dessen 
Niederlage noch etwas gegen die Polen zu nutzen? Es scheint somit, dass sein Vor- 
satz nicht sehr ernstlich gemeint gewesen sei. Im Uebrigen war auch sein Verhalt- 
niss zu dem Orden nicht das beste, denn er hatte die dem Orden zugehorige Neu- 
mark durch seine Streifereien derart verheert, dass der Hochmeister Ulrich von 
Jungingen bei den mark. Standen in einem Briefe mit dem rathselhaften Datum des 
8. Sept. 1410 (Riedel, Supplem.-Bnd. S. 258) schwere Klage uber ihn fuhrte. Der 
Hochmeister schreibt: Wir klagen euch swerlich obir Diterich von Quitzow — unsers 
hern Marggraffen von Brandenburg man, der stette und slosse inne hat in der Marke, 
als Plawe, die Nuwe Muhle (Neumtihl bei Oranienburg) und Butzow (Botzow), wie her 
wedir gliech und recht schindet, rowbet und andern grofsen schaden czuczyt unsern 
landen und undirsassen der nuwen Marke u. s. w. a ) So ganz zufalliger Weise 

scheint Dietrich v. Q. doch nicht mit Berlin in Streit gerathen zu sein, denn schon 
im Februar 1410 hatte die Stadt jenen bei Jobst aus irgend welcher Ursache ver- 
klagt (Riedel, Supplem.-Bnd. S. 257). Am 15. Sept. 1410 war der Rechtshandel noch 
lange nicht entschieden (a. a. 0. S. 258), und Jobst betraute mit der weiteren Ver- 
handlung den Bisch. Johann IV. von Lebus und Johann von Waldow. 



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Angelus 



Hatftiz. 



73 



1410. nemer maun mit namen Nickel W y n fs *) 
gewesen, welchen er mit den fiifsen in 
harte eyserne fessel jammerlich und 
schandlich als den argsten dieb und 
rauber, der doch ein ehrlicher mann 
war, setzen lassen. Difs hat er alles 
darumb gethan, damit er also, wenn 
er die Berlinischen bezwungen, mit 
den andern auch desto leichter mochte 
umbkommen konnen. Also hat er den 
Berlinischen ihre wohlthaten vergolten, 
so sie ibm zuvor vielfeltig erzeiget. 
Denn da die Quitzawen von 3 ) den 
graffenvonLindawkommenund hatten 
nu das schloss Botzaw gewonnen, ha- 
ben die Berlinischen mit hiilff Irtuuini, 
ihres probstes 4 ), dahin gearbeitet,dass 
die Quitzawen, sonderlich aber Die- 
derich, in der Marck widerumb ein- 
genommen worden auch wider den 
willen anderer stadte in der Marck 
Brandenburg. So haben sie ihn auch 
sonsten mit vielen feinen, ehrlichen 
geschencken und gaben verehret. Sie 
haben practiciret, dass die Quitzawen 
zu hauptleuten der Marck gemacht 
worden und haben Diedrichen einmal 
achtzig schock boehmischer groschen 



angehort, hat er etliche todtlich ver- 1410. 
wundt und 16 nahmhafftigen mit pferd 
und wagen gefangen mit sich hinweg 
gefuhrt. Einen, Niclas Wiese 1 ) ge- 
nannt, hat er alls einen offentlichen 
rauber oder dieb lassen mit den 
fiifsen in starcke eysern fesseln stechen 
durcheinengenanntLiibenaua) 2 ). 
Derselbige Dieterich von Quitzow 
hat gar wohl bedacht, dass vom haupte 
anzuheben; darumb hat er mit don 
Berlinischen den anfang zu streiten 
gemacht, auff dass, wo er dieselben 
unter seine gewalt und herrschaft ge- 
bracht, er auch der ander stadte in 
der Marcke desto ehe konte machtig 
werden. welche eine schone ver- 
geltung hat er den Berlinischen fur 
ihre mannigfaJtige wohlthaten gethan! 
Ist's nicht wahr? Alfs die Quitzowen 
kahmen vom 3 ) grafen zu Lindow und 
hatten das schloss Botzow gewonnen, 
wie die Berlinischen mit hiilffe Irth- 
wini, ihres probstes 4 ), practiciret und 
anschlage gemacht haben, dass zu 
stund die Quitzowen und sonderlich 
Dieterich in der Marcke wieder an- 
genommen wiirden wieder willen der 



*) B: Linde | Lubeiiau. A: Lindenau. 



*) Die richtige Lesart bietet Angelus. Nicolaus Wynfs gehorte einem in Berlin- 
K6lln ansassigen Biirgergeschlechte an. 2 ) Dass Hajidschr. B die richtige Lesart 

bietet, bezeugt ein Schreiben der Stadt Gransee an den Rath von Berlin (Fidicin, 
Beitr. II, 99), in welchem ein Rottmeister Dietrichs v. Q. mit Namen Lilbenau er- 
wahnt wird. In dem Briefe heifst es: Wy syn sere gewarnet vor Dyderikes Knechte 
Lubenowe und syne helpere. Diese namlich machten die Umgegend von Gransee 
durch ihre Raubereien unsicher. *) Dieses „von den Grafen" bei Angelus und 

das „vom Grafen" bei Hafftiz ist als ein Schreibfehler der Mark. Chronik selbst zu 
betrachten. Die Stelle enthalt namlich einen Rlickblick auf die Thaten Dietrichs v. Q. 
im Jahre 1402, als er im Verein mit den Grafen von Lindow das Schloss Botzow er- 
oberte u. s. w. Er kam damals nicht yon den Grafen v. L., sondern mit denselben 
gegen Bdtzow herangezogen, und es wird daher statt von auch mit zu lesen sein. 
Auf die irrige Lesart: von den Grafen v. L. grundet sich ttbrigens auch die von 
K16den geaufserte Vermuthung (Quitzow's I, 24), dass die Quitzow's von den Grafen 
von Lindow abstammten! *) Probst Irtwin oder richtiger Ortwin von Berlin starb 

im Jahre 1410. 



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74 



Angelus. 



Hafftiz. 



Hio. zur zehrung verschafft 1 ). Item, es 
haben ihn die fiirnembsten und rei- 
chesten in Berlin und Coin offt zu 
herrlichen pancketen geladen, dabey 
kostlicher wein, allerley seitenspiel, 
schone weiber und was dergleichen 
mehr zur freude und froligkeit dienen 
moge, gewesen; ihn auch defs abends 
mit laternen, fackeln, gesangen und 
andern ffeudenspielen zu hause be- 
leitet. Diese wolthaten und erzeigte 
freundschafften alle hat gedachter 
Diederich von Quitzaw hindan gesetzt 
und ihnen ohne scheu diesen schaden 
zugefiiget. Die ursache aber dieser 
anfeindung (wie damals unter dem 
gemeinen manne davon geredet wor- 
den) sol diese gewesen seyn, dass 
Diederich von Quitzaw dieBerlinischen 
vor hertzogen Suantiboro zu Stettin, 
zu der zeit stathaltern in der Mittel- 
marck, verklaget hette, als hetten sie 
ihm dreyzehen hundert schock boeh- 
mischer groschen verheischen, auff 
dass er sie und die andern in der 
Mittelmarck im abwesen defs marg- 
graffen Jodoci solte beschiitzen helf- 
fen, welche ihre zusage sie aber nicht 
gehalten. Hierauff der raht zum Ber- 
lin geantwortet, dass sie ihm nichts 
verheifsen. Da nun Diederich von 
Quitzaw seine anklage nicht bewehren 
noch beweisen konnen, ist der biirger- 
meister von Berlin mit zweyen aus 
dem raht von wegen defs rahts und 
der gantzen gemeine mit einem eyde 
von seiner anklage absolviret worden 



andern stadte, wie sie mit vielen 1410. 
gaben, geschencken und beforderung 
ihn gezieret haben? Wie sie ihntrao- 
tirt und practiciret, dass die Quitzowen 
zu hauptmannern der Marcke mochten 
erhaben werden. Wie sie einmahl 
ihnen hiilffe zur zehrung und expen- 
sen 80 schock boehmischer groschen 
verschafft haben? x ) Man hat gesehen, 
wie die reichen und nahmhafftigsten 
zu Berlin und Colin Dieterich von 
Quitzow zu scheinbahren 2 ) banqueten 
geladen, ihme zu ehren den tisch mit 
schonen frauen und andern seitenspiel 
gezieret; und wer ihn nicht hat konnen 
zu gaste laden, ist nicht unter den 
reichen geacht, sondern von ihrer ge- 
sellschaft ausgeschlossen. Item, es ist 
nicht genugsahm zu sagen, wie sie ihn 
mit laternen, fackeln und freuden- 
gesangen zu seiner herberge gefiihrt 
und beleit haben; wie ihm offt ein 
abend tantz mit schonen, gezierten 
jungfrauen und weibern zu ehren ist 
gehalten, und wie man ihn mit wel- 
schen wein verehrt und beschenckt 
hat; und kurtz zu sagen: was hatten ihm 
die Berlinischen mehr mogen thun, das 
sie nicht gethan hatten? Was er ihnen aber 
und den andern Marckern alien fur wie- 
dervergeltung gethan, ist aus den vorbe- 
schriebenen dingen wohl bekannt und offen- 
bahr. mein auserwehlter weingarten, 
wie ist die fleifsige und getreue arbeit, 
so an dir gewandt, so gantz und gar ver- 
lohren. Wir hatten wohl verhofft, du wur- 
dest uns sufse trauben bringen, so hastu 
uns zuletzt saure, wilde trauben und heer- 
linge gebracht 8 )! — Die ursache aber 



J ) Dies geschah wahrscheinlich im J. 1404, als Dietrich im Auftrage der mittel- 
mark. Stadte das 1402 von den Pommern eingenommene Strausberg wieder eroberte. 
In dieselbe Zeit fallt auch der Versuch der Berliner, die Quitzow's zu Beschutzern 
der Mark zu erheben, welcher jedoch an dem Widerspruche der Stadt Brandenburg, 
des Abtes von Lehnin, der Rochow's und anderer scheiterte (vergl. darub. Riedel I, 
10, 415). a ) „8cheinbar" hier im Sinne von „glanzend". *) Durch das wir 

verrath sich der Schreiber dieser Satze als ein Berliner. Die in ihnen enthaltenen 
Reflexionen sind daher als Erzeugnisse Hafftizischer Rhetorik zu betrachten. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



75 



1410. nach der regel: actore non probante 
Teus absolvitor. Darumb sol dieser 
zanck und unfried hernach unter 
ihnen erwachsen seyn 1 ). Wuster-- 
witzius. 



Im selben tausend vier hundert und 
zehenden jahr (damit ja nicbt lange 
friede im lande bliebe) am montage 
i4. sept, nehest vor Sanct Matthaitag haben 
sich Heinrich von Isenburg und Hanfs 
Trefskaw 2 ) unterstanden, Cunoni von 



alles dieses thues (wie damalfs die hi 
gemeine sage gang) ist diese, dass 
Dieterich von Quitzow dieBerlinischen 
hatte verklagt far herrn Schwantibaro, 
hertzogen zu Stettin, zu der zeit haupt- 
mann iiber die Marcke, alfs solten sie 
ihm 1300schock boehmischergroschen 
verheifsen haben , dass er sie und an- 
dere in der Neumarck beschiitzen solte 
in abwesen herrn Jodoci, marggraffen 
zu Brandenburg, welches sie ihm nicht 
gehalten. Darauff der raht zu Berlin 
geantwortet, sie hatten ihm nichts 
zugesagt, er wiirde es auch nicht dar- 
thun und erweisen konnen. Da aber 
Dieterich von Quitzow nicht konte in 
der bewehrung bestehen, ist der biir- 
germeister von Berlin mit zween aus 
dem rahte und der gantzen gemeine 
mit ^utem friede von seiner klage 
absolvirt *). 

Zuletzt, dass ja nichts wiche der 
grimmigen bofsheit und iiberall ein 
zugang ware der gefahrlichkeit, hat 
sichs begeben, dass in demselbigen 
jahre montags negst fur S. Matthaeus 14. s ep t 
tag Heinrich von Isenburg 2 ) und Jo- 



*) Wusterwitz sah die Ursache des Conflictes zwischen Dietrich v. Q. und Berlin 
in einer Geldforderung des ersteren an die Stadt; den ausschliefslichen Anlass des 
Streites aber bot dieselbe nicht. Vielmehr ergiebt sich aus einer Reihe von (leider 
datumlosen) Urkunden, welche denselben Conflict betreffcn (Riedel, Supplem.-Band 
S. 259 u. fg), dass auch der Besitz des Schlosses Kopenick einen Gegenstand ihres 
Haders bildete, nachdem die Quitzow's 1408 die Stadt Kopenick erworben hatten, an 
welche Berlin seit alterer Zeit her gewisse Anrechte geltend machen konnte. In 
einem Briefe Dietrichs v. Q. an den mark. Statthaltcr Suantibor — (geschrieben also 
1409 oder 1410) — heifst es: Ouk alz iuwe gnade scrivet umb Kopenik, dat myn 
Bruder und ik dat sullen laten stan, dat kan ik nicht dun (a. a. 0. S. 263). Am 
17. Octob. 1409 entband Dietrich zwar den Ralh und die Gemeinde zu Kopenick von 
dem ihm geleisteten Huldigungseide (a. a. 0. S. 257), scheint aber im Besitze des 
Schlosses geblieben zu sein, denn die um Vermittlung zwischen den Quitzow's und 
Berlin angegangenen Rathsleute von Brandenburg schreiben an die Berliner (a. a. 0. S. 265) : 
So uns iuwe vorsichtigkeit geschrewen und vorkundighet hefft, wu dat Dyderik van 
Quitzow ju in Ansprake unde in veyde hebben will umme des Slotes wille Copenick, 
dar wille wy — to Dyderike v. Q. gerne umme scriven. Von einer Geldforderung 
Dietrichs v. Q. an Berlin ist in den oben bezeichneten Urkk. nirgends die Rede. 
*) Heinr. v. Isenb. u. Johann v. Tresk. gehorten dem Magdeburger Stiftsadel an. 



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76 



Angelus. 



Hafftiz. 



i4io. Seyeser *) das schloss Beuten 2 ) zu 
nemen, wie auch geschehen. Und als 
sie das schloss einbekommen, haben 
sie darauff an barem gelde gefunden 
tausond und dreihundert schock boeh- 
misclier groschen ohn die silberne 
giirtel, becher und andere Heinodien. 
Darauff hajben sie aus anordnung Jo- 
hansen von Quitzow mit genanten 
Cunen tagleistung gehalten oder hand- 
lung gepflogen, darinnen geschlossen, 
dass Cuno gedachten beyden Edel- 
leuten, die ihm sein schloss abgewon- 
nen (weil rauben und stelen damals 
in der Marck die grofste kunst und 
das beste handwerck gewesen) sieben 
hundert schock boehmischer groschen 
geben solte und sie in vier nehest 
folgenden wochen versichern, solch 
geld auff bequame termin aufszu- 
richten und zu geben, alfsdenn solten 
diese zweene vom schlosse wieder- 
umb abziehen und ihm seine giiter 
wider frey iibergeben. Difs gefiehl 
Cunen von Syeser wol, sintemal er 
sich beduncken lieis, sie wiirden seinen 
heimlichen, verborgenen schatz nicht 
gefunden haben. Nam derhalben die- 
sen handel mit freuden an, gelobto 
nicht allein, sondern satzte auch Jo- 
han von Quitzaw zu biirgen, der ihm 
zusagte, dass er das schloss Beuten 
wider in seine hande iiberlieffern wolte, 
soferne er ihn schadlols hielte. Zogen 
demnach Heinrich von Isenburg und 
Hanfe Trefskaw mit frey em geleito 
Johansen von Quitzaw wider abe vom 



haun von Treschkow in friede und uio. 
unter glauben der fursten haben ge- 
wonnen das schloss Buten, in welchem 
wohnte Cuno von Zigeser 1 ) als in 
seinem erbe 2 ), und haben darauff 
gefunden 1300 schock boehmischer 
groschen ohne die silberne giirtel, 
becher und andere viel kleinoth sein 
und seiner frauen. Da sie diese beute 
bekommen, haben sie aus anstifftung 
Johans von Quitzow mit vorgenannten 
Cunen so lange getaget, dass dersel- 
bige solte genannten beyden, die sein 
schloss gewunnen, geben 700 schock 
boehmischer groschen, sie in vier 
negste wochen versichern, solch geld 
auff bequemo termin auszurichten und 
abzulegen; darnach solten die beyde 
genannten Heinrich und Johann ohne 
alien schaden seiner a) giihter frey von 
dem schlosse abziehen. Dis gefiel 
Cuno von Zigeser, denn er hoffte, sie 
wiirden seinen verhaltenen und ver- 
borgenen schatz nicht gefunden haben, 
darum eilte er, solches einzunehmen, 
setzte Johann von Quitzow zu einem 
biirgen, der ihm zugesagt, dass er das 
schloss Buten wieder in seine hande 
antworten wolte, woferne er ihn schad- 
lohs hielte. Da sie nun abzogen vom 
schlosse mit freyem und sichern ge- 
leite Johann von Quitzows, zogen sie 



a) A fehlorhaft: ihrer G liter. 

*) Seyeser oder Zigeser fttr Ziesar. 9 ) Schloss Beuthen lag eine Meile sttd- 

lich von Saarmund an der Nuthe, nicht weit von Potsdam. Das Schloss ist nicht mehr 
vorhanden, seinen Namen aber tragen noch die in der Nahe belegenen Ddrfer Grofe- 
und Klein* Beuthen. 1381 kam das Schloss durch Kauf in den Besitz des Bitters 
Uenning von Ziesar; desseii Enkel Cuno besafs aufserdem noch Neuendorf bei Bruck 
(£18den, Quitzow's III, 515). 



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Angelus. 



Hafftiz. 



77 



Hio. schlosse Beuten, kamen bifs ins stadt- 
lein Mockern, darnach zogen sie durch 
Brandenburg 1 ) mit dem wagen, darauff 
das geld lag und Hans Trefskaw, der 
am schenckel verwundet war, safs auff 
dem gelde im selbigen wagen. Da 
nun Cuno von Seyeser wider in sein 
schloss kam, fand er zwar den nest, 
aber die vogel waren aufsgenommen. 
Bekiimmerte sich demnach zum heff- 
tigsten, wie er Hans von Quitzaw 
seiner zusage nach wider frey machen 
wolle, sintemal er sich befahren muste, 
wenn Hans von Quitzaw das geld solte 
selber aufszahlen, so mochte er durch 
solche gelegenheit das schloss in seine 
gewalt bekommen, wie auch endlich 
geschehen 2 ). Also gehets, wenn man 
bifeweilen sparen und kargen wil, da 
man billiger aufsgeben und sich in 
seinen noten retten solte. Hette sichs 
Cuno von Seyeser erstlich ein wenig 
lassen kosten, hette etliche wenige 
knechte angenommen und hette ^etwa 
das halbe verlorne geld auf seine 
wolfarth angewand und were nicht 
so karg und filtzig gewesen, so hette 
er vielleicht sein schloss und geld be- 
halten, das er hernach von aufsen hat 
miissen ansehen. Wusterwitzius. 



bifs in's stadtlein Mockern durch beyde uio. 
stadte Brandenburg *) mit dem wagen, 
darin das geld lag, auf welchem Jo- 
hann von Treschkow am schenckel ver- 
wundt safs; und (als) Cuno in sein schloss 
kam, das neste zwar fandt, aber die 
vogel waren ausgeflogen, ist er sehr 
bekiimmert gewesen, wie er Johann 
von Quitzow seiner zusage nach frey 
machen wolte *). Sehet, lieben freunde, 
was ists doch, dass ein mensch alle- 
zeit beflissen ist, reichthiimer zu sam- 
leu und weifs nicht, weme er sie samlet. 
So wird er auch in nohten und ge- 
f ahrlichkeiten nicht allezeit . durch 
seinen reichthum erloset. Hatte Cune 
von Ziegeser seine sache besser in 
acht genommen und viel knechte ge- 
habt, hatte er sein schloss vieleicht 
wohl bewahrt, denn das halbe geld, 
so er verlohren, ware ihm zur be- 
wahrung genug gewesen, so hatte er 
ein frey gemiihte gehabt, geld aufs- 
zugeben. Aber was soil man sagen? 
Was zu ehren wird gespart, wird zu 
schanden oft bewart, und wie. mans 
offte gewinnt, also es auch zerrinnt 
Denn desselben Cune grofsvater und 
vater, wie mans dafiir gehalten, haben 
solch geld mit recht und unrecht ge- 



a) Handschr. B enthalt an dieser Stelle einen Satz, in welchem Wusterwitz von sich in 
der ersten Person redet: „Nun fiirchtete ich, dass Johann von Quitzow das Geld auslegen und 
mit solchem Mittel das Schloss in seinen Besitz bringen wiirde". Sehet, lieben Freunde u. s. w. 

*) Die Riickfahrt der beiden Edelleute beschreibt Angelus durchaus fehlerhaft, 
denn er denkt sioh offenbar Mockern zwischen Beuthen oder Saarmund und Branden- 
burg belegen, wahrend es sudwestlich von letzterer Stadt nahe bei Magdeburg liegt. 
Sobald die Raubritter Mockern erreicht hatten, brauchten sie mit ibrem Schatze nicht 
mehr nach Brandenburg zu ziehen. Dass iibrigens Wusterwitz selbst ihre Reiseroute 
geographisch richtig angegeben hatte, beweist der Bericht des Hafftiz, welcher die 
Edelleute auf der Fahrt nach Mockern durch die Neu- und Altstadt Brandenburg 
reisen lasst. Die Stellung seiner Worte : bis Mflckern — durch Brandenb. entspricht 
ohne Zweifel dem Wortlaute der Mark. Chron., denn sie gerade macht den von Angelus 
begangenen Fehler begreiflich. 9 ) Johann v. Q. war in der That im Besitze des 

Schlosses Beuthen bis z. J. 1414, in welchem es ihm der Burggraf Friedrich entriss. 



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78 



Angel us. 



Hafftiz. 



samlet. An iibel gewonnenen giihtern 1410. 
aber freuet sich selten der dritteerbe a ). 
Nun ist leichtlich zu ermessen, 
welche zertrennung und zerriittung 
der stadte in derMarcke die Quitzowen 
gemacht und durch solche anschlage 
und hinterlistige Practicken ihnen fast 
alle stadte unterworfen. Denn Johann 
von Quitzow hat etliche burger aus 
der neustadt Brandenburg gefangen, 
Dieterich von Quitzow aber hat ge- 
schmeichelt, gleich als hatte er mit- 
leiden mit den biirgern, und offentlich 
gesprochen, dass sein bruder Johann 
unrecht daran gethan hatte; wieder- 
umb hat Johann von Quitzow sich 
gestellt alfs ein freundt der Berlini- 
schen und der mitleyden mit ihnen 
triige, hat seinen bruder Dieterich 
darumb gestrafft, warumb er wieder 
recht und alle billigkeit ihnen solchen 
schaden gethan. Driiber hat Johann 
von Quitzow entsaget der stadtNawen; 
Dieterich von Quitzow aber hat sie 
wieder seinen bruder wollen schiitzen. 
Wiederumb hat Dieterich von Quitzow 
alien fleifs angewand, dafs Wilkinus 
von Bredow wiirde aus der Marcke 
verjagt und vertrieben. Johann von 
Quitzow aber, der zum ehelichen weibe 
hatte Agneten, eine tochter Lippolds 
von Bredow, hat ihn daran wollen ver- 
hindern 1 ). Hinwiederumb hat Johann 
von Quitzow den abtvonLenyn beleidi- 
get ; Dieterich von Quitzow aber hat fur- 
geben,dass er des klosters guter freund 
ware, hat den abt, seinen gevatter, 
mit siifsen worten gespeist und ver- 



a) In der Handschr. No. 286 dcs Nachlasses von Fr. Nicolai lautot dieser Satz lateinisch: 
de male quaesitis non gandet tertius haeres, welcher vielleicht die originale Ueberlieferung 
darbietet. 

2 ) Nahere Nachrichten ttber den Zwiespalt zwischen Johann v. Q. und Nauen, 
so wie zwischen Dietrich und Wilkin von Bredow sind nicht vorhanden. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



79 



meint, seinen bruder und das kloster uio. 
im besten zu vertragen; und also 
sind alle zei^ erbsen und brey durch 
sie in einen topff zusammen gebracht. 
Die Marcker haben ruhe und friede 
gesucht und sind von beyden par- 
they en durch die Quitzo wen verstricket ; 
sie hofften erlosung von marggraff 
Jodoco, die ihnen doch nicht ist wor- 
den, dass also des koniglichen pro- 
pheten Davids rede wahr worden, da 
er spricht, dass in den regierenden 
fiirsten, geistlichen und weltlichen 
wenig hoffnung zu setzen ist. 

Es ist auch nicht wunder, dass feinde 
dasselbe einnehmen, was der besitzer 
nicht will schutzen und erhalten. Es 
ist nicht genugsahm zu verwundern, 
warumb doch der marggraff so vielen 
und offentlichen bosen handeln und 
iibelthaten nicht wiederstanden, weils 
ihm gebiihrt und er die abnutzung 
von der Marcke gehabt, seinen beutel 
davon gefiillet und das feiste ausge- 
sogen. schande iiber schande, o 
unseeligkeit und nachlassigkeit herrn 
Jodoci, marggraffen zu Brandenburg, 
der sich solcher dinge nicht angenom- 
men und die Marcke in ihrer gerech- 
tigkeit zu beschiitzen solchen anlauf- 
fern und beschadigern sich nicht wie- 
dersetzt hat. Aber es heifst recht, wie 
man sagt: Wenn das haUpt kranck 
ist, so miissen die andern gliedmafsen 
auch trauren und wird erfullet das 
wort eines weisen: Die reuber 
freuen sich, wenn die lander zwie- 
trachtig sind. Darum was fur grofsen 
schaden und schande der Marcke 
hieraus entsprossen ist, dass marg- 
graff Jodocus so schlafferig, unfleifsig 
und nachlassig in seiner regierung 
gewesen, den krafft- und machthansen 
durch die finger gesehen und den 



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80 



Angelus. 



Hafftiz. 



Item in dem tausend vier hundert 
und zehenden jahr nach Christi ge- 
burt hat marggraff Jodocus die Marck 
Brandenburg, nachdem er dieselbige 
wohl auJsgesogen, landgraff Wilhelm 
in Diiringen, den man mit dem zu- 
namen den reichen pfleget zu nennen, 
verpfandet vor viertzig tausend boeh- 
mischer schock. Wusterwitzius 2 ). 

(Justus, Enzelius, Bertholdus und andere 
setzen diese geschicht in's 1407 jahr; aber 
solches wil sich mit den vorigen historien 
gar nicht reiimen. Doch kanns seyn, dass 
er etliche stadte und schlosser damals 
pfandweise einbekommen). 

Gedachter landgraff Wilhelm hat auff 
eine zeit zu Perleberg einen conventum 
gehalten mit konig Albrechten in Schwe- 
den, gebornen hertzog von Mechelburg 8 ) 
u. s. w. und hat sich mit ihm unterredet, 
wie man doch der grofsen rauberey, so 
in der Prignitz und im Mechelburgischen 
lande geschehe, mochte steuren und wahren. 
Da sie denn beschlossen, den offentlichen 
strafsenraubern nachzutrachten und wege 
und steige sicher zu machen. Unterdefs 
haben sich etliche rauber (ich wolte sagen 
reuter) zu Lentzen auffgemacht und haben 
ein schloss, welches konig Albrecht gegen 



Quitzowen die unterdriickung und mo. 
beschwerung seiner armen untertha- 
nen verstahtet und fur genossen hat 
lassen hinausgehen, hat leider die 
erfahrung, eine meisterin der dinge, 
genugsahm an den tag gegeben *). 



') Die Lamentationen des letzten Satzes, der im Gegensatze zu dem.vorher- 
gehenden keinerlei historische Thatsachen darbietet, halte ich fur ein Erzeugniss der 
Hafftizischen Geschichtsbetrachtung. 2 ) Ungeachtet der Berufung des Angelus auf 

Wust. muss es zweifelhaft erscheinen, ob er seine Quelle rich tig und genau wieder- 
gegeben habe, denn nicht 1410 oder 1407, sondern schon 1393 verpfandete Jobst die 
Mark an seinen Schwager, den Landgrafen Wilhelm den Einaugigen (gest. Febr. 1407). 
Von einer Verpfandung an den Neffen des Letzteren, Wilhelm den Reichen, ist 
nichts bekannt. Als Pfandsumme nennt Jobst in einem Schreiben vom 5. Dec. 1403 
(Riedel II, 3, 167) 4000 Schock b. Gr. und 9128 ungar. Gulden. 8 ) Wie Angelus 

im ersten Satze die beiden Landgrafen Wilhelm mit einander verwechselt, so auch 
in dem folgenden. Nicht der „gedachte" Landgraf Wilhelm, also der Reiche, son- 
dern Wilhelm der Einaugige schloss am 9. Dec. 1395 mit Albrecht von Schweden- 
Mecklenb. zu Perleberg einen Landfrieden auf 6 Jahre (Riedel II, 3, 126). 



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Angelus. 



Hafftiz. 



1410. sie auffgebauet, zerst&ret and alles umb- 
her verwustet. Daruber sind die herren, 
namlich kdnig Albrecht und marggraff 
Wilhelm bewogen, etlich volck auffzubieten 
in aller eile, das nach Lentzen ziehen und 
beyde, das stadtlein Lentzen und das schloss 
einnemen, auch die rauber darinn solten 
am liechten galgen hengen, wie denn auch 
geschehen. Ita dignum moribus et factis 
exitum invenerunt sagt Erantzius 1. 9 Van- 
dal, .c. 38. 

i4ii. Im tausend vier hundert und eilfften 
jahr, den 20. tag des Mertzmonats ist zu 
Brynn im Mahrlande gestorben marggraff 
Jodocus in Mahren und Brandenburg, seines 
alters im neun und achtzigsten jahr 1 ) und 
ligt daselbst im S. Thomascloster begraben. 
Weil er aber keine erben gelassen, ist die 
Marck Brandenburg widerumb an seinen 
vettern, k6nig Sigismundum in Ungern, 
kaysers Caroli vierdten sohn, erblich ge- 
fallen. 



Es sind etliche der meinung und irren 
nicht daran, dass die burggrafen zu Niir- 
renberg Gentilomen seyn von dem edlen 
geschlechte der rdmischen Columneser, 
wie auch Albertus Krantz, ein beruhmter 
historienschreiber, in sua Saxonia bezeuget, 
dass Martinus der V., bapst zu Rom unter 
dem kayser Sigismundo, aus dem edlen 
geschlechte der Columneser gewesen sey 
und die marggraffen zu Brandenburg seine 
Gentiles und Agnaten genannt habe. Der- 
halben ist offenbahr, dass diese hochldb- 
liche fiirsten ihren ursprung haben vom 
Perfrido Columna, des Petri Columnae 
Patricii und edlen romers sohn (welchen 
etliche aus dem edelsten geschlechte der 
Welphen entsprossen zu seyn vermeinen), 
welcher, alfs er verjagt, bey dem kayser 
Henrico IV. gewesen, und ihm umb sold 
gedient wieder Hildebrandum, sonsten 
Gregorium VII. , bapst zu Rom, genannt, 
von welchem er in die acht gethan und 



') Diese Angaben uber Jobst's Sterbetag und Lebensalter sind irrig und ent- 
8tamraen aus einer andern Quelle als der Chronik des Wusterwitz, in welcher wenig- 
stens der Sterbetag Jobst's im Allgemeinen rich tig uberliefert war, wie der Bericht 
des Hafftiz z. J. 1411 erweist. Jobst wurde auch nicht 89, sondern nur 59 Jahre 
alt. Jener Zahl kdnnte ein Schreibfehler zu Grande liegen, jedoch ist bemerkens- 
werth, dass auch in sonstigen alten Quellen dem Markgrafen ein hohes Alter zuge- 
schrieben worden ist. In dem Chron. Citiz. (Pistor., Script. S. 850) heifst es: Jodocus 
octogenariuB obiit. 

6 



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82 



Angelas. 



Hafftiz. 



i4ii. Nach marggraffen Jodoci todt hat konig 
Sigismundus in Ungern die Marck Bran- 
denburg vom herrn Wilhelmo, marggraffen 
in Meifsen und landgraffen in Dtiringen 
u. s. w., wider abgeloset. Darauff hat 
auch gedachter konig herrn Wen- 
den von Ilenburg ritter und herrn 
Johan von Waldaw, probst zu Berlin 3 ), 
befohlen zu versamlen alle stadte und 
die vom adel der gantzen Marck, 
seinen willen und meynung ihnen an- 
22. Mara, zutragen. Auff den sonntag Laetare 4 ) 
sind die vom adel und stadten zum 
Berlin zusammen kommen, da sie er- 
melte herrn, der von Ilenburg und 
Waldaw, gefraget, ob sie herrn Sigis- 
mundum, den konig in Ungern, fur 



verjagt war, und wieder Rodolpfcum, derail. 
Schwaben erwehlten konig. Derselbe, alfs 
er anno Christi 1080 erstlich zum grafen 
in Schwaben gemacht und ein schloss ge- 
bauet, von seiner vaterlichen stadt Zacha- 
rolo, welches hernach zerbrochen, Zollern 
ist genannt, haben von ihnen (sic) die an- 
dern graffen zu Zollern und folgends die 
burggraffen zu Nurrenberg ihren ursprung 
und Abkunfft bekommen 1 ). 

Anno Christi 1411 am freytage " J « 
negst fur S. Antonii des beichtigers 
tag 2 ), alfs marggraffJodocus zu Bran- 
denburg zu Briinn in Mahren von 
dieser welt abgeschieden, ist die Marcke 
wieder gefallen an den herrn Sigis- 
mundum, konig in Ungarn, kayser 
Caroli IV. sohn, welcher in die Marcke 
geschickt hat herrn Wenden von*) 
Ilenburg ritter und herrn Johann 
von Waldow, probst zu Berlin 8 ), zu 
versamlen die stadte und den adel 
der gantzen Marck, seinen willen und 
meinung ihnen anzuzeigen und fiir- 
zutragen. Dieselben haben sich alle 
versamlet zu Berlin sonntags fur 
Laetare 4 ) und alle und jede in son- is. i* 



a) A irrthiimlich: und. 



*) Die in den Forsch. XVII, 556 geaufserte Meinung, dass dieser genealogische 
Excurs von Wusterwitz selbst herrUhre, wage ich doch nicht aufrecht zu erhalten. 
Zu derartigen gelehrten Untersuchungen iiber die Herkunft des Zollernschen Geschlechtes 
konnte ein Anlass erst gefunden werden, nachdem dasselbe einige Menschenalter hin- 
durch die Mark mit Erfolg regiert hatte, aber noch nicht zu Wusterwitz 1 Zeit, als der 
Burggraf Friedrich eben mit der Regierung des Landes betraut worden war. Dass 
die Genealogie ubrigens durchaus fabulos ist, braucht kaum hervorgehoben zu werden. 
*) Jobst starb am 17. Jan. 1411, in die St. Antonii nach dem Chron. brev. Boem. b. 
Palacky III, 261. Die Angabe bei Hafftiz ist nur darin ungenau, dass 1411 der An- 
toniustag selbst ein Freitag war (Riedel, Zehn Jahre, S. 18 und 324). Die Magdeb. 
Schdffenchron. z. J. 1411 nennt unrichtig als Todestag den 20. Jan. (Sebastianstagl 
Schon in ein em Schreiben vom 21. Jan. 1411 gedenkt Sigismund des Ablebens seines 
Vetters Jobst. *) Wendt von Ileburg stammte aus einem niederlausitzischen Adels- 

geschlechte; Johann von Waldow war 1410 auf Ortwin als Probst von Berlin gefolgt. 
Yon einer Einldsung der von Wilhelm von Meifsen verpfandeten Mark, von der Angelas 
allein redet, ist urkundlich nichts bekannt. 4 ) Die Berufung der mark. Stande 

nach Berlin setzt die Magdeb. Schdffenchron. z. J. 1411 auf den Sonntag in den Mitt- 
fasten (Sondach Mydvastens), welcher entweder der Sonntag Oculi oder Laetare sein 
kann. Angelus nennt den letzteren, Hafftiz mit „Sonntag fur Laetare" den ersteren. 
Der Sonntag Oculi war der 15. Marz, der Sonntag Laetare der 22. M&rz. Daa richtige 



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Angelas. 



Hafftiz. 



83 



i4ii. einen rechten erben derMarck Bran- 
denburg erkennen und annemen wol- 
ten, dariiber sie alle erfreuet worden 
und samptlich mit einem munde be- 
kennet haben, dass sie keinen andern 
erbberrn wiisten, denn den genandten 
konig in Ungern, und weren daneben 
der trostlichen hoffhung und zuver- 
sicht, dass durch sein gut regiment 
die Marck, so eine lange zeit in krieg 
und irrung geschwebet, und mit herr- 
schaft iibel were versorget gewesen, 
widerumb zu friede und gutem stande 
kommen wiirde. Sind auch nicht lange 
hernach herr Caspar Ganfs, edler herr 
zu Putlitz, damals stathalter in der 
alten Marck, und von den furnembsten 
stadten gemeyniglichzwopersonengen 
Ofen in Ungern geschickt worden, die 
huldigung zu thun *), da er denn alle 
ihre privilegia undalte gerechtigkeiten 
mit seinen brieffen und siegeln (wie 
auch der Straufsbergischen freytags vor 

. Juii. Sanct Ulrich 8 )) confirmiret und beste- 
tiget. Darnach haben sie ihm gehul- 
diget mit fleifsiger, demiitiger bitte, 
dass er die Marck personlich ersuchen 
und von der gewaltsamen gewalt und 
beschwerung erlosen wollte. Dis hat 
er ihnen zugesagt; sobald er nur 
defs reichs sachen, dazu er erwehlet 
were, bestellet hette, wolte er denn 
personlich kommen und besehen, wie 
die Marcke belassen were; wolte 
auch unterdefs einen von seinen 



derheit gefraget, ob sie herrn Sigis- mi. 
mundum alfs einen rechten erbherrn 
der Marcke erkennen und annehmen 
wolten. Da haben sie einmiithiglich 
geantwortet, dass sie keinen andern 
erbherrn wiisten, alfs- den hochge- 
dachten konig in Ungarn; sind alle 
erfreuet von solches herrn wegen in 
hoffhung, dass durch sein lobliches 
regiment die Marcke, so eine lange 
zeit in irrung, unruhe und krieg ge- 
schwebt, nunmehr zu friede, ruhe 
und guten zustandt kommen wiirde. 
Darauff sind etliche vom adel und 
sonderlich Caspar Ganfs, herr zu Pute- 
litz, der die alte Marcke dazumahl 
alfs ein verweser inne hatte, und von 
den fumemsten stadten zweene gegen 
Ofen in Ungern geschickt, dem ge- 
meldten konige huldigung zu thun *), 
welcher ihnen alle ihre privilegien, ge- 
rechtigkeiten und altelobliche gewohn- 
heiten mit 9einen siegeln und brieffen 
confirmirt und bestiitigt hat. Dar- 
nach haben sie ihm huldunge gethan 
mit fleifsiger und demiitiger bitte, 
dass er personlich die Marcke selbst 
besuchen und von ihrer bedrengnis 
und beschwerunge erledigen wolte, 
denn dies ware aller hochliches und 
hertzliches begehren. Darauff hat er 
verheifsen, dass er des reichs sachen, 
dazu er erwehlt, zuvor wolte verrichten 
und alfsdann in eigener persohn kom- 
men und sehen, wie die Marcke ge- 



Datum (iberlieferte ohne Zweifel Angelus, denn wenn Wusterw. den Sonntag Oculi 
gemeint hatte, warum nannte er ihn nicht mit seinem Namen, warum: Sonntag vor 
Laetare? 

*) Nach der Magdeb. SchOffenchron. z. J. 1411 sollten die mark. Stande sich zur 
Huldigung bei Sigismund am 1. Mai einfinden. Ihre Riickkebr erfolgte nach derselben 
Quelle um den Jacobi-Tag (25. Juli). a ) Diese Notiz entnahm Angelus nicht der 

Mark. Chronik. Wahrscheinlich hat ihm die Bestatigung der Privilegien seiner Vater- 
stadt durch Sigismund im Originale vorgelegen. Dieselbe findet sich abgedruckt bei 
Riedel I, 12, 81. 

G* 



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84 



Angelus. 



Hafftiz. 



nil. fiirnembsten rah ten schicken 1 ), dev 
mit vorsichtigen leuten die Marck 
widerumb zu gutem wesen bringen 
solte. Auff gute vertrostung sind sie 
auch wider anheim komen. Es ist 
aber wenig hiilffe darauff erfolget, 
8ondern die Marck ist in ihrem jam- 
mer und elende immer fort blieben, 
wiesie zuvorgewesen 2 ). Wusterwitzius. 

1412. Im tausend vier hundert und zwolff- 
ten jahr nach Christi geburt umb 
24. juni. Sanct Johannis Baptistae tag 3 ) hat 
konig Sigismundus in Ungern, der 
auch sonst romischer kayser gewesen, 
herrn Friderich, burggraffen zu Niirn- 
berg, in die Marcke geschickt und 
dieselbe ihm als einem stathalter 
zu regieren befohlen. Als mr der- 
selbe mit freyem, sichern geleite der 
herrn Rudolphi 4 ) und Alberti, hert- 
zogen zu Sachsen, in die Marck umb 
gedachte zeit ankommen, hat er alfs- 
bald alien adel und die von den 
stadten in der neuen stad Branden- 
burg versamlet und ihnen defs kay- 
sers brieffe vorgelegt, dass sie ihm 



lassen ware und umb sie stiinde, un. 
wolte ihnen auch mitler veile einen 
von seinen herren herschicken 1 ), der 
mit weisen raht und fursichtigkeit 
solte helffen die Marcke zu guten 
wesen bringen. Auflf solche gute ver- 
trostunge sind siewiederheimkommen. 
Aber wenig hiilffe ist darauff erfolgt 
und ist die Marcke im elende ge- 
blieben 2 ), bifs er anno Christi 1412 1412. 
umb S. Johannis baptistae tag 3 ) end- 24. jui. 
lich geschickt hat herrn Friederich, 
burggraffen zu Nurrenberg, der ist 
mit freyen geleite Rodolphi 4 ) und 
Alberti, hertzogen zu Sachsen, in die 
Marcke kommen; ja Gott hat, durch 
bitte der armen bewogen, ihn alls 
von der hohe hergesandt, .welcher, da 
er nun den zustandt der Marcke, un- 
ertragliche gewalt und mannigfaltige 
unterdriickung der armen vernommen, 
hat er alien adel und stadte in der 
neustadt Brandenburg versamlet, den 
willen des herrn koniges Sigismundi 
fiirgetragen mit koniglichen brieffen, 
dass sie ihm alfs einem obersten ver- 



^ SchoD am 8. Juli 1411 ernannte Sigismund den Burggrafen Friedrich von 
Nurnberg zum Verweser der Mark Brandenburg (Riedel II, 3, 178). Ueber die Mo- 
tive, welche ihn dabei leitejten, so wie ttber die Grundlosigkeit der alten Ansicht, 
Sigismund habe die Mark Br. fur 100,000 ungar. Gulden an Friedrich verkauft, 
vergl. RiedeFs kritisches Werk: Zehn Jahre aus der Gesch der Ahnherren des Preufs. 
Konigshauses, S. 24 u. fg. und v. Ranke, Genesis des Preufs. Staates I, S. 83 u. fg. Fried- 
rich seinerseits, durch Reichsgeschafte an der sofortigen Abreise nach Brandenburg 
verhindert, ernannte am 21. Juli 1411 Wend von Ileburg zu seinem Unterhauptmann 
in der Mark Br., (v. Raumer, Cod, dipl. Br. I, 44). a ) Wend von Ileburg fand gar 

keine Anerkennung in der Mark. Ein Theil der Stadte betrachtete nach wie vor 
Suantibor von Pommern als Landeshauptmann, der Adel aber kummerte sich um diesen 
so wenig wie um jenen, sondern setzte ungestort seine Raubereien im Lande fort. 
Vergl. uber die Zustande dieser Zeit Riedel, Zehn Jahre, S. 56 u. 61—65. Auch ein 
eindringlicher Befehl Sigismunds an die Stadte, Wend von Ileburg gehorsam zu sein 
(Riedel II, 3, 192), ftthrte nicht zum Ziele. 8 ) Am 16. Juni 1412 war der Burg- 

graf zu Blankenburg am Harz und am 21. oder 22. Juni zog er in die Stadt Branden- 
burg ein (Riedel, Zehn Jahre, S. 65 und 66). 4 ) Mit Rudolfs Tochter Barbara 
war Friedrichs altester Sohn Johann am 25. Aug. 1411 verlobt worden (Riedel II, 3, 
184). Aufser den Herzogen von- Sachsen gehdrten auch zwei Grafen von Schwarzburg 
zu Friedrichs Begleitern (Riedel, Zehn Jahre, S. 66). 



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Angelus. 



Hafftiz. 



85 



i4i2. alfs einem oberstou hauptman und 
vorweser der Marck Brandenburg hul- 
digen und getreu zu seyn angeloben 
solten bey einer gewissen summa gel- 
des, im kayserlichen brieffe ausdriick- 
lich benennet alfs 100,000 ungerische 
gulden *) und von ihm nicht abweichen 
solten, bife solche summa ihm oder 
seinen erben gantz vergniiget und 
bezalet were. Hierauff baben die 
meisten vom adel und die von stadten 
mit auffgerichten fingern ihre huldi- 
gung gethan auff nachfolgenderweise: 
Wir schweren und huldigen berrn 
Sigismundo und seinen erben, marg- 
graffen zu Brandenburg, eine rechte 
erbhuldigung und huldigen und schwe- 
ren herrn Friderichen und seinen 
erben, burggraffen zu Niirnberg, eine 
rechte huldigung zu seinem gelde nach 
aufsweisung seiner brieffe getreue, ge- 
wehre und gehorsam zu seyn ohn ge- 
fehrde, alfs uns Gott helffe und die 
heyligen 2 ). 

Etliche aber von der ritterschafft 
und sonderlich herr Caspar Ganfs, 
edler herr zu Putlitz, die Quitzawen, 
Wichard von Rochaw, Joachim von 
Bredaw 3 ) und der gantze adel im 
Havellande sein zuriick getreten und 



weser und hauptmann der Marck hul- 1412. 
den und gehorsahm seyn solten, bey 
einer summa geldes in den brieffen 
specificirt, nemlich 100,000 ungarische 
gulden 1 ), und von ihme nicht ab- 
weichen, bifs solche summa geldes 
ihme und seinen erben gantz ver- 
gniigt und bezahlt ware. Auff solche 
brieffe und furgeben haben die stadte 
bald die huldunge gethan und mit 
auffgerichten fingern, ihm getreu, huldt 
und gehorsahm zu seyn geschworen. 



Etliche aber vom adel, zuvoraus 
die Quitzowen, Caspar Ganfs, herr zu 
Putelitz, Wichart von Rochow und 
Achim von Bredow 3 ) mit ihrem An- 
hange sind zuriickgetreten; denn sie 
hatten sich mit einem eyde verbun- 



*) Die Summe von 100,000 ungar. Gulden giebt auch die Urk. Sigismunds (Riedel II, 
3, 178) an. Sie war kein von Friedrich dem Konige Sigismund gezahltes Kaufgeld, 
sondern derjenige Betrag, den dieser jenem zu zahlen hatte, wenn er die Mark Br. 
zurucknehmen wollte, nachdem Friedrich dieselbe in einen guten Zustand gebracht 
und namentlich die verpfandeten Landeseinkunfte eingelost haben wurde. Mit jener 
Summe sollten also Friedrichs baare Auslagen ersetzt und zugleich seine personlichen 
Bemuhungen um die Mark belohnt werden. a ) Nach einer Notiz des alten Bran- 

denburger Stadtbuches fand die Huldigung am 10. Juli 1412 statt. Auch der Wort- 
laut des Huldigungseides ist in diesem Buche mitgetheilt und zwar in vollkommener 
Uebereinstimmung mit der von Angelus uberlieferten Fassung desselben. Er ist ab- 
gedruckt bei Riedel II, 3, 195. 8 ) Die Magdeb. Schoffenchr. z. J. 1412 nennt 

unter den widersetzlichen Edelleuten auch die von Holzendorf; ferner befahl Sigis- 
mund den „Mannen" auf dem Barnim und auf dem Glyn in zwei besonderen Urk. 
(Riedel II, 3, 198) noch am 12. Aug. 1412, dem Burggrafen zu huldigen; der Adel 
der Altmark und der Priegnitz endlich entzog sich dem Huldigungseide ganzlich; so- 
mit scheint fast der gesammte mark. Adel in Opposition gegen den Burggrafen ge- 



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86 



Angelus. 



Hafftiz. 



H12. haben sich der huldigung geweigert. 
Doch sind die im Havelland dennoch 
durch herrn Heinrich Stich, dem abt 
zu Lehnin, unterwiesen und dahin 
bewogen worden, dass sie eintrach- 
tiglicb gen Berlin kommen, ihre hul- 
digung gethan und sich der andern, 
bey denen sie zuvor wider den herrn 
burggraffen gestanden, gemeinschafft 
geeufsert. Wusterwitzius. 



den, wieder den herrn burggraffen 1412 
bey einander zu stehen; derowegen 
haben sie sich der huldung geweigert 
und verachtlichen gesprochen: Es ist 
ein tandt von Nurrenberg, wir wollen 
zuvor zu unsern erbherren, dem ko- 
nige in Ungern, schicken und alfso 
mit ehren thun, wafs wir wollen. 
Denn sie furchteten den loblichen 
fursten herrn Friederichen, dass er 
alfs ein liebbaber der gerechtigkeit 
die beschwerung und unterdriickung 
der armen leute nicht leiden wiirde; 
schickten derowegen aus Petrum 
Grochwitz Notarium mit befehl zu 
dem konige von Ungern, dass er ihnen 
heimlich wieder antwort einbringen 
solte 1 ). Und wiewohl gemeiniglich 
der gantze adel im haveUande durch 
die Quitzowen verfurt, sind sie doch 
herrn Friederich durch unterweisunge 
herrn Henrici Stich, abts zu Lenin, 
zugebracht, dass sie eintrachtig kom- 
men und der Quitzowen gunst hindan 
gesetzt, zu Berlin die huldung gethan 
haben. 

Da nun der genannte herr Friede- 
rich sahe, dass er wenig folge und 
hiilffe hatte und die Quitzowen mit 
ihrem anhange stoltz und machtig 
waren, hat er alfs ein weiser und ver- 
standiger furst die andern von adel 
und stadte an sich gezogen mit 
mancherley freundlichen und gna- 
I digen erzeigen, hat sie offte zu gaste 



standen zu haben. Nicht Adel und Stadte, wie Angelus berichtet, sondern nur die 
Stadte, wie Hafftiz angiebt, waren also in Brandenburg zur Huldigung bereit. 

J ) Die Sendung dieses Notars erfolgte durch Caspar Gans zu Putlitz auf Beschluss 
einer Versammlung der altmark. und priegnitz. Stande (Riedel, Zehn Jahre, S. 70). 
Riedel erklarte diesen Beschluss fur einen Act offenen Ungehorsams, namentlich seitens 
des Caspar Gans z. Putl. Allein so ganz klar und zweifellos waren die Anordnungen 
Sigismunds hinsichtlich der Mark nicht, um eine solche Sendung tiberfltissig zu 
machen, denn nachdem 1411 der Burggraf zum obersten Verweser und Wend v. He- 
burg zum Unterhauptmann der Mark erhoben worden waren, bestellte der Konig — 
was eigentlich nur dem Burggraf en zukam — noch zu Michaelis 1411 Caspar Gans 
z. P. zum Hauptmann der Priegnitz (Riedel I, 3, 412) mit einem Gehalte von 100 Schock 
b. Gr. Wie leicht konnten daher Zweifel entstehen, ob letzterer konigl. oder burg- 
graflicher Beamte und hinsichtlich der Priegnitz Wend v. Ileb. neben- oder unter- 
geordnet sei. Dass iibrigens auch Motive des personlichen Ehrgeizes das Yerhalten 
des machtigen Edelmannes gegen Friedrich bestimmten , soil nicht in Abrede gestellt 
werden. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



87 



1412. Die Quitzawen haben in diesem 
jahr ein verbiindnufs gemacht mit den 
beyden hertzogen zu Stettin, Ottone 
und Casimiro gebriidern, wider burg- 
graff Friderichen von Niirmberg, da- 
mals stathalter in der Marck Bran- 
denburg, und haben so viel zu wege 
gebracht, dass die hertzogen am vier 
24. octob. und zwantzigsten tage Octobris, wel- 
cher ist gewesen der tag S. Colum- 
bani, wider den burggraffen feindlich 
gezogen und auff dem thamme zu 
Kremmen ernstlich gestritten haben; 
da denn unter andern auch umb- 
kommen graff Johannes von Hohen- 
lohe 2 ) sampt zweyen rittern, alfs 
Krafft von Leutersheim und Philip 
von Utenhofen 3 ), dariiber burggraff 



geladen, auch die Quitzowen fur an- 1412. 
dern fiirgezogen und geehrt, ob er 
vieleicht ihre feindseelige gemiihter 
hiedurch erweichen, brechen und zur 
huldung bewegen mochte; und wie- 
wohl er ihnen alles gutes thate, alfs 
er immer zu thun vermochte, haben 
sie doch ihre hinterlist und falschheit 
wieder ihn nicht gelassen, sondern 
mancherley reuberey durch ihr ge- 
sinde verhenget, sich auch rait biich- 
sen, schantzgraben und anderer krie- 
gesriistung gefast gemacht, auff dass 
sie den genannten herrn Friederich 
erschrecken, die Marcke verleiden 
und ihn daraus verjagen mochten. 
Sie haben auch herren Otten und 
Casimir, hertzogen zu Stettin, nach 
absterben ihres vaters Schwantibari *), 
beredt, dass sie in demselbigen jahre 
den 24. Octobris feindtlichen mit ge- 
wapneter hand wieder herrn Friede- 
rich gezogen und im kremmischen 
tham feindtseelig gestritten haben, 
in welchem streit der edle herr Jo- 
hann, graff zu Hollach 2 ), mit andern 24. octob. 
zween rittern, alfs Krafft von Leuters- 
heim und Philips vonUchtenhagen 3 ), 
sind erschlagen, umb welcher todt 



*) Suantibor starb erst im folgenden Jahre 1413, nahm aber persdnlich an dem 
Gefechte bei Kremmen keinen Antheil. Seine Sflhne waren Otto II. und Kasimir VI. 
von Stettin. a ) Hollach oder auch Holloch ist eine im Mittelalter ubliche Schreib- 

weise fur Hohenlohe. Sie findet sich unter anderen auch in den Konigssaal. Ge- 
schichtsquell., herausgegeb. v. Loserth in d. Font. rer. Austr. I, 8, S. 305. 8 ) Die 

Lesart Uchtenhagen statt Utenhofen ist ein arger Missgriff des Hafftiz, denn die 
Uchtenhagen waren ein markisches Adelsgeschlecht, der Ritter Phil, von Utenhofen 
aber stammte aus Franken und war erst mit dem Burggrafen in die Mark gekommen. 
Er starb wahrscheinlich, bei Kremmen verwundet, am 28. Octob. 1412 und wurde 
sammt Johann v. Hohenlohe in der Kirche des grauen Klosters zu Berlin begraben. 
Ein dem ersteren gewidmetes Grabdenkmal* dessen Inschrift Angelus (Ann. March. 



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88 



Angelus. 



Hafftiz. 



ui2. Friderich sampt seinem gantzen hofe 
nicht wenig bekiimmert worden 1 ). 
Wusterwitzius. 



der gemeldte herr Friederich nicht ui2. 
wenig bekiimmert und mit seinem 
gantzen hoffe betriibt ist gewesen 1 ). 
Da aber der lobliche furste gesehen, 
dass durch seine giihte die Quitzowen 
nicht gebessert, sondern jemehr und 
mehr mit ihrem anhange ihr bofshaff- 
tiges gemiiht wieder ihn ausgossen, 
hat er alfs ein giitiger beschiitzer und 
beschirmer seiner armen unterthanen 
einen grofsen muth a ) und mannlich 
hertz gefast in gott dem herren und 
mit raht frommer herren bedacht und 
berahtschlagt, wie er die Marcke, die 
auff so mancherley weise durch die 
Quitzowen und ihrem anhange be- 
schwert, rahten und helffen mochte* 
Und anfanglich hat er wohl und weifs- 
lich bedacht, dass freundtschafft und 
vereinigung mit den benachbahrten 
fiirsten und herren nicht eine geringe 
hiilffe hierzu seyn wiirde; derhalben 
er sich mit ihnen zu befreunden hoch- 
lich beflissen und also durch ver- 
einigung derselben bundtnis einen 



a) A bundt; die Lesart muth iii dem Autographum b. Riedel IV, 1, 51. 

S. 190) angiebt, ist noch vorhanden und beschrieben von J. J. Bellermann.im Programm 
d. grauen Klosters 1823, S. 30. Das Denkmal Philipps v. U., das nicht mehr existirt, 
wurde noch von Angelus gesehen und a. a. 0. beschrieben. 

J ) Die Begegnung des Burggrafen mit den Pommern am Kremmer Damme hat 
Riedel (Zehn Jahre, S. 108 u. fg.) mit einem Aufwande von grofser Gelehrsamkeit 
zu einem unbedeutenden Ereignisse abzuschwachen gesucht, indem er annahm, Fried- 
rich sei dort ohne Truppen und nur mit einem „rittermafsigen Gefolge" deu Pommern 
entgegengetreten und Joh. v. Hohenlohe wahrscheinlich meuchlings ermordet. Dem 
gegeniiber hat Voigt in den Mark. Forsch. VII, 224 u. fg. Wusterwitz' Bericht von 
einem ernstlichen Kampfe, wie Angelus angiebt, aufrecht erhalten unter Hinweis 
auf die Urk. bei Fidicin, Beitr. II, 177, aus welcher hervorgeht, dass Berlin -Kolln 
sein Truppencontingent zu dem Zuge nach Kremmen gestellt hatte. Es sei daher an- 
zunehmen, dass auch noch andere Stadte dasselbe gethan hatten und somit der Burg- 
graf nicht blofs mit „rittermafsigem Gefolge" gegen die Pommern gezogen sei. Es 
kommt hinzu, dass auch der Erzbischof Gunther von Magdeburg, wie Riedel selbst 
wusste (Cod. dipl. II, 3, 306 und Zehn Jahre, S. 351), auf Seiten Friedrichs bei Kremmen 
stand, und der wird nicht blofs allein, sondern ebenfalls mit einem Gefolge, und ware 
es auch nur ein „rittermafsiges" gewesen, zu Felde gezogen sein. — Andererseits 
macht Riedel es sehr wahrscheinlich, dass die Quitzows selbst nicht an dem Kampfe 
bei Kremmen betheiligt waren. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



89 



festen zaun der beschirmung gemacht 1412. 
und urn die Marcke gezogen. 

Der kayser Sigismundus hat zu- 
wegen bracht, dass hertzog Rodolphus 
zu Sachsen seyne tochter fraulein 
Barbara hat vertrauet herrn Johansen, 
demsohueherrnFriederichs desburg- 
graffen *). Auch hat herr Friederich 
seine tochter Caeciliam zugesagt herrn 
Wertschlaff, dem sohne herrn Bar- 
nyms, hertzogen zu Wollgast. Er hat 
sie aber nicht zur ehe genommen, 
sondern kt von der zusage abgestan- 
den und die schwester herrn Erichs 
zu Sachsen und Lauenburg genom- 
men 2 ). Gleichergestalt hat herr Frie- 
derich mit dem ertzbischoff zu Mag- 
deburg, deme die Quitzowen in seinem 
lande grofsen schaden zugefugt, und 
mit dem hertzogen zu Meckelburg, 
fursten der Wenden und endlich mit 
vielen anderen graffen und von adel 
sich befreundet und vereiniget 8 ). 

Da nun dieser zaun also ist be- 
festiget, so hat sich dennoch der hoch- 
lobliche furst herr Friederich aus be- 



*) Sigismund selbst verschrieb den Verlobten eine Mitgift von 50000 Gulden und 
setzte zum Unterpfande dafur die Stadte Potsdam, Trebbin, Saarmund, Plaue, Mitten- 
walde, Brietzen und Belitz (Riedel II, 3, 184). a ) Diese Angabe ist sehr incorrect. 

Am 19. Nov. 1413 verlobte zu Neu-Buppin der Burggraf seine Tochter Margarethe, 
nicht Caecilia, mit dem jungen Sohne Herzogs Wartislaw VIII. von Pommern -Wolgast 
(Riedel II, 3, 208 und: Zehn Jahre u. s. w. S. 178). Beide Verlobte standen noch im 
Kindesalter und der junge Wartislaw starb friih. Dagegen wurde Friedrichs Tochter 
Caecilia am 19. Juni 1413 mit Albrecht V. von Mecklenburg-Schwerin verlobt (v. Raumer, 
Cod. dipl. 1, 54), die Vermahlung jedoch nicht vollzogen. Caecilia heirathete 1423 
den Herzog Wilhelm d. Aelt. v. Braunschw.-Calenb., wie Hafftiz selbst z. J. 1423 an- 
giebt. Albrecht V. endlich heirathete in demselben Jahre Caeciliens Schwester 
Margarethe. *) Mit Gunther v. Magdeb. schloss Friedrich am 19. Sept. 1412 zu 

"Wittenberg ein Bundniss auf 2 Jahre unter Vermittlung Rudolfs von Sachsen und 
Bernhards v. Braunschw.-Luneb. (^Riedel II, 3, 200 u. fg.). Graf Albrecht von Anhalt 
versprach damals, sich wenigstens von den Quitzow's zu trennen, mit denen er bis 
dahin verbundet gewesen war (Riedel, Zehn Jahre S. 101 u. 349). Die Herren von 
Werle — die Fursten der Wenden — gewann Friedrich um dieselbe Zeit durch das 
Anerbieten eines Jahrgehaltes fttr seine Sache (a. a. 0. S. 130). Unter dem mark. 
Adel traten auf Friedrichs Seite Johann v. Bieberstein, Herr zu Storkow und Beeskow, 
Johann von Torgau zu Zossen, Albrecht Schenk von Landsberg, Johann und Friedrich 
v. Schlieffea zu Baruth bei Berlin. 



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90 



Angelus. 



Hafftiz. 



i4i3. Im selben tausend vier hundert und 
dreyzehenden jahr hat der . lobliche 
furst, burggraff Friderich von Niirn- 
berg, damals stathalter in der Chur 
Brandenburg, das raubschloss Trebin 
belagert, das zur selben zeit innen 
hatten Friderich, Heinrich und Jo- 
hannes gebrudere, sohne herrn Chri- 
stopffels von Maltitz, der das ge- 
nandte schloss von herrn Johann von 
Torgaw, alfs einem hauptmann der 
hauptmannschafft Britzena, vor drey 
hundert schock bohmischer groschen 
in versatzung genommen und ihm 
verschreibung gegeben, dass er ihm 
solch schloss wider einreumen wolte, 
wenn ihm solche aufsgezalte summa 
widerumb erlegt wiirde. Es haben 



1413, 
2. Febr. 



sonderer gutigkeit seines heroischen 1412. 
gemiihts nicht bald alsofort wollen 
rechen und an den Quitzowen und 
ihrem anhange seinen schart aus- 
wetzen, sondern hat ihnen geraume 
zeit gelassen, sich zu erkennen und 
zu bessern, hat sich auch giitig und 
gnadig gegen ihnen erzeigt, ob er sie 
hiedurch gewinnen mochte. 

Anno Christi 1413 umb purificationis 
Mariae ist die durchleuchtigste furstin, 
frau Elisabeth, die schone genannt, des 
hertzogs zuBaiern tochter, zu ihrem hertz- 
liebsten gemahl, herrn Friederich burg- BreTiirinm 
graffen, mit ihren freulein und frauenzim- 
mer mit furstlicher zier und herrlichkeit 
von Nurrenberg gekommen, unlangst dar- 
nach empfangen und umb St. Elisabeth i»- »«▼• 
tag im schlosse Tangermunde einen jungen 
herren gebohren, der in der h. tauffe auch 
Friedrich genannt ist 1 ). 

Da nun der hochloblichc furst herr 
Friederich mit den umbliegenden 
fursten und herren freundtschafft be- 
festigt und sich also gestarckt hatte, 
hat er das gasthuttlein abgelegt und 
wieder die ungehorsahmen rebeUen 
und widerspenstigen auffwickler zu 
seeliger erledigung und befreyung der 
Marcke angefangen, sich ernst und 
gestrenge zu beweisen; hat erstlich 
das schloss Trebbin umblegt, welches 
zu der zeit inne hatten Fritze, Hein- 
rich und Hans gebruder, herrn Chri- 
stoffels von Maltitz sohne, welcher 
das genannte schloss von herrn Jo- 
hann von Torgau, alfs von einem haupt- 
mann der (die) «) hauptmannschafft 
Brietzen, fur 300 schock behmischer 



a) Dieses die in A und in dem Autograph um bei Riedel IV, 1, 52 beruht auf einem 
Missverstandniss und ist zu til gen. 

l ) Diese Stelle hat Angelus Ann. S 190 nur mit der Bezeichnung Breviarium 
und Marchia Autoris versehen und ohne Hinweis auf Wusterwitz gelassen. Es ist 
daher sehr wahrscheinlich, dass Hafftiz die Nachricht uber die schdne Else dem 
Breviarium entlehnte. Die Bemerkung „und unlangst empfangen", die im Sinne einer 
sexuellen Empfangniss zu nehmen ist, nndet sich bei Angelus jedoch nicht. 



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Angelas. 



Hafftiz. 



9 



Hi3. sich aber gemelte drey briider auff 
die Quitzawen, die damaJs sehr mech- 
tig in der Marck gewesen, verlassen 
und haben nachmals solch scbloss 
nicht widerumb abtreten wollen. Dero- 
wegen hat es hochermelter furst (wje 
vor gesagt) belagert und in zweyen 
tagen gewonnen. Marchia Autoris 2 ). 



Im selben jahr hat herr Caspar 
Ganfs, edler herr zu Putlitz, herrn 
Henningo, dem bischoffe von Bran- 
denburg, der ein alter, krancker mann 



groschen in versatzong genommei 
mit verschreibung, das (schloss?) wie 
der zu geben, wenn*) solche summj 
ihm erlegt und bezalt wiirde *).- Abe: 
isie haben sich auff die Quitzowen ver- 
lassen und gegen darbietung solche* 
geldes das haufs nicht abtreten wol- 
len 2 ),derowegen hat siewohlgemeldtei 
fiirste umWegt und in zwei tagen das 
schloss gewonnen. 

Da das sahen Caspar Ganfs und 
die Quitzowen samt ihrem anhange. 
furchten sie sich, die reihe mochtc 
an sie auch kommen; darumb hul- 
deten und schwuren sie betriiglich 
herrn Friederich, dem burggraffen, 
haben aber ihren eydt nicht gehal- 
ten*). Denn Caspar Ganfs hat zu 
der zeit herrn Henninge, bischoffe zu 
Brandenburg, der ein alter, abgelebter 



a) wenn nach Riedel a. a. O.; A hat: welclio. 

*) Dieser Satz ist von Hafftiz selbst nicht verstanden, wie der Wortlaut. desselben 
in seinem von Riedel benutzten Autographum beweist. Wahrend der einfache, durch 
Angelus verbiirgte Sinn desselben der ist, dass Christ, v. Maltitz das Schloss Trebbin 
von Joh. von Torgau, dem Hauptmann der Hauptmannschaft Brietzen, fur 300 Schock 
b. Gr. in Pfand hatte, schreibt Hafftiz selbst bei Riedel IV, 1, 52: Chr. v. Maltitz, 
welcher das Schloss inne bekommen von herrn Joh. von Torgau, alls von einem Haupt- 
mann, der die Hauptmannschafft Brietzen fur 300 Sch. b. Gr. in versatzung 
genommen mit verschreibung u. s. w. a ) Auch diese Stelle tragt bei Angelus 

nicht den Vermerk, dass sie Wusterwitz entlehnt sei, sondern Angelus verweist nur 
auf sein eigenes Werk, die Marchia Autoris. Letzteres jedoch ist weder gedruckt 
worden noch handschriftlich erhalten, sondern soil als Manuscript verbrannt sein. 
Hafftiz kann es also nicht benutzt haben. Wahrscheinlich hatte Angelus die Nach- 
richt von der Belagerung des Schlosses Trebbin aus der Mark. Chron. zuerst in seine 
Marchia ubertragen und dann mit dem gleichen Wortlaut in die Annales M. Br., 
wahrend Hafftiz Wusterwitz direct benutzte. Fur die erstere Annahme zeugen auch 
die eingeflochtenen Bemerkungen des Angelus uber die Statthalterschaft Friedrichs 
und die Macht der Quitzow's, welche in einer fortlaufenden Chronik uberflussig waren. — 
Na«h der Magdeb. Schoff.- Chron. geschah die Belagerung Trebbins um Ostern (23. April) 
1413, ebenso nach einer Urk. des Erzbisch. Gunther von Magdeb. 1413 in „der oster- 
lichen wochen" (Riedel II, 3, 266). Dass die Maltitze sich auf die Macht der Quitzows 
verlassen haben sollten, muss zweifelhaft erscheinen, da Gunther v. Magd. a. a. 0. 
berichtet, dass Dietrich und Joh. v. Quitz. an der Belagerung Trebbins theilnahmen. 
8 ) Nach Riedel, Zehn Jahre S.353 huldigten die Quitzow's und Casp. Gans dem Burggrafen 
zu Berlin am 4. od. 5. April 1413, an welchem Tage dieselben jenem ihre Pfandbesitzungen 
Tangermunde, Saarmund und Strausberg gegen Empfangnahme des Pfandgeldes abtraten. 



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92 



Angelas. 



Hafftiz. 



i4i3. gewesen 1 ), ohn alle ursache entsaget 
und ihm mannigfeltige schaden in 
8einem lande gethan. Und wiewohl 
burggraff Friderick von Niirnberg, 
damals stathalter in der Clmr und 
Marck Brandenburg, sich offt erboten, 
die sache, so der herr von Putlitz 
wider den bischoff hette, nach ge- 
rechtigkeit zu verhoren und zu richten, 
hat er sich doch daran nicht wollen 
kehren. Wusterwitzius, Marchia und 
Breviarium Autoris 2 ). 

Item in diesem jahr haben die 
Quitzawen mit Wichard von Rochaw, 
der fraulein Annam, herrn Caspar 
Ganses, edlen herrn zu Putlitz toch- 
ter, zur ehe gehabt 3 ), dem ertzbi- 
schoffe zu Magdeburg grofsen schaden 
gethan, sonderlich im Juterbockischen 
lande 4 ) und hat der burggraffe bey 



mann war 1 ), ohn alle ursache ent- m3. 
sagt, und ihme mannigfeltigen scha- 
den zugefiigt in seinem lande. Und 
wiewohl herr Friederich sich erboh- 
ten, die sache, so er wieder den bischoff 
hette, nach gerechtigkeit zu verhoren 
und zu entscheiden, so hat sich doch 
Caspar Ganfs nicht dran kehren wollen. 
So haben auch die Quitzowen mit 
Wichart von Rochow, der noch jung 
und durch sie verfiihrt war, dass er 
auff ihr anhalten Annam, Caspar 
Ganses tochter, zur ehe genommen 
*hatte 3 ), dem ertzbischoff «zu Magde- 
burg grofsen schaden gethan zuvor- 
au» im Juterbockischen lande 4 ), und 
^•nnte herr Friederich, der burggraff, 



*) Henning starb bald nach dem 8. Juli 1413 (nach Riedel I, 8, 79). Die 
Ursache des Conflictes zwischen ihm und Caspar Gans ist nicht bekannt. Riedel 
vermuthete mit gutem Grande, dass der [Bischof als Anhanger des Burggrafen dem 
Herrn zu Putlitz verhasst gewesen sei. *) Diese Stelle lehrt, wie Angelus gear- 

beitet hat. Seine Quelle war Wusterwitz; dessen Nachrichten ubertrug er zuerst in 
seine Marchia und aus dieser wortlich in die Annalen. Die Statthalterschaft Fried- 
richs in der Mark kann Wusterwitz in seiner fortlaufenden Erzahlung unmdglich 
immer von neuem so hervorgehoben haben, wie Angelus es thut. •) Wie Riedel 

(Zehn Jahre, S. 345) nachgewiesen hat, gab es im 14. und 15. Jahrh. in der Mark 
zwei Familien Rochow, in denen der Vorname Wichard vorherrschend war. Im Be- 
ginne des 15. Jahrh. lebte ein Wichard von Rochow auf dem Schlosse Golzow bei 
Brandenburg und ein anderer Wichard v. Roch. zu Potsdam, das er als Pfand inne 
hatte. Jener war mit Anna von Putlitz verheirathet, die Frau des anderen hiefs Use 
nach Riedel I, 11, 156. Der erstere wird in den Urkunden bezeichnet als „Junge 
Wichard v. R.", der zweite als „01de Wich. v. R." Nur der erstere spielte in den 
Fehden dieser Zeit und als Gegner des Burggrafen eine hervorragende Rolle, der 
andere dagegen trat so wenig hervor, dass Wusterwitz ihn gar nicht kannte und z. d. 
J. 1414 und 1416 sogar den ersteren zum Besitzer von Potsdam machte. Die Be- 
zeichnung „Junge Wichard v. R.", die auch] in der Magdeb. Schflffen-Chron. sich findet, 
besagt also nichts uber das absolute Alter Wichards von Rochow auf Golzow, sondern 
bezieht sich nur auf die relativ geringere Lebenszeit desselben im Verhaltniss» zu 
Wichard von R. zu Potsdam. Hafftiz und ebenso Angelus z. Jahre 1414 fassten das Bei- 
wort jedoch im ersteren Sinne auf und machten Wichard zu einem jungen Manne, 
welcher den Kunsten der Verfuhrung unterlag, indem er die Tochter eines der ange- 
sehensten markischen Edelleute zur Frau erhielt! 4 ) Eine genaue Schilderung 

der 1413 von den Quitzow's im Gebiete von Juterbock verubten Raubereien enthalt 
das Schreiben des Erzbischofs Gunther v. Magd. an den Burggrafen (Riedel U, 3, 
266 u. fg.) Vergl. dazu Riedel, Zehn Jahre, S. 136 u. fg. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



93 



1413. ihnen so viel nicht konnen erhalten, 
dass sie sich mit dem ertzbischoffe 
vertragen und von ihrem furnemen 
abgestandeii hetten. Wusterwitzius, 
Marchia Autoris. 
30. Nov. Im selben jahr an S. Andreae tag 
bat sich Hanfs von Quitzaw mit herrn 
Geberhard von Plote 1 ) und Peter 
Kotzen, defs ertzbiscboffs hauptman, 
geschlagen bei dem fliefs Stremme 2 ), 
die er auch mit vielen andern hat 
gefangen genommen und auf das 
schloss Plawen gefiihrt. Nachdem er 
ihnen nun vielfeltige plage angeleget, 
haben sie sich verschreiben miissen, 
vor alle gefangene auff etliche tag- 
zeiten 8 ) zu geben sechzehn hundert 
schock boehmischer groschen. Wider- 
umb aber hat Hanfs von Redern, defs 
bischoffen zu Brandenburg hauptman, 
am gedachten S. Andreae tag im dorff 
Dalgaw bey Spandaw im Havellande 
herrn Caspar Gansen gefangen 4 ) und 
ihn iiber die Havel gen Pritzerwe 6 ) 
und darnach gen Zyeser gebracht und 
da wol verwahret. Wusterwitzius, 
Marchia Autoris. 



14H. Im tausend vier hundert und vier- 
zehendem jahr nach Christi geburt 
hat burggraff Friderich von Niirnberg, 
stathalter in der Marck, mit hiilff der 
benachbarten fursten, graffen und 
herrn, mit denen er freundschafft und 
einigkeit gemacht, zugleich auff ein- 
mal vier beer versamlet und damit 
vier Marckische raubschlosser belagert. 



nicht so viel bey ihnen heschaffen unc 
zu wege bringen, dass sie sich mil 
dem ertzbischoff vertragen und von 
solcher rauberey abgelassen hatten. 

Denn in demselbigen jahre am tage 
S. Andreae hat sich Johann von Quit- 
zow geschlagen mit herrn Gebhart 
von Platow ritter 1 ) und Peter Kot- 
schen, des ertzbischoffs hauptmann, 
bey dem flusse Strame 2 ), da er zu- 
gefroren, und hat sie beyde gefangen 
mit vielen anderen, dass wenig sind 
davon kommen, und hat sie auf dem 
schlossePlawe erbarmlich gesetztund 
Isractirt. Denn nach vielen peinen, 
so er ihnen angelegt, haben sie sich 
verschreiben miissen, fur alle gefan- 
genen auff etliche tagezeiten d ) zu ge- 
ben 1600 schock boehmischer gro- 
schen. Hinwieder aber hat Johann 
von Redern, des bischoffs von Bran- 
denburg hauptmann, eben an dem- 
selbigen tage im dorffe Dalgow bey 
Spandow gefangen Caspar Ganfs 4 ) 
und hat ihn iiber die Havel gegen 
Pritzerwe und darnach gegen Ziegeser 
gebracht. Damit hat sich der Quit- 
zowen fall angefangen. 

Anno Christi 1414 hat der hoch- i< 
lobliche furst herr Friederich burg- 
graff mit tieffen gedancken, scharfen 
sinnen und weilsem raht wohl bedacht, 
wie er die bosen wurtzeln, durch die 
Quitzowen gepflantzet, mochte aufs- 
rotten, und hat mit hiilffe und bey- 
standt der umbwohnenden und be- 
nachbahrten fursten und herren, mit 



! ) Gebhard von Plote oder Platow war Besitzer des Schlosses Plotho, spater 
Alt-Plathow bei Genthin 8 ) Die Stremme ein linker Nebenfluss der Havel. 

*) d. h. Termine. 4 ) Dieses EreigDiss erwahnt auch die Magdeb. Schoffen-Chron. 

z. J. 1413. 6 ) Pritzerwe ist das heutige Pritzerbe, am Ostlichen Havelufer zwischen 

Brandenburg und Rathenow gelegen. 



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94 



Angelus. 



Hafftiz. 



i4i4. Als der herr Giinther von Schwartz- 
burg, ertzbischoff zu Magdeburg, hat 
mit seinem volck am mitwoch nach 
7. Febr. Purificationis Mariae das schloss Plawe 
belagert 1 ), darauff Johann von Quit- 
zaw gewesen. Herr Rudolff, hertzog 
zu Sachsen, hat an Sanct Agathen 

5. Febr. tage mit seinem heer das schloss 

Goltzaw belagert, darauff Wichard von 
Rochow als in seinem vaterlichen erbe 
gesessen. Der burggraff hat mit herrn 
Baltzern, dem fiirsten der Wenden, 
und herrn Ulrichen, graffen zu Lin- 
daw, und herrn Johansen von Biber- 
stein und herrn Ottone Pflug ritter 

6. Febr. am tage Dorotheae das schloss Fry- 

sack umbgeben, darauff Diederich von 
Quitzaw gesessen, herr Johan von 
Torgaw hat eben an demselbigen tage 
mit denen von Juterbock, Brietzen, 
Belitz und denen, so zu den abteyen 
Zinna und Lehnin gehoret, umbleget 
das schloss Buten oder Beuten, da- 
rauff Gofske Prederlaw 8 ), Hanses von 
Quitzaw hauptman, gesessen. Difs ist 
alles zugleich auf einmal geschehen. 



welchen er freundschaft angeschlagen 1414. 
und verbiindtnis gemachet hatte, zn 
gleicher zeit 4 heer versamlet und 
damit 4 schlosser belagert und umb- 
leget. Den mittwoch nach Purifica- 
tionis .Mariae hat herr Giinther von 7. ?** 
Schwartzburg, ertzbischoff zu Magde- 
burg, mit seinem volcke umblegt das 
schloss Plawen, darauff Johann von 
Quitzow safs. Herr Rodolphus zu 
Sachsen hat am Agnes tag 2 ) mit 21. j« 
seinem heer belagert das schloss Golt- 
zow, darauff Wiehart von Rochow in 
seinem vaterlichen erbe safs. Der 
herr burggraff mit herrn Balthasar, 
fiirsten der Wenden, und herrn Ulrich, 
graffen zu Lindow, und herrn Johann 
von Biberstein und herrn Otten Pflug 
ritter haben am tage Dorotheae das e. Febr 
schloss Frysack umblegt, darauff Die- 
terich von Quitzow safs. Herr Jo- 
hann von Torgau mit denen von Jiiter- 
bock, Brietzen, Belitz und die zu der 
abtey Zinne und Lenyn gehoren, haben 
eben an demselbigen tage belagert das 
schloss Buten, daraiiff Goschke Bre- 
derlow 3 ), Johann von Quitzows haupt- 
mann, safs. Also haben sie zu gleicher 
zeit die 4 schlosser belagert und umb- 
legt. 



*) Mit Giinther von Magdeb. hatte der Barggraf am 8. Decemb. 1413 zu Zerbst 
ein Bundniss zu gemeinsamer kriegerischer Action gegen die Quitzow's und Wichard 
von Rochow oder gegen die Burgen Plaue, Friesack, Beuthen und Golzow geschlossen 
(Biedel II, 3, 210). Eine abermalige Zusammenkunft beider Fursten fand ebenfalls 
zu Zerbst statt am 28. Jan. 1414 (nach der Magdeb. Schoffen-Chron. z. J. 1414 des 
sondaghes vor unser vruwen dage lichtmessen). Auch Rudolf von Sachsen nahm an 
den Berathungen theil, welche wahrscheinlich die Ausfuhrung des Kriegsplanes be- 
trafen. Dietrich von Quitzow fand sich personlich in Zerbst ein, um noch in letzter 
Stunde einen Versuch zur gfttlichen Beiiegung seines Conflictes mit dem Burggrafen 
zu machen, wozu es nun bereits zu sj)at war. Von seiner Anwesenheit in Zerbst redet 
er selbst in einem Schreiben an den Rath zu Brandenburg (Riedel, Zehn Jahre, S. 362). 
*) Hafftiz hat den Agnes tag (den 21. Januar) mit dem Agathen tage (5. Febr/) ver- 
wechselt. Am 21. Jan. waren die Verbundeten noch nicht uber die Vorbereitungen 
zum Kriege hinaus. Die Magdeb. Schoff.-Chr. a. a. 0. verlegt die Belagerung Golzows 
auf den 7. Febr. (des mydwekens na unser vruwen daghe), an welchem wahrscheinlich 
die Burg erobert wurde. 8 ) Diesen Namen hat Wusterwitz selbst unrichtig Qber- 



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Angelus. 



Hafftiz. 



95 



141 4. Der raht *) beyder stadte Branden- 
burg hat heimlich mit dem raht der 
stad Rathenaw gehandelt, dass sie 
bey nachte mit Johann von Bentz- 
dorff *), biirgermeister derneuen stad 
Brandenburg, gen Berlin zum burg- 
graffen ziehenund ihm von wegen der 
stad Rathenaw, welche Diederich von 
Quitzaw in versatzung hatte, huldigten 
und ihm zusagten, wenn er oder je- 
mand seinetwegen fiir die stad kame, 
dass sie ihm bald ihre stadthor offnen 
und einlassen wolten, welchs auch 
also geschshen. Difs ist dem herrn 
burggraffen lieb und angeneme ge- 
wosen und hat mit ihnen Bertram 
von Bredaw geschickt, der ein bruder 
war herrn Hennings, defs bischoffs zu 
Brandenburg; der hat die stad Ra- 
thenaw ohn alle miihe und unkosten 
eingenoinmen und den von Quitzow's 
wider entwendet. Wusterwitzius. 

Da nun die schlosser (wie gesaget) 
also belagert gewesen, haben sie die 
mauren mit grofsem geschutz nider 
gelegt und ritterlich und mannlich 
dafiir gestritten. Es ist aber Diede- 
rich von Quitzaw am tage Schola- 
). Febr. sticae 8 ) heimlich vom schloss Frysack 



Die rahte 1 ) beyder stadte Bran- uu. 
denburg haben mit dem rath zu Ra- 
thenow heimlich gehandelt, dieweil 
sie Dieterich von Quitzow in ver- 
satzung hatte, dass sie bey nacht mit 
Johann Borgstorff 2 ), biirgermeister 
der neustadt Brandenburg, gegen Ber- 
lin zogen und herrn Friederich burg- 
graffen von wegen der genannten stadt 
huldeten und zusagten, sie wolten ihre 
stadtthore offnen, wenn er kahme. 
Dessen ist herr Friederich erfreuet 
und mit ihnen geschickt Bertram von 
Bredow, der ein bruder war herrn 
Hennings, bischoffs zu Brandenburg, 
dass er die stadt Rathenow solte ein- 
nehmen, welches er,, auch ohne alle 
muh gethan hat. 



Da nun die 4 schlosser belagert 
waren, haben sie mit grofsen biichsen 
die mauren nieder gelegt und ritter- 
lich gestritten; und am tage Schola- 
sticae 8 ) ist Dieterich von Quitzow io. Febr. 
heimlich vom schlosse Frysack ent- 
und herr Friederich hats ein- 



liefert. Die Uebereinstimnmng der beiden Referenten in der Namenschreibung be- 
weist, dass jener in dem Hauptmann von Beuthen ein Mitglied der neumark. Adels- 
familie der Brederlow sah. Indess hat Riedel (Zehn Jahre, S. 360) auf Grand der 
Magdeb. Geschichtsquellen (das Chron. Magdeb. b. Meibom, Scr. II, 352 nennt ihn 
Gotzer Grecol und die Schoff.-Chron. z. J. 1414 Gotzke Pirdal), so wie der mark. Urk. 
(Cod. dipl. Br. II, 3, 301 und 302) erwiesen, dass der Name Gotz Predohl hiefs. 
Die Familie der PredOhl war in der Priegnitz angesessen. Das von Forster (Handb. 
der Preufs. Gesch. Ill, 135 u. fg.) mitgetheilte Chron. manuscr. Petri Naumanni, welches 
Nachrichten iiber den Fall der Quitzow's enthalt, nennt den Hauptmann von Beuthen 
richtig Gofske Preydal. 

*) Alt- und Neust. Brand, hatten jede ihren besonderen Rath. Die Ueberlieferung 
bei Hafftiz ist also die richtige. a ) Weder der eine noch der andere Name des 

Burgermeisters ist in den Urk. der Stadt Brandenb. um das Jahr 1414 bezeugt. Im 
Jahre 1394 jedoch gab es einen Biirgermeister der Neust. Brand, mit Namen Gotzke 
Bentzdorf (Riedel I, 8, 371). •) Die Richtigkeit dieses Datums hat Riedel (Zehn 

Jahre, S. 359) bestritten, weil Friedrich bereits am 9. Febr. nachdemFallevon 



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96 



Angelus. 



Bafftiz. 



i4i4. entflogen, dass es also leichtlich in 
defs burggraffen handegekomen. Dem- 
nach ist der burggraff vor Plawe ge- 
ruckt und hat die mauren defs schlos- 
ses, so vierzehen schuch dicke gewe- 
sen, nider geleget. Da dies sahe 
Wichard von Rochaw und sich be- 
furchte, es wiirde mit ibm auch nicht 
besser werden, hat er sein schloss 
und vaterlich erbtheil herrn Rudol- 
phen, hertzogen in Sachsen, in die 
gnade defs herrn burggraffen iiber- 
geben. Weil aber Wichard vonRochaw 
damals noch jung und von andern 
verfuhret war, ist er aus gnaden defs 
herrn burggraffen auf das schloss 
Potstamp gesetzt, das er vor vier 
hundert schock boehmischer groschen 
innen hielt. Wusterwitzius 2 ). 



Alfs nu Hans von Quitzaw vernam, 

dass das schloss Frysack gewonnen 

und eingenommen, und die dicke 

mauren, darauff seine zuversicht stund, 

26. Febr. zuschossen waren, hat er am montag 



genommen. Darnach ist er fiir das uu. 
schloss Plawe gezogen mit der grofsen 
biichse hertzog Friederichs, des landt- 
graffen in Diiringen, der ein schwager 
war des ertzbischoffs von Magdeburg, 
die mauren desselbigen schlosses, die 
14 schuhe dick waren, nieder gelegt 1 ). 
Da das sahe Wichart von Rochow 
und besorgte sich, es wiirde mit ihm 
auch nicht anders werden, hat er sein 
schloss, und vaterlich erbe herrn Ro- 
dolphen zu Sachsen unter gnaden des 
herrn burggraffen iibergeben, hat mit 
den seinen am halsse stricke habende 
und das frauenzimmer in weifsen bade- 
kitteln gleicher gestalt vom haufse 
gehende mit einem tieffen und de- 
miitigen fufsfall solches abgetreten, 
jedoch dass er seine und der seinen 
giihter davon haben mochte. — Dieser 
Wichart war jung und leider von den 
Quitzowen verfiihrt, dass er sich stete 
auff sie verlassen und guten raht ver- 
acht, dadurch er sein vaterliches erbe 
verlohren; ist aus gnaden gesetzt auf 
das schloss Potstamp, das er fur 400 
schock boehmischer groschen einbe- 
kommen 2 ). 

Alfs nun Johann von Quitzow ver- 
nommen, dass das schloss Frysack 
gewonnen und eingenommen,diedicken 
mauren des schlosses Plawen, darauff 
seine zuversicht stund, zerschossen, 



Frysack in Rathenow anwesend gewesen sei und die Privilegien der Stadt bestatigt 
habe (Cod. dipl. I, 7, 431). Dietrich v. Q. mttsse also schon frtlher entflohen sein. 

x ) Dass diese Bttchse den Namen „die faule Grethe" fuhrte, ist weder von 
Angelus noch von Hafftiz ttberliefert, war also in Wusterwitz' Zeiten nicht bekannt. 
9 ) Die Ansicht von der Jugend und dadurch bedingten Verfahrung Wichards von 
Rochow auf Golzow wird hier wiederholt; vergl. oben S. 92 Anmerk. 3. Dass Friedrich 
seiuem Gegner sofort das Schloss Potsdam ttbergeben habe, ist an sich unwahr- 
scheinlich und ira ttbrigen erwiesener Mafsen irrig, denn Potsdam hatte der altere 
Wichard von Rochow am 6. Jan. 1400 von Wilhelm von Meifsen fttr 420 Schock b. Gr. 
als Pfand erhalten (Riedel I, 11, 156). Dieser Wichard huldigte dem Burggrafen 
bereits im J. 1412 (a. a. 0. S. 159). 



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Angelus. 



Hafftiz. 



97 



i4i4. nach Matthiae mit seinem bruder 
Henning *), einem studenten von Parifs, 
und einem knechte, Diedrich Schwalbe 
genand, die flucht genommen und ver- 
meynet, er wolte entrinnen. Aber die 
biirger beyder stadte Brandenburg, 
die auflf der andern seiten des schlosses 
iiber der Havel mit ihren buchsen 
hielten, wurdens gewar, dass sich 
Hans von Quitzow mit dreyen pfer- 
den davon macbte, sagtens auch eilend 
den berrn an, die ihm denn balde zu 
ross und fufs- nachjagten. Hanfs von 
Quitzow roch den braten, verliefs seyn 
ross und lief in den pusch in meynung 
sich darin zu verbergen. Herr Hein- 
richs von Schwartzburg, der defs ertz- 
bischoffs zu Magdeburg bruder war, 
Diener spiireten ihm nach, namen ihn 
mit den andern beyden gefangen, 
fiihreten sie gen Plawen und satzten 
sie in einen stock 2 ). Hiedurch ward 
Geberhard von Plote'und Peter Kotze 
der gefengniifs entlediget. — Die nun 
auff <Jem schlosse noch waren, da sie 
vermerckten, dass sie es in keinem 
wege erhalten kundten, begerten sie 
fried und sicher geleit und gaben sich 



nahm er montags nach Matthiae Apo- 
stoli tag die flucht mit seinem bruder ' 
Henning *), studenten von Paryfs, und 
einem knechte, Dieterich Schwalbe 
genannt, in meinung zu entrinnen; 
aber die burger beyder stadte Bran- 
denburg, die auflf der anderen seiten 
des schlosses iiber der Havel waren 
mit ihren buchsen, alfs sie sahen, dass 
Johann von Quitzow fliichtig war, 
folgten sie ihm bald zu ross und zu 
fufs nach. Derowegen verliefs er sein 
ross, lief zu fufs in meinung, sich also 
besser zu verstehlen und zu verber- 
gen; aber die knechte herrn Heinrichs 
von Schwartzburg, des ertzbischoflfs 
zu Magdeburg bruders, haben ihm 
nachgespurt und mit den andern bey- 
den gefanglich angenommen und in 
der kirche bey Plawen, darin der 
ertzbischoflf zu Magdeburg seine kiiche 
hatte, in einen stock gesetzt 2 ). Und 
also ist herr Gebhart von Platow rit- 
ter und Peter Kotsche von ihren ge- 
fangnis gefreyet. Die aber auflf dem 
schlosse geblieben, alfs sie gesehen, 
dass sie es in keinem wege konten 
auflfhalten, begehrten sie frieden und 



1414, 
J. Febr. 



*) Henning oder Heinrich v. Quitz. war der jiingste der Quitzowschen Bruder. 
Er hatte sich dem geistlichen Stande gewidmet und diente seinen Brudern im Beginne 
des J. 1414 als Unterhandler bei dem Burggrafen Friedrich. In einer zu Berlin am 
7. Jan. 1414 ausgestellten Urk. (Riedel I, 7, 350) wird er als Zeuge genannt. a ) Ueber 

die Flucht Johanns v. Q. liegen drei im einzelnen von einander abweichende Berichte 
vor. Nach Wust. entfloh er am 26. Febr. mit seinem Bruder Henning und seinem 
Diener Dietrich Schwalbe; die Brandenburger erkannten und die Leute Heinrichs 
v. Schw. ergriffen ihn. Nach der Magd. Schflff.- Chron. z. J. 1414 fluchtete er am 
25. Febr. mit Henning und Ludeke Schwalbe und wurde von demJSchulzen des bei 
Rathenow gelegerien Dorfes Schmitsdorf gefangen genommen. Endlich nach Peter 
Beckers Anhalt. Chron. z. J. 1414 fluchtete er auf einem Kahne die Havel hinab und 
wurde hierbei von den Wachtern erkannt. Welcher Bericht der Wahrheit am nachsten 
kommt, ist bei dem Mangel an gleichzeitigem urkundlichen Materiale tiber den Vor- 
gang nicht zu erweisen. Fur Wust. spricht jedoch, dass die Theilnahme des Grafen 
Heinr. v. Schw. an der Belagerung, von welcher jener allein redet, bezeugt wird durch 
eine Urk. des Erzb. von Magdeb. (Riedel II, 3, 381), in der es heifst, dass der Erzbisch. 
und Graf Heinr. v. Schw. bei der Gefangennahme Johanns v. Q. sich verpflichtet 
hatten, diesen vor ewigem Gefangniss und der Todesstrafe zu bewahren. 

7 



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98 



Angelus. 



Hafftiz. 



H14. in defs herrn burggraffen gnade mit 
dem gedinge, dass sie mit leib und 
gut frey und ungehindert davon ab- 
ziehen mochten. — Es hat aber der 
burggraff, als er das schloss einbe- 
kommen, darinnen gefunden hundert 1 ) 
seiten specks ohn alle andere victu- 
alien an fleisch, bier, meth. Wuster- 
witzius. 

Wie nu difs Gofskinus Prederlaw 2 ), 
hauptman dels schlosses Beuten, ge- 
sehen, dass Plawen gewonnen und 
Johan von Quitzaw gefangen were, 
hat er balde das schloss Beuten herrn 
Johan von Torgaw und Paul Moh- 
ring 3 ), zu der zeit hauptman zu Tre- 
bin, auffgegeben, doch auch also, dass 
er und die sekien frey davon Ziehen 
mochten. 

Nachdem nu diese sachen also ver- 
richtet und diese vorerwehnte schlos- 
ser gewonnen und eingenommen, zo- 
gen die fursten, graffen und herrn 
wider anheim. Johan von Quitzaw 
aber ward gen Kalbe gefuhrt und dar- 
selbst vom bischoffe Giinthero zji 
Magdeburg wol und fleifsig bewahret. 
Wusterwitzius. 



ergaben sich auf gnaden des herrn uu. 
burggraffen, ubergaben das schloss, 
dass sie frey und sicher mochten ab- 
ziehen; und hat also der herr burg- 
graff das schloss auch eingenommen 
und alda (wie man fur wahr gesagt) 
700 *) seiten speck ohne alle andern 
victualien von fleische, wein, bier und 
jnadte gefunden. — Da dis vernam 
Goschke Brederlow 2 ), Johann von 
Quitzows hauptman des schlosses 
Buten, dass Plawen gewonnen und 
Johann von Quitzow gefangen ware, 
hat er bald das schloss Buten herrn 
Johann vonTorgauundPaulMoringe 3 ), 
zu der zeit hauptman zu Trebin, auff- 
geben, also dass er und die seinen 
frey davon ziehen mochten. Nachdem 
nun diese schlosser geWonnen und 
eingenommen, sind die fursten und 
herren wieder heimgezogen. Und 
Johann von Quitzow ward mit fleifs 
verwart im kercker auff dem schlosse 
Kalbe vom ertzbischoff zu Magdeburg; 
wie es ihm aber weiter ergangen, wird 
hernach vermeldet werden 4 ). 



In diesen zeiten, alfs der Quitzowen 
hoffart und ubermuth gesteuert und ihnen 
das cantate gelegt worden, ist friede in 
der Marcke worden, und ist nicht mehr 
gehdrt die stimme des betrubnis und jam- 



*) Die Differenz von 100 und 700 Seiten Speck beruht wahrscheinlich auf un- 
deutlicher Schreibweise der Ziffer 1 oder 7 in der Quelle. 2 ) Ueber diesen Namen 

vergl. S. 94 Anmerk. 3 3 ) Dieser Mann stammte aus Franken und war mit dem 

Burggrafen nach Brandenburg gekommen. 1413 wurde er zum Hauptmann des von 
Friedrich eroberten Schlosses Trebbin bestellt. Riedel (Zehn Jahre S. 265) nennt ihn 
Paul Murring, in der Urk. Friedrichs v. 8. Marz 1431 (Riedel Supplem.-B. S. 278) unter- 
schreibt er selbst : Recognovit dominus ipse et Pawl Morring examinavit. 4 ) Weitere 

Nachrichten ttber Joh. v. Q. giebt Hafftiz trotz dieser Ankundigung nicht mehr. Er er- 
wahnt seiner zwar noch z. J. 1420, allein nach einem Schriftsteller, den er Helmoldus, 
Hermoldus und in dem Autographum bei Riedel IV, 1, 59 sogar Hemoldus autor 
nennt und dessen Quelle der Lubecker Chronist Rufus (Grautoff II, 30) war. Jene 
Ankundigung darf als Beweis angesehen werden, dass Wusterwitz seine Chronik nicht 
vollendet hat. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



99 



1414, 
13. Aug 



Im selben 1414 jahr am sontage 
vor 2 ) Assumptionis Mariae ist burg- 
graff Friderich von Niirnberg gen 
Costnitz auff das angestalte Concilium, 
dahin er denn sonderlichen beruffen 
und erfordert, gezogen und hat in 
seinem abwesen herrn Johanni von 
Biberstein 3 ) die Marck zu regieren 
27. Sept. befohlen. Am 27. tag defs Herbstmonats 
ist er zu Costnitz mit hundert und achtzig 
pferden ankommen. Unter ihm seynd ge- 
wesen Otto von Plemberg freyherr, Mein- 
hard von Lauffen ritter, Johan von Lin- 
daw ritter, Ehrenfried von Seckendorff, 
Hanfs von Sanfsheim, Otto von Schwenden, 
Stelitz aus Poland, Hanfs von Ensingen, 
Wilhelm Fuchfs ritter, Johan von Hilburg, 
Hanfs Ratzenberger, Hanfs Sachfs u. s. w. 
Der graff von Ruppin ist auch mit zwolff 
personen dahin gezogen. Item bischoff 
Johannes der vierdte zu Brandenburg ist 
dahin kommen mit sieben personen eben 



mergeschreies, sondern (dass ich das wort i*i4. 
des propheten gebrauche) das volck hat 
gesessen in lieblichkeit des friedes, in 
tabernakeln der zuversicht und guter 
ruhe 1 ). Also muss man den unverschemten 
gestena) das schamhutlein abziehen und 
den hohen baumen die gipfel verhauen, 
dass sie nicht in den himmel wachsen. 

In demselbigen jabre sontags fur 2 ) 13. Aug. 
assumptionis Mariae zog viel ermeld- 
ter herr Friederich burggraff gegen 
Costnitz zum concilio, darin er be- 
ruffen war, befahl die Marcke herr 
Johann von Biberstein 3 ) alfs einem 
hauptman und stadthalter. 



») A: gestrengen, Riedel IV, 1, 54 nach dem Autographum: gesten. 

*) Diese Stelle iiber den Frieden in der Mark nach dem Sturze der Quitzow's ist 
als ein lyrischer Erguss des Hafftiz zu betrachten. Wusterwitz selbst konnte der- 
gleichen nicht schreiben, weil in der That die Unruhen in der Mark fortdauerten, 
wie Hafftiz selbst sogleich in den nachsten Satzen zu berichten hatte. Aufserdem 
entwirft der I$rzbisch. v. Magd. in einem Schreiben an Friedrich vom J. 1420 (Rie- 
del II, 3, 328 u. fg.) ein sehr trubes Bild von den Zustanden in Brandenburg in den 
Jahren 1415 und 1416. 2 ) Diese Angabe ist unrichtig. Am 13. August 1414 war 

der Burggraf noch zu Berlin (Riedel II, 3, 224) und am 19. Aug. noch zu Saarmund 
bei Potsdam (Riedel, Zehn Jahre, S. 368). Erst am 21. Aug. befand er sich zu Brena, 
6stl. von Halle, also aufserhalb der Mark (Riedel II, 3, 224). Wahrscheinlich ist statt 
Sonntags vor zu lesen: Sonntags nach Assumpt. Mariae. 3 ) Johann von Bieber- 

stein wurde nicht 1414, sondern erst 1416, als Friedrich zum zweiten Male Branden- 
burg verliefs und nach Costnitz zum Concile zog, zum Verweser der Mark bestellt. 
1414 fuhrte die Burggrafin Elisabeth die Regierung und neben ihr der zum Bischof 
von Brandenb. ernannte fr tin ere Rath Friedrichs Johann von Waldow, ein Bruder des 
gleichnamigen Berliner Probstes. Jenen bezeichnete der Erzbisch. v. Magdeb. (Rie- 
del II, 3, 327) als „oberster heifser und gewaldiger in der Mark zu Branden- 
burg" im Jahre 1416. 

7* 



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100 



Angelus. 



Hafftiz. 



1414. am selben tage. So hat auch der raht 
Yon Franckfurt an der Oder ihre (sic) le- 
gaten dahin abgefertiget. Wusterwitzius, 
Justus, Marchia Autoris 1 ). 

Sobald aber der herr burggraff aus 
dem lande gezogen, hat Diedrich von 
Quitzaw die stadt Nawen dienstages 
21. Aug. nach Assumtionis Mariae 2 ) aufsge- 
brand, eben zu der zeit, da die arme 
leute eingeerndtet und das getreide 
in die scheuren gebracht hatten. 
Wusterwitzius und Marchia Autoris. 

Weil aber auch damals viel mord- 
brenner in der Marck gewesen, die 
im abwesen defs herrn burggraffen 
haben wollen die stadte und dorffer 
in der Marck aufsbrennen, so hat man 
ihnen nachgetrachtet und viere dar- 



Alfsbaldt er aber weggezogen, hat i4u. 
Dieterich von Quitzow freytags nach 
Assumptionis Mariae 2 ) in continenti 17. Aug. 
die stadt Nawen aiisgebrandt, alfs sie 
das korn eingesamlet und in die scheu- 
nen eingebracht hat.ten; und wie das 
geschrey damalfs gangen, hat er mit 
seines bruders haufsfrauen und Goschke 
Brederlow s ) vielen buben geld geben, 
dass sie im abwesen des herrn burg- 
graffen die Marcke hin und wieder 
solten ausbrennen; aber der allmach- 
tige Gott hat seine gnade geben, dass 
sie in solchem bosen fiirnehmen ge- 



*) Diese Nachrichten stammen wahrscheinlich bis auf die die Frankfurter Gesandt- 
schaft betreffende Notiz, welche dem Frankfurter Chronisten Justus, d. h. Wolfgang 
Jobst, entnommen ist, aus Angelus' Marchia und beruhen somit auf seinen sonstigen 
Forschungen. Sie sind fast alle unrichtig zum Jahre 1414 notirt in Folge der von 
Wusterwitz irrig angesetzten Statthalterschaft Johanns v. Bieberstein. Friedrich kam 
nicht am 27. Sept. 1414 in Costnitz an, sondern erst am 5. Jan. 1415 (Riedel, Zehn 
Jahre, S. 199); dagegen passt die Angabe des Angelus zum Jahre 1416, wenngleich 
sie auch hier nicht genau zutrifft. 1416 traf Friedrich zwischen dem 1. und 18. Octo- 
ber in Costnitz ein ^a. a. 0. S. 279). — Ehrenfried von Seckendorf ferner war 1414 
und 1415 Hauptmann des Landfriedens in Franken (a. a. 0. S. 379); kann sich aber 
1416 im Gefolge Friedrichs befunden haben. — Der Bischof Johann von Waldow end- 
lich war nicht 1414, sondern 1416 Friedrichs Begleiter und assistirte der Belehnungs- 
feierlichkeit , mit welcher Sigismund zu Costnitz im April 1417 Friedrich die Mark 
Brandenb. endgultig zuwies. Im Jahre 1414 konnte im ubrigen der Bischof Johann 
die Mark nicht verlassen, weil, wie die Magdeb. Schoff.-Chron. z. J. 1415 ausfuhrlich 
erzahlt, er wider einen Gegenbischof, den Pfarrer der Neustadt Brandenburg Nicolaus 
Burgsdorf, zu kampfen hatte, der von dem Brandenb. Domkapitel einstimmig zum 
Bischof erwahlt worden war. Da habe der Bisch. Johann, so erzahlt jene Quelle, 
zum Pabste Johannes (XXIII.) Boten gesandt und von ihm auf Friedrichs Fursprache 
hin die Bestatigung erlangt, worauf ihm das Kapitel die bischof liche Burg Ziesar 
uberwies. 2 ) Nach einem Berichte des Rathes zu Nauen an den Burggrafen 

Fnedrich (Riedel I, 7, 351) wurde die Stadt am Dienstage vor Barthomaei, d. h. den 
21. August verbrannt. Damit stimmt die Datirung bei Angelus, Dienstags nach Assump- 
tionis Mariae uberein, welche ebenfalls den 21. August ergiebt. Nach Hafftiz ware 
die Eroberung Nauens schon am 17. August erfolgt. Sie geschah ubrigens, wie dec 
Rath zu Nauen berichtet, von Zehdenick aus durch pommersches Kriegsvolk, dem 
sich der fluchtige Dietrich v. Q. angeschlossen hatte. Wusterwitz hat der Pommern 
bei dieser Gelegenheit gar nicht gedacht. 3 ) Ueber den Namen dieses Mannes 

s. S. 94 Anm. 3. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



101 



-4i4. unter zu Brandenburg auff rader ge- 
leget. Wusterwitzius. 



1415. im tausend vier hundert und funff- 
zehenden jahr (in welchem Johannes Huss 
den funfften Julii 8 ) freytags nach S. Ul- 
rich zu Costnitz auffm Concilio ist ver- 
brand worden) hat kayser Sigismundus 
die Marck Brandenburg sampt.der Chur 
fur 400000 gulden erblich verliehen und 
zu ewigen zeiten zu besitzen gegeben 
herrn Friderichen difs namens dem funff- 
ten, burggraffen zu Nurnberg, jedoch mit 
dieser angehengten condition, da sichs 
mochte zutragen, dass der kayser oder 
sein bruder Wencefslaus einen manfserben 
zeugeten, so solte gedachter marggraff 
Friderich diese landschafft sampt der 
Chur widerumb abtreten. Wurde aber 
solches verbleiben, so solte er beydes be- 
halten. Justus, Buchholcerus 4 ). 



hindert, gefangen und 4 davon a ) zu hu. 
Brandenburg den andern zum abscheu 
sind auf radern gelegt worden *). 

In selbigem jahre am abendt S. Catha- 24. Nov. 
rinae Virginis hat frau Elisabeth burg- 
grafin den andern sohn in der Marcke 
gebohren, welcher zu Tangermunde ge- 
taufft und Albrecht genannt ist, welchen Breviarium. 
man hernach wegen seiner rittermafsig- 
keit und furtrefflichen heroischen tugen- 
den und thaten den deutschen Achillem 
genannt hat 2 ). Reineccius sagt den 
24. Sept., Henninges den 24. Novemb. und 
Buchholtzius den 30. Novemb; 

Auff demselbigen Concilio zu Costnitz, his. 
darauff Johannes Huss den 5. Juli 8 ) ist 
verbrandt, hat kayser Sigismundus und 
sein bruder Wenceslaus, konig in Beh- 
men, hochgedachten herrn Friederichen 
burggraffen die Brandenburger Marcke 
erblichen verkaufft und gegeben, zu ewigen 
zeiten zu besitzen mit solcher condition, 
so er und sein bruder der konig in Boeh- 
men ohne erben mannliches geschlechts von 
dieser welt wiirden abscheiden, so solte herr 
Friederich (wie gesagt) die Marcke besitzen 
und behalten ; da sie aber mannliche erben 
verlassen wiirden und sie die Marcke von 
herrn Friederich oder seinen erben wieder 
fordern wurden,so solte herrnFriederich oder 
seinen erben 104000 Ungerische gulden ge- 
geben werden, und er solte ihnen hernach die 
Marcke wieder abzutreten schuldig seyn 4 ). 



*) So nach dem Autographum bei Riedel IV, 1, 55. A hat: und 4 da von gefangen 
und zu Brandenb. u. s. w. 

*) Dieselbe Nachricht findet sich auch in der Magdeb. Schoff.- Chron. vor, aber 
unrichtig zum Jahre 1413 statt 1414 notirt. Es heifst hier: „(Dietr. v. Q.) hadde 
uthgheschickt mer kumpanye, de de stede scholden ghemortbernet hebben, und der 
ward to Brandenborch twe ghegrepen De bekanden al to hand und spreken, dat 
Hanses wyf van Quitzow und Gotzken Pirdale, de der Quitzowen ghesinde was ghe- 
wesen und uyeliken des bischopes vagct van Brandenborch to Sjgezer was, hadden 
se uthghesant". — Agnes von Quitzow durfte in Folge dessen nicht in der Mark bleiben 
und begab sich nach Magdeburg, aber auch hier war ihres Bleibens nicht, nachdem 
ihr Verhalten in der Mark ruchbar geworden war. 2 ) Diese Notiz uber Albrecht 

Achilles findet sich auch in Angelus Annalen S. 194 und zwar ohne die Bemerkung, 
dass sie Wusterwitz entlehnt sei. Selbstverstandlich kann dieser Chronist auch nicht 
uber die „Rittermafsigkeit und die heroischen Tugenden und Thaten" des Markgrafen 
geschrieben haben. Hafftiz entlehnte die Stelle dem Breviarium. Bemerkenswerth 
aber ist der Umstand, dass Hafftiz richtig den 24. Nov. als Geburtstag Albrechts 
angiebt, wahrend Angelus im Breviar. den 19. Sept. und in den Annalen den 19. Novemb. 
als solchen nennt. 3 ) Huss wurde am 6. Juli verbrannt. 4 ) Ueber die Vorgange 



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102 



Angelus. 



Hafftiz. 



his. Am tage Sanct Lucae defs evan- 
i8. octob. ggjjg^n i s t marggraflf Friderich zu 
Brandenburg wider von Costnitz gen 
Berlin ankommen 1 ) und hat dahin 
alien adel und die von stadten ver- 
samlet und ihnen die brieffe vorge- 
leget, dass er were zum marggraffen 
gemacht worden. Nachdem nu solche 
brieffe offentlich abgelesen, haben 
alle einwohner hohes und nidriges 
standee, wie die aldar versamlet ge- 
wesen, gedachten marggraffen laut 
seiner mitgebrachten brieffen gehuldet 
und geschworen auff diese weise, wie 
nachfolget, und ihnen damalen herr 
Johan von Waldaw, probst zum Ber- 
lin, vorgesprochen: Wir hulden und 
schweren herrn Friderichen und sei- 
nen erben, marggraffen zu Branden- 
burg, eine rechte erbhuldigung, alfs 
einem rechten erbherrn, getrewe ge- 
wehr und gehorsam zu seyn, alfs uns 
Gott helffe und die heiligen. 

Es haben sich zwar die stadte an- 
fanglich ein wenig geweigert (denn 
sie lieber gesehen, der konig von 



Also ist anno Christi 1415 am tage his, 
§. Lucae des evangelisten herr Friede- 18, 0ctob 
rich wieder gegen Berlin kommen 1 ), 
alfs der erste churfiirst zu Brandenburg 
in dieser 7. familia von den graffen zu 
Zollern herruhrende, und hat zum 
Berlin alien adel und stadte ver- 
samlet und ihnen fiirgelegt des 
hochgedachten kaysers und seines 
herren bruders offenen brieff *), darin 
sie alle einwohner der Marcke Bran- 
denburg, wes standes und wiirden sie 
waren, entbunden haben vom eyde 
und gethaner hulduug und ferner 
ihnen zu einem erbherren gegeben 
genannten herrn Friederich burg- 
graffen. . Da solche briefe offentlich 
verlesen worden, haben alle stadte 
und die von adel, so da versamlet 
gewesen, durch stimme und erzehlung 
herrn Johann Waldo ws, probstes zu 
Berlin, dem herrn Friederich nach 
laut seiner briefe gehuldt und ihre 
pflicht geleistet. 

Und obwohl die stadte anfanglich 
sich ein wenig dawieder gelegt in 
meinung, der konig von Ungern, deme 



auf dem Concil zu Costnitz und den Vertrag Friedrichs mit Sigismund hinsichtiich 
der Mark hat Wusterwitz, in weiser Beschrankung auf die Mittheilung des von ihm 
selbst Erlebten, keinerlei Nachrichten in der Mark. Chron. hinterlassen, denn Angelus 
und Hafftiz mussten zur Erganzung dieser fuhlbaren Liicke ihre Zuflucht zu den 
Chronisten Justus (Wolfg. Jobst aus Frankf.) und Georg Buchholtzer (Probst in Berlin 
urn 1540) nehmen. Die dcnselben entlehnten Nachrichten sind dajier auch sehr mangel- 
haft ausgefallen und zwar bei Hafftiz um vieles mehr als bei Angelus. Hafftiz weife 
von einer Anwesenheit Wenzels in Costnitz zu erzahlen, sieht in der Verleihung der 
Mark an Friedricti geradezu ein Kaufgeschaft und giebt die dabei stipulirte Geld- 
summe falsch an! Ueber die Erhebung Friedrichs zum Markgrafen von Brandenb. 
vergl. Riedel, Zehn Jahre, S. 218—231. 

*) Die Ankunft Friedrichs in Berlin am 18. Octob. bezeugt auch die Magd. 
Schoff.-Chron. z. J. 1415. 2 ) Von einem Briefe Wenzels an die Marker redet auch 

die Magdeb. Schoff.-Chron. (a. a. 0.); jedoch ist nach Riedel, Zehn Jahre, S. 327 ein 
solcber nicht vorhanden und auch uberhaupt niemals ausgestellt worden. Der Irrthum 
ruhrt wahrscheinlich daher, dass in dem Briefe Sigismunds vom 30. April 1415 an die 
Mark. Stande (Riedel II, 3, 228), das Recht Wenzels und seiner Nachkommen, die 
Mark gegen Zahlung von 400,000 Gulden zuruckzunehmen, ausdrucklich anerkannt 
wurde. Ueber Friedrichs Verhaltniss zu Wenzel vergl. Riedel, Zehn Jahre, S. 235—238. 



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Angel us. 



Hafftiz. 



103 



i4i5. Ungern, dem sie zuvor alfs einem 
erbherrn gehuldet, hette sie selber 
mit hand und mund lofs gezehlet), 
sein aber gleichwol darnach durch 
die rahte zur huldigung beweget und 
gebracht worden. Wusterwitzius. 

Darnach ist marggraff Friderich in 
der gantzen Marck umbher gezogen 
und hat in alien stadten und flecken 
in vorgesetzter form die huldigung 
genommen. Idem. 

octob. Im selben jahr am tage Severi 1 ) 
hat sich herr Baltzer, der fiirst der 
Wenden, welcher sonsten zuvor nie- 
mand mit eyd und dienst verbunden 
gewesen *), unter den genandten herrn 
Friderichen, marggraffen und chur- 
fursten zu Brandenburg u. s. w., be- 
geben und ihm zum Berlin in gegen- 
wart vieler herren des adels und der 
stadte gehuldiget und geschworen, 
dass er hinfurt den marggraffen von 
Brandenburg fur einen herrn erkennen 
und die lehen von ihm empfangen 
wolle. Hierzu hat ihn difs bewogen 
und getrieben. Da Diederich von 
Quitzaw aus der Marck vertrieben 
worden, hat er im abwesen herrn 
Friderichs, defs burggraffen zu Niirn- 
berg und damals stathalters in der 
Marck Brandenburg, herrn Ulrich, 
den hertzog in Mechelburg ange- 
reitzet, dass er der Wenden fursten 
Balthasaro entsaget 3 ), das schloss 



sie alfs einem erbherren gehuldet, 1415. 
solte sie mit handt und munde lohs 
zehlen, so sind sie doch durch die 
rahte bewegt und uberredt, dass sie 
herrn Friederichen gehuldet haben; 
der ist also in der gantzen Marck 
umbher gezogen, in stadten und 
flecken die huldung genommen und 
die Marcke Brandenburg mit aller 
gewalt und churfurstlicher ehre voll- 
komlich erlangt. 

Im selbigen jahre am tage Seve- 23. octob. 
rini *) hat herr Balthasar, fiirst der 
Wenden, der sonsten niemanden mit 
eydespflichten verwandt oder verbun- 
den war *), sich ergeben unter den ge- 
nannten herrn Friederich, burggraffen 
und churfdrsten zu Brandenburg, hat 
ihm zu Berlin in Gegenwart vieler 
herren adels und stadte gehuldet und 
geschworen, dass er hinfiihro den 
marggraffen zu Brandenburg fur einen 
herren erkennen und die lehn von 
ihm empfangen wolte, dazu er be- 
wogen und gedrungen durch diese 
ursache. Denn da Dieterich von 
Quitzow aus der Marcke verjagt, hat 
er gehandelt mit hertzog Ulrich zu 
Meckelburg in abwesen herrn Friede- 
richs, churfursten zu Brandenburg, 
dass er vorgenannten herrn Baltha- 
sare, fursten der Wenden, entsagt- 3 ), 



J ) Weder der Severustag (22. Oct.) noch der Severinstag (23. Oct.) ist ganz genau, 
denn Balthasar und Wilhelm von Wenden oder Werle und ihr Vetter Christian sprachen 
schon am 21. Oct. 1415 zu Berlin (nach Riedel II, 3, 239) die Anerkennung der 
brandenb. Lehnshoheit uber ihr Gebiet aus. *) Diese Bemerkung ist nicht ganz 

genau. Schon 1374 hatten die damaligen wendischen Fursten far ihre Lande Plau 
(Lawe), Parchim und Penzlin Karl IV. als ihren Lehnsherrn anerkannt. Die bohmische 
Lehnshoheit uber das Wendenland ging, wie es scheint, jetzt auf Friedrich aber. 
3 ) Den Kampf gegen die wendischen Fursten eroffneten im Juli 1415 nicht blofs die 
Herzflge Ulrich und Johann von Meckl.-Stargard, sondern auch die Herzflge Joh. und 
Albrecht von Meckl.-Schwerin und Otto und Casimir von Pommern-Stettin. Die Ur- 
sache dazu moehte in der Hinneigung der wendischen Fursten zu Friedrich liegen; 



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104 



Angelus. 



Hafftiz. 



ui5. Wredenhagen eingenomen und das 
schloss Lawe belagert 1 ). Derwegen 
auch fxirst Balthasar beym marg- 
graffen hiilff und raht suchen miissen, 
welcher auch alfsbald an den hertzog 
in Mechelburg geschrieben und ihn 
vermahnet, dass er von seinem vor- 
nemen abliefse und wider den herrn 
der Wenden nichts thatliches vor- 
neme, sonst wiirde er ihm als sei- 
nem lehenmann beystand thun und 
ihn mit gewalt abtreiben. Da der 
hertzog von Mechelburg difs schrei- 
ben bekommen, ist er von der be- 
lagerung des schlosses Lawe abge- 
zogenund hat Diederichen vonQuitzaw 
aus seinem hofe ziehen lassen, wohin 
er wolte. Ist demnach gedachter 
Diederich von Quitzaw alfs ein ver- 
triebener und feldfliichtiger zum herrn 
Erichen, dem hertzog zu Leyne 2 ) ge- 
zogen, aber nicht lange da bliebcn 3 ). 
Wusterwitzius. 



dass schloss Werdenhagen*) einge- his. 
nommen und das schloss Lawe umb- 
legt *). Derhalben er raht, hiilffe und 
schutz beym herrn marggraffen ge- 
sucht, und hat marggraff Friederich 
bald an den hertzogen zu Meckelburg 
geschrieben, dass er solte ablassen 
und wicder vorgenannten herrn Bal- 
thasare, fiirsten der Wende, nichts 
thatlichs fiirnehmen; sonsten miiste 
er ihme alfs seinem lehenmanne hiilffe 
und beystandt leisten. Also ist der 
herr zu Meckelburg abgezogen vom 
schlosse Lawe und hat Dieterich von 
Quitzow aus seinem hofe ziehen las- 
sen, wohin er gewolt, der da zu herrn 
Erich zu Laine *) gezogen, aber nicht 
lange daselbstgeblieben 3 ). Also ist der 
stoltze gedemutiget. 



«0 So das Autographum bei Riedel IV, 1, 56; A: Wendenhagen. 

und wenn Wusterwitz Dietrich v. Q. als Anstifter desselben nennt, so schreibt er ihm 
wohl einen zu bedeutenden Einfluss auf die Politik der damaligen Fiirsten zu. Ein 
thatkraftiger Gegner der wend. Fursten aber war er jedenfalls, denn der Statthalter 
Friedrichs, Bischof Johann vonWaldow, und Balthasar sahen sich genothigt, mit ihm 
einen besonderen Frieden zu schliefsen, woruber sich noch 1420 der Erzbisch. Gunther 
von Magd. beschwerte (Riedel II, 3, 327). Der Krieg mochte die wend. Fursten ganz 
besonders zur Huldigung nach Berlin getrieben haben, damit sie Hulfe von Friedrich 
erlangten. Einige Nachrichten uber den Verlauf des Kampfes giebt auch Rufus 
(Grautoff II, 486). Auch er berichtet, wie Wusterwitz, dass Friedrichs Einfluss den- 
selben beendete (to deme lesten wart vorsonet dat orlige vormiddelst markgreven 
Frederike, und de vangen worden quit to beyden syden). 

*) Wredenhagen 2 Meilen nordl. von Wittstock an der brandenb. Grenze; Lawe 
oder Plau am Plauer See in Mecklenburg. 2 ) Erich von der Leine war ein Sohn 

Herzogs Albrecht II. von Braunschweig. Er besafs Grubenhagen, Salz und Eimbeck 
und residirte zu Salzderhelden. Rufus (Grautoff II, 486) nennt ihn „hertoge van deme 
solte" und (a. a. 0. S. 553) „hertich Erik van der Helle". An der letzteren Stelle charac- 
terisirt er ihn als „en grot rover der straten und des copmannes. He was geborn en 
vorste van Brunswik, men sine undaet makede ene uneddele". 1415 hatte Erich eine 
Fehde mit den Grafen von Hohenstein zu bestehen, worin vielleicht der Grund lag, 
dass Dietrich v. Q. sich zu ihm begab. s ) Von Salzderhelden ging Dietrich v. Q. 

: »ach Magdeburg und schloss sich hier dem Erzbischofe Gunther an, welcher mit 
iedrich in Streit gerathen war und 1416 die Mark Brandenb. verheeren lieis. 



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Angelus. 



Haffiiz. 



105 



Im tausend vier hundert und seehs- 
zehenden jahr hat marggraff Fride- 
rich von Brandenburg auff vorbitte 
herrn Heinrichs, defs abts zu Lehnin, 
und defs rahts der neuen stad Bran- 
denburg Wichard von Eochaw wi- 
derumb zu gnaden angenomen und 
hat ihm sein vaterlich'erbe und schloss 
zu Goltzow, davon er vertrieben war, 
widergeben. Fur solche gnade hat 
er das stadtlein Pottstamm, das er 
vor vier hundert schock bohmischer 
groschen in versatzung hatte, dem 
marggraffen frey iibergeben und dar- 
iiber noch sechfs hundert und sechtzig 
schock bohmischer groschen 1 ). Idem. 



io. Mai? Freytags vor pfingsten, das ist am 
funffzehendem tage defs monats 
May 2 ), hat herr Caspar Ganfs zu 
Putlitz, so im schloss zu Zieser ge- 
fanglich gehalten worden, marggraff 
Friderichen von Brandenburg das 
stadtlein Lentzen mit bewilligung 
herrn Johannis von Waldaw, defs 



Anno Christi 1416 hat marggraff ui6. 
Friederich, churfiirst zu Brandenburg, 
aus furbitte herrn Heinrich Stichs, 
abbats zu Lenyn, und eines ehrbaren 
rahts der neuqn stadt Brandenburg 
wieder zu gnaden angenommen 
Wichart von Rochow und in sein va* 
terlich erbe und schloss zu Goltzow 
gesetzt, davon er (wie zuvor gemeldt) 
vertrieben war. Fur solche gnade 
hat er das stadtlein Potstamp, das er 
fur 400 schock boehmischer groschen 
in versatzung hatte, dem herrn marg- 
graffen frey iibergeben und noch darzu 
600 schock boehmischer groschen er- 
legt 1 ); ist also mit schaden klug 
worden. Wo bleiben nun seine freunde 
die Quitzowen, darauff er sich so hart 
verlassen? 

In selbigem jahre den 14. May 8 ) u. m 
hat Caspar Ganfs, herr zu Putlitz, so 
im schlossc Ziegeser (wie zuvor ge- 
sagt) gefanglich gehalten worden, 
mit bewilligung herrn Johann Wal- 
dowes bischoffs und capittels zu Bran- 
denburg zu seiner erledigung marg- 
graffen Friederich, dem churfiirsten 



*) Wichard von Rochow unterwarf sich dem Kurfursten am 12. Jan. 1416 und 
gelobte Treue und Gehorsam (Fidicin, Beitr. IV, 120). Dass er ihm zugleich Potsdam 
abgetreten und noch 600 oder 660 Schock b. Gr. bezahlt habe, wird in der eben ge- 
nannten Urkunde mit keiner Silbe erwahnt. Wusterwitz verharrt hier in dem oben 
S. 92. u. 94 bereits erorterten Irrthume, dass Wichard von Rochow auf Golzow auch In- 
haber von Potsdam gewesen sei, welches ein anderer Wichard v. Rochow als Pfand 
besafs. Die Zahlung der Summe von 600 oder 660 Schock b. Gr. als Ersatz fur die 
dem Kurfursten verursachten Eriegskosten ist an sich nicht unwahrscheinlich, wird 
aber in der Urk. ebenfalls nicht erwahnt. 2 ) Die Magdeb. Schoff.-Chron. setzt 

die Freilassung Caspars Gans z. P. auf den „Freitag vor Pfingsten" 1416. Ostern 
fiel 1416 auf den 19. April und Pfingsten auf den 7. Juni. Der Freitag vor Pfingsten 
war also der 5. Juni. Wenn Angelus den Freitag vor Pfingsten 1416 als den 15. Mai 
bezeichnet, so erklart sich dieser Irrthum dadurch, dass er an der obigen Stelle neben 
Wusterwitz, der nur von der am 15. (oder 14.) Mai erfolgten Uebergabe des Schlosses 
Lenzen an den Kurfursten redet, noch eine sachsische Chronik benutzte, welche wie 
die Magdeb. Schoffen-Chron. den „Freitag v. Pfingst." als den Tag der Freilassung 
des Caspar Gans an gab. Angelus war offenbar der Ansicht, dass der Verzicht auf 
Lenzen auch sogleich die Freilassung des Gefangenen zur Folge gehabt haben musse, 
was nicht der Fall war, und identificirte daher die beiden Tage. 



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106 



Angelas. 



Hafftiz. 



i4i6. bischoffs zu Brandenburg, und defs 
Thumbcapitels daselbst zu seiner er- 
losung ubergeben, welches ihm marg- 
graff Jodocus vor zwey hunderta) boeh- 
mische schock versatzt hatte. Chro- 
nica Saxoniae. Wusterwitzius schrei- 
bet, Hartwig von Bulow, herrn Caspar 
Ganses sch wager, habe zu den vor- 
genandten zwey tausend schock fiinff 
hundert schock aufsgeleget, welche 
ihm der marggraff wider gegeben, 
dass also Lentzen 
loset wiirde *), 



damals wider ge- 



zu Brandenburg, abgetreten und iiber- hi 6. 
geben das stadtlein Lentzen, welches 
ihm marggraff Jodocus seeliger fiir 
2000 schock boehmischer groschen 
versetzt hatte, zu welcher sumraa 
Hartwig von Billow, Caspar Ganses 
schwager, aufsgezahlt GOO schock, die 
ihme von marggraff Friederich, chur- 
fiirsten zu Brandenburg, sind wieder- 
gegeben; und also ist Lentzen wieder 
gelost *). 

Mitler zeit, weil der herr burggraff 
im concilio zu Costnitz ist gewesen 2 ), 
ist viel wunderliches und boses dinges 
von Quitzowen und ihrem anhange 
gestifit, auch krieg und friede (un- 
friede?) mit den Magdeburgischen 
erregt und erweckt, welches umb ge- 
liebter kiirtze willen alhier unterlassen 
wirdt, denn bose baume selten gute 
friichte bringen 3 ). 



a) Druckfehler statt: zwey tausend. 

J ) Die Verhandlungen mit Caspar Gans zogen sich sehr in die Lange. Schon 
am 19. Febr. 1416 schwur er dem Bischof von Brandenb. Urfehde unter Stellung von 
Burgen, als deren erster Hartwig von Bulow genannt wird (v. Raumer, Cod. dipl. 
I, 63); am 3. Mai 1416 ferner wiirde bereits von dem Kurfursten eine Verfugung er- 
lassen in Bezug auf die Ablosung der 500 Schock b. Groschen (Hafftiz hat unrichtig 
600 Schock), welche Hartwig v. Bulow auf Lenzen gegeben hatte (a. a. 0. S. 138); 
am 14. oder 15. Mai trat er dem Kurfursten Lenzen ab und am 5. Juni erfolgte end- 
lich seine Freilassung. Nach Riedel II, 3, 381 geschah dieselbe gegen den Willen 
des Erzbischofs Gunther von Magdeburg und hatte zur Folge, dass dieser auch Johann 
v. Quitzow aus seiner Haft entliefs, was wiederum der Kurfurst sehr ubel nahm. Zur 
Gesch. von Lenzen vergl. Riedel I, 2, 62—77. *) Friedrich verliefs die Mark 

zum zweiten Male im Anfange des Juni 1416. In den Ietzten Tagen des Mai hatte 
er zu Brietzen seinen Sohn Johann mit Barbara, der Tochter Herzogs Rudolf von 
Sachsen, vermahlt. Die Regierung fuhrte wahrend seiner Abwesenheit Johann von 
Bieberstein, Herr zu Beeskow und Storkow. 8 ) Die verheerenden Streifereien, 

welche Dietrich und Johann von Quitzow 1416 und 1417 im Bunde mit dem Erzbisch. 
v. Magdeb. in der Mark ausfuhrten und die alles ubertrafen, was die Bruder in fruherer 
Zeit an Raubereien veriibt hatten, hat Wusterwitz nur angedeutet, nicht beschrieben. 
Die Ursachen dieser Fehde waren mannigfache. Friedrich hatte die Huldigung des 
Ortes Gortzke angenommen, den der Erzbisch. als einen Besitz seines Erzbisthumes 
betrachtete; der eben befreite Caspar Gans z. Putlitz hatte am 16. Aug. 1416 die 
Stadt Sandow dem Erzbisch. entrissen, und aufserdem haderten dieser und der Kur- 
furst um den Besitz des Schlosses Plaue. Bald nach der Abreise Friedrichs aus der 
Mark begann der Erzbisch. die Feindseligkeiten. Johann v. Q. musste das Havelland 
verwusten, Dietrich die Altmark und das wittenbergische Gebiet; die in letzterem 



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Angelus. 



Hafftiz. 



107 



i4i6. Eben dasselbige jahr hat die scfcwere 
souche der pestilentz in der Marck 
gewaltig regieret und ist fiirnemlich 
iiber die jungen leute gangen. Der- 
halben machte sich frau Elisabeth, 
die marggraffin und churfiirstin zu 
Brandenburg, weil sie schwanger 
gieng, mit ihren fraulein nach Niirn- 
berg, und liefe die zweene junge herrn, 
alfs Fridericum und Albertum, im 
schlosse zu Tangermiinde an der Elbe 
und befahl sie den ertzten, dass sie 
ein auge auff sie haben und sie mit 
praeservativen wider die gifftige pesti- 
lentz wol vorsehen solten 1 ). Wuster- 
witzius. 

Zu Niirnberg aber hat gedachte 
churfiirstin ein fraulein geboren, wel- 
ches nur ein halb jahr gelebet und 
daselbst gestorben und begraben ist. 
Idem. 



Im tausend v vier hundert und sie- 
benzehenden jahr ist Diederich von 



In demselbigen jahre hat in der hi6. 
Marcke und andern umbliegenden 
landern die plage der pestilentz greu- 
lich grassiret, zuvoraus unter den 
jungen leuten; derowegen frau Elisa- 
beth, marggraffin und churfiirstin zu 
Brandenburg, weil sie schwanger ging, 
mit ihren freulein ist gegen Niirren- 
berg gezogen und die beyden herr- 
lein, alfs Friederich und Albrechten, 
im schlosse Tangermiinde in versehung 
der artzte gelassen 1 ) und hat alda 
zu Niirrenberg ein freulein gebohren, 
welches kaum ein halb jahr gelebt 
und alda begraben. - 

In diesem jahr (wie Albertus Krantz 
in Vandalia und andern biichern gedenckt) 
hat sich der bohmische hussiten-krieg 
(nicht fast ungleich dem paurischen auff- 
ruhr und emporung, so anno Christi 1525 
geschehen) angefangen, von wegen dass Breviarfum. 
Huss zu Costnitz verbrannt worden. Durch 
welche emporung viel lander sind ver- 
heeret und beschadiget worden, welche 
viel jahre hernach gewehrt, ehe man sie 
hat konnen still en und dampfen 2 ). 

Anno Christi 1417 ist Dieterich un. 
von Quitzow, so der Marcke Branden- 



verubten Grausamkeiten schildert das Chronicon Beltizense (Belzig), herausgeg. v. 
Eiler,s, S. 251. Eine urkundliche Darstellung des ganzen Verlaufes der Fehde giebt 
Riedels Aufsatz: „Die letzten Jahre unmittelbarer Herrsch. d. Kurf. Friedr. uber die 
Mark Brand." (Mark. Forsch. V, 186 u. fg.). Die Beilegung des Conflictes erfolgte 
zu Costnitz unter dem Einflusge Sigismunds zu Ende des Mai 1417. Der Erzbischof 
Gunther erhielt Sandow zuruck und versprach hinsichtlich der anderen Streitpunkte 
sich dem Ausspruche eines Schiedsgerichtes zu fugen (v. Raumer, Cod. dipl. Br. I, 
67 u. fg. und die Magdeb. Schoff.- Chron. z. J. 1416 und 1417). Den geachteten 
Dietrich v. Q. musste er aus seinem Dienste entlassen. — Ob Wusterwitz iiber alle 
diese Vorgange nur um „geliebter Kurze" willen und nicht auch aus Riicksicht auf 
den Erzbischof Gunther und die Magdeburger geschwiegen habe, muss unentschieden 
bleiben. Beachtenswerth ist, dass er wahrscheinlich 1416 und 1417 nicht in der Mark 
verweilte, sondern als Syndicus in Magdeburg. 

*) Noch im J. 1418 befanden sich beide Sohne in Tangermunde, denn nach 
Riedel II, 3, 341 raubten ihnen die Knechte der Veltheim und Heisos von Steinfurth 
bei dem Dorfe Insel in der Altmark ein Jagdpferd, Hunde und Jagdnetze. — Die 
Aerzte nennt Kloden (Quitzows IV, 180) nach Mohsen, Gesch. der l^issensch. in d. 
Mark Br. S. 353 und 355 Dietrich Ramm und Johann Muttun von Giech. 2 ) Diese 

dem Brev. entlehnte und von Hafftiz erweiterte Bemerkung gehort nach dem Breviar. 
in d. J. 1419. 



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108 



Angelus. 



Hafftiz. 



Hi7. Quitzawira schloss Herbecke *), deneu 
von Veltheim zugehorig, gestorben 
und im jungfrauenkloster Marien- 
born 2 ) begraben worden. Wuster- 
witzius. 



burg mancherley schaden zugefugt un. 
und hefftig beschadiget und belei- 
diget, im schloss Herbeck 1 ), denen 
von Feldheim zustandig, gestorben 
und im kloster Marienburg 2 ) be- 
graben. Alhier endet sich gutes und 
boses mit den Quitzowen. 

In demselbigen jahre am sonntage Quasi- 18. April 
modogeniti hat kayser Sigismundus im 
concilio zu Costnitz mit grofser solennitat, 
pracht und herrlichkeit herrn Friederich 
burggraffen zu einem marggraffen und BreTUrim 
churfiirsten zu Brandenburg gemacht, hat 
ihm die Chur Brandenburg verliehen, die 
mitram oder churhut, insignia, alle ge- 
walt und titel des genannten furstenthums 
vollkomlich verliehen 8 ). 

In selbigem jahre sollen die zigeuner 
(welche das gemeine volck die Tatern 
nennt) allererst in diese lande gekommen 
seyn, wie Albertus Krantz lib. *11 Saxon. Brevian^ 
c. 2 bezeuget. Auch bekriegte in diesem 
jahre marggraff Friederich herrn Ludewig 
von Beyern und nahm ihm viel stadte 
und schlosser ein; Fabricius und Justus 
referirens ins folgende jahr 4 ). 



*) Schloss Herbeck oder Harbke, sttdl. von Helmstadt belegen, gehorte Heinrich 
von Veltheim, nach Kloden a. a. 0. IV, 230 einem Schwagcr Dietrichs v. Q. 2 ) Dietrich 

v. Q. fand seine Grabstatte nicht im Kloster Marienburg, wie Hafftiz auch in dem 
Autographum bei Riedel IV, 1, 57, so wie in einem zweiten, der Konigl. Bibliothek z. 
Berlin gehorenden (Manuscr. in 4. No. 187) den Namen schreibt, sondern im Kloster 
Marienborn, wie auch die Magdeb. Schoff.-Chron. z. J. 1417 dasselbe nennt. Es lag 
in der Nahe von Helmstadt und Herbeck. Nach Behrens, Neuhaldenslebensche Chronik 
II, 528, welche Kloden a. a. 0. IV, 231 citirt, war eine Tochter Heinrichs von Velt- 
heim 1417 Priorin des Klosters. Unter Berufung auf „Wusterwitz bei Hafftiz" be- 
merkt Kloden a. a. 0. S. 272, dass Heinrich v. Veltheim es nicht gewagt habe, Diet- 
rich als einem Geachteten ein Grabmal zu setzen. Allein diese Notiz findet sich in 
den hier verglichenen Handschr. des Hafftiz nicht vor. s ) Diese Stelle enthalt 

einen wesentlichen Irrthum hinsichtlich der Verleihung der Mark Brandenb. an 
Friedrich. Schon durch die Urk. Sigismunds v. 30. April 1415 hatte Friedrich den 
markgrafl. Titel und den Rang eines Kurfursten erhalten, nicht erst durch die am 
18. April 1417 erfolgte Investitur, die nur als solenne Feierlichkeit eine Bedeutung 
gewann. Ebenso irrthumlich ist die Ansicht, als ob durch sie der bedingungsweise 
und widerrufliche Besitz der Mark fur Friedrich ein unwiderruf licher geworden ware. 
Riedel hielt es daher fur nothwendig, gegcn die obige Ansicht zu polemisiren, als 
ob sie auf irgend welchen wesentlichen Forschungen des Hafftiz beruhte (Zehn 
Jahre, S. 292 und 402). Hafftiz entlehnte die Stelle jedoch dem Breviarium, und sie 
enthalt somit die unmafsgebliche Meinung des Angelus uber die Bedeutung der In- 
vestitur. In seinen Annalen findet sich ubrigens die Stelle nicht. 4 ) Die Notiz 
liber die Zigeuner in Norddeutschland entlehnte Angelus der Saxonia von Albert 



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Angelus. 



Hafftiz. 



109 



1420, 
>. Febr. 



Im tausend vier hundert und zwant- 
zigsten jahr umb Sanct Apollonien tag 
hat frau Elisabeth, churfiirstin zu 
Brandenburg, zum Berlin ein fraulein 
geborn, welches daselbst durch herrn 
Johann von Waldaw, bischoffen zu 
Brandenburg 1 ), in der kloster kir- 
chen getaufft und Dorothea genennet 
worden. Wusterwitzius. 



Anno Christi 1420 umb S. Apollo- 
niaea) tag hat frau Elisabeth, marg- 
graffin und churfiirstin zu Branden- 
burg, ein freulein gebohren zu Berlin, 
welches durch herrn Johann von 
Waldow, bischoffzu Lebufs *), in der 
klosterkirchen S. Francisci geteufft, 
Dorothea geheiTsen und darnach in 
ihren jungen jahren herrn Hein- 
rich zu Meckelburg, der ein sohn 
war hertzogs Johansen zu Schwerin, 
ist vertrauet worden *). 



1420, 
9. Febr. 



a) A: Appollonici tag, das Autographum bei Riedel IV, 1, 57: Appolloniae. 

Krantz. Ihre ursprungliche Quelle ist der Ltibecker Chronist Rufus (b. Grautoff II, 
496). Der Eampf Friedrichs mit Ludwig von Baiern fallt in das Jahr 1421 (vergl. 
tiber denselben Riedel in den Mark. Forschungen Bd. V, S. 219 u. fg. und 233 u. *fg.), 
nicht in das Jahr 1417 Wenn Wusterwitz denselben erwahnt hatte, wurde er sicher- 
lich wenigstens das richtige Jahr angegeben haben. 

*) Johann von Waldow war 1420, als er Friedrichs Tochter taufte, Bischof von 
Brand enb., wurde aber 1421 zum Bischofe von Lebus ernannt und als solcher am 
21. Sept. desselben Jahres vom Papste bestatigt (Riedel I, 8, 82). Er kann also von 
Wusterwitz als Bischof ebensowohl von Lebus als auch von Brandenb. bezeichnet 
worden sein. Das erstere scheint mir das Wahrscheinlichere , da Wust. nach 1425 
seine Chronik abschloss. Angelus muss dann seinen Gewahrsmann corrigirt haben, 
was um so mehr moglich sein durfte, als er in s. Annal. S. 200 berichtet, dass Joh. 
von Waldow als Bischof v. Brandenb. schon 1420 gestorben sei. *) Ob diese von 

Angelus nicht aufgenommene Notiz aber die Verbindung Dorotheas mit Heinrich von 
Mecklenburg Wusterwitz entlehnt sei oder nicht, hangt davon ab, welchen Begriff 
man mit demWorte „vertrauen" zu verbinden habe. Dorothea und Heinrich wurden 
bereits am 6. December 1423 nach Riedel II, 3, 456 mit einander verlobt, und von 
dieser Verlobung kann Wusterwitz noch Mittheilungen gemacht haben. Ihre Verhei- 
rathung aber fand erst im Jahre 1436 statt, also drei Jahre nach Wusterwitz' Tode. 
Hinsichtlich des Wortes „vertrauen" ergiebt sich nun, dass Hafftiz damit den Begriff 
der „Verlobung u wie den der „Trauung" verbindet, denn er schreibt nach Wusterwitz 
z. J. 1423, dass der Kurfurst Friedrich am 30. Mai seine Tochter Caecilie dem Her- 
zoge Wilhelm von Luneburg „beigelegt" habe, dem er sie jung „ vertrauet" hatte. 
Ferner berichtet er z. J. 1422, dass dem lOjahrigen Sohne Friedrichs, dem spateren 
Friedrich n., die Tochter des PolenkQnigs Wladislaw Hedwig „zur Ehe vertrauet", 
d. h. verlobt worden sei, denn zu einer ehelichen Verbindung zwischen ihnen kam 
es uberhaupt nicht. Aus einer anderen Stelle jedoch zum J. 1423 ist ersichtlich, 
dass das Wort „vertrauen" die Verheirathung bezeichnen soil. Hafftiz erwahnt nam- 
lich, dass Herzog Albrecht von Mecklenburg im October 1423 gestorben sei, ehe er 
mit Friedrichs Tochter Margarethe „das eheliche Beylager" gehalten hatte, welche 
ihm „hie bevor ehelichen versprochen und vertrauet war". Da Albrecht und Marga- 
retha wirklich 1423 vermahlt worden waren (Riedel II, 3, 449), so kann das Wort 
„vertrauet" nur auf diesen Act bezogen werden. Durfen wir also den ersteren Stellen 
zufolge „vertrauen" im Sinne von „verloben" nehmen, so kann die betreffende Notiz 
sehr wohl der Mark. Chronik zugeschrieben werden. 



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110 



Angelus. 



Hafftiz. 



U2o, Mittwochs nach Judica (etliche 
25. Murz. setzen j en freytag) hat marggraff 
Friderich, churfurst zu Brandenburg 
u. 8. w., die stad neu Angermund in 
der Uckermarck, welche in die sieben- 
zig jahr von den hertzogen zu Stettin 
innen gehalten,bestritten und eingeno- 
men, und weil er das schloss nicht bald 
sampt der stad hat konnen erobern, 
hat ers belagert So schreibt man 
auch, dass der kastner der hertzogen 
zu Stettin nicht allein das schloss, 
sondern auch das eine thor noch ein- 
gehabt habe. Da nu hertzog Casi- 
mirus in Pommern difs namens der 
sechste vernommen, dass er das schloss 
und das eine thor noch frey hette, 
ist er willens gewesen, mit gewalt 
da hinein zu fallen und die Marcker 
wider aus der stad zu jagen. Weil 
er aber von seinen kundschaffern ge- 
horet, dass sich die Marcker mitten 
auffm marckt wol beschantzet hatten, 
und dass ein herr von Putlitz mit 
vier hundert reutern vor dem thor 
zum hinterhalt lege, hat herr Deth- 
leff von Schwerin ritter gerahten, er 
solte sich erstlich an dels von Putlitz 
hauffen machen und denselben tren- 
nen, damit er hernach desto besser 
in die stad ohn widerstand kommen 
mochte. Diesen rahtschlag hat der 
hertzog nicht wollen annemen, son- 
dern ist mit seinem hellen hauffen 
zur stadt zugezogen, und da er durch 
das thor, so sein kastner noch innen 
gehabt, hinein kommen, hat er in 
dreyen gassen drey panier auffge- 
richtet. Nun hatte der marggraff 
sein volck am meisten in den her- 
bergen losiret und hin und her in 
der stad gelassen. Er selbst aber 



In demselbigen jahre mittwochs 1420, 
nach Judica (wiewohl Ludovicus Bruno 25 ¥an " 
saget am tage Annunciationis Mariae) d6rs - Ta « 
hat marggraff Friederich, churfurst zu 
Brandenburg, offen tlicher feindtschafft 
halben, so er mit den hertzogen zu 
Stettin, Meckelburg und Wolgast 
hatte, bestritten und eingenommen 
die stadt neuen Angermiinde, welche 
der hertzog von Stettin fast 70 jahr 
inne gehabt hatte. Der castner aber 
des hertzogen zu Stettin hatte das 
schloss und ein thor der stadt da- 
selbst noch inbehalten. Da das ver- 
nam herr Casemarus, dass er das 
schloss und ein thor noch frey hatte. 
ist er bey nachtschlaffender zeit mit 
Peter Kordebiick, einem polnischen 
herren, der ihm um soldes diente, 
durch dasselbe thor in die stadt 
kommen und 3 banyr in 3 gassen 
auffgericht. Da aber marggraff Friede- 
rich, churfurst zu Brandenburg, sein 
volck in der stadt in herbergen ge- 
lassen und mit etlichen reutern in 
einer hoffstaat ruhete grofser miihe 
und arbeit halben, so er die vorige 
nacht gehabt, hat sichs begeben aus 
schickung Gottes, dass herr Casema- 
rus a ) mit seinem volcke unversehens 
ist kommen, da marggraff Friederich 
mit seinem volck ruhete. Und da sie 
meinten, sie hatten die stadt gewiss 
wieder ein und rieffen uberlaut : Stettin, 
Stettin, ist marggraff Friederich von 
solchem geschrey erwacht, bald der 
Marcke banyr auffgericht und mit 
ihnen zum streiten kommen; haben 
sich hart geschlagen, dass auch herr 
Dietloff von Schwerin und Peter 
Trampe ritter in der spitze des 
hertzogen mit vielen anderen er- 



a) An dieser Stelle ist der Name in A corrigirt in: Casimirus. Casemarus hat das Auto- 
graph u in bei Riedel IV, 1, 57, und so auch die Magd. Schoff.-Chronik. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



Ill 



i42o. hatte sich mit etlichen reutern auffm 
marckt mit den wagen beschantzet 
und sich darauff zur ruhe begeben, 
weil er die vorige nacht in eroberung 
der stad grofse miihe und arbeit ge- 
habt und nicht viel geschlaifen hatte. 
Als nun hertzog Casimirus unvor- 
sehens in die stad kommen und ihm 
mit den seinen nicht anders gedacht 
(sic), denn er hette die stad wider in sei- 
ner gewalt, haben sie alle geschryen: 
Stettin, Sjbettiu, Stettin. Von solchem 
geschrey ist der churfiirst sampt den 
seinen erwachet, hat sich mit seinem 
panier der Marck Brandenburg bald 
herfiir gemacht und ist mit den Po- 
mern in einen harten streit mitten 
in der stad gekommen, und ist da 
Dethleff von Schwerin und Peter 
Trampe, beyde rittere, in der spitzen 
des hertzoges mitvielen andernblieben 
und erschlagen worden. Und weil 
der herr von Putlitz mit seinen vier 
hundert reutern auch hiezu gedrungen 
und die Pomern also recht mitten 
unter den feinden gewesen, dass sie 
sich hinten und fornen haben wehren 
miissen, ists ihnen unmiiglich gewesen, 
etwas treffliches aufszurichten, son- 
dern haben wider durch das thor, 
dadurch sie hinein gekommen, miissen 
zuriick weichen. Da das geschehen, 
hat der marggraff mit gewaltiger 
gewapneter hand den kastner von 
schlosse getrieben; iiber drey hundert 
mann von den Pomem und Polen 
und iiber funff hundert pferde ge- 
fangen bekommen, welche die Mar- 
cker folgendes tages unter sich ge- 
theilet haben. Valentinus von Eck- 
stedt, Wusterwitzius, Nicolaus von 
Klempzen, Chron. Saxoniae, Funccius, 



schlagen und geblieben seyn. Mit 1420. 
gottlicher hiilffe und beystandt aber 
hat der marggraff herrn Casemaruma) 
zu derselben pforten, da er hinein 
kommen, wieder heraufs geschlagen 
und mit gewaltiger hand den castner 
vom schlosse getrieben und von Polen 
und volcke des hertzogs zu Stettin 
iiber 300 mann gefangen und 500 
pferde erobert, die sie am folgenden 
tage unter sich gebeut und ausgetheilt 
haben. 



a) Siehe S. 110. 



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112 



Angelus. 



Hafftiz. 



H20. Justus etc. 1 ) (Andere schreiben, class 
vier hundert da gefangen und drey pa- 
nier sind erobert worden, deren zwey in 
Berlin in S. Marienkirche und eines zu 
Wilfanack hang en). 

Zu ehren dieses sieges hat der 16b- 
liche marggraff in gedachter stad 
Angermiind durch herrn Giinther von 
Bartensleben zu ritter geschlagen: 
Hansen vonBredow, Matthiasen von 
Uchtenhagen, Berndt von der Schulen- 
burg, Joachim von Br e daw, Ludolffen 
von Alvenfsleben und etliche andere 
aufs seinem hoffe 2 ). Wusterwitzius. 



2. sept. Dienstages vor Nativitatis Mariae ' 
hat marggraff Friederich, churfurst 
zu Brandenburg u. s. w., mit hiilfTe 
hertzogs Wilhelra von Lunenburg das 
schloss Alvenfsleben mit acht tausend 



Zu ehren und gedachtnis dieses uao. 
siegs hat der hochlobliche fiirst herr 
Friederich, marggraff und churfurst 
zu Brandenburg, in derselbigen stadt 
durch herrn Giinther von Bartens- 
leben zu rittern geschlagen Has sen 
von Bredow, Matthis von Uchten- 
hagen, Bernhart von der Schulenburg, 
Joachim von Biilow, Ludeloff von 
Alvensleben und. etliche andern aus 
seinem hof 2 ); aber in Ludewig Bruns 
beschreibung wirdt befunden, dass 400 
gefangen und 3 banyr erobert seyn, davon 
2 in S. Marienkirche zu Berlin und eins 
zur Welsenack hangen. 

In demselbigen jahre dienstags fur 2. ^ 
Nativitatis Mariae hat marggraff Frie- 
derich, churfurst zu Brandenburg, init 
hiilffe herrn Wilhelms zu Liineburg 
mit 8000 mann belagert das schloss 



*) Die Eroberung der Stadt Angermunde ist von Angelus nicht nach Wusterwitz 
allein, sondern auch nach den Mittheilungen anderer, besonders pommerscher Chro- 
nisten erzahlt worden, so dass die Worte der Mark. Chronik in seiner Relation nicht 
mehr genau erkennbar sind. Der erste Satz, der mit dem parallel en Berichte bei 
Hafftiz dem Inhalte nach gleichlautet, gehort wahrscheinlich Wusterwitz an. Mit den 
Worten aber: „So schreibt man auch" lasst Angelus auch noch andere Chronisten 
reden, denn Wusterwitz hat an dieser Stelle schweriich schon andere geschriebene 
Quell en benutzen konnen. Im Allgemeinen scheint Hafftiz sich einfach an den Wort- 
laut der Mark. Chronik gehalten zu haben. Was er daneben dem Ludwig Bran ent- 
nahm, hat er selbst deutlich hervorgehoben. Dem Inhalte nach ist sein Bericht dem 
der Magd. Sch6ff.-Chron. z. J. 1420 ahnlich, auch in dem Punkte, dass jener so wenig 
wie diese der Theilnahme des Caspar Gans zu Putlitz an dem Eampfe gedenkt. 
Andererseits bezeugt die Schoff- Chron. die Mitwirkung des Bischofes Magnus von 
Cammin, von welcher weder Hafftiz' noch auch Angelus' Bericht etwas meldet. Ein 
Volkslied ttber die Eroberung Angermundes, welches Angelus in seinen Annalen S. 202 
mittheilt, gedenkt ebenfalls des Bischofes als eines Mitkampfenden. Ueber den pol- 
nischen Starosten Peter Cordebuk von Bombst vergl. Riedel in den Mark. Forsch. V, 
S. 210. a ) Die Namen der in Angermunde zu Rittern geschlagenen Edelleute 

giebt weder Angelus noch Hafftiz durchgangig correct an, sondern allein die Magd. 
Schdff.-Chron. a. a. 0. Sie nennt: Hasse van Bredaw, Bernde van der Schulenborch, 
Achim van Bredawe, Mathyesen van Uchtenhagen, Ludolve van Alvensleben, wonaf- 
tich to Calve in der wische, wonach die Irrthumer bei Angelus und Hafftiz zu ver- 
bes8ern sind. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



113 



i42o. mann belagert 1 ) wider den willen des 
ertzbischoffs zu Magdeburg, und woh- 
nete damals auff gedachtem schloss 
Heyso von Steinforde, der sonderliche 
feindschafft mit dern marggraffen hat- 
te 2 ). Weil sich aber der raht der alten 
stad Magdeburg darein geschlagen 3 ), 
sich defs k ey 8 e r s 4 ) angenommen und 
zu recht erboten, ist der churfiirst 

sept, in der nacht Gorgonii wider abge- 
zogen 5 ). Wusterwitzius, Wernerus u. a. 



Alvensleben *) wieder den willen des 1420. 
ertzbischoffs zu Magdeburg, auf wel- 
chera schlosse safs Heifse von Stein- 
furth, der sonderliche feindtschafft 
mit dem herrn marggraffen batte 2 ); 
aber der raht der alten stadt Magde- 
burg hat fur Heifsen mit dem marg- 
graffen gehandelt 3 ), sich zu rechte 
erbohten, also ist er in der nacht S. 
Gregorii abgezogen 5 ). s.Gregorii? 

Im vorgedachten jahre, alfs herr Al- 
brecht der III. dieses nahmens, hertzog und 
churfiirst zu Sachsen, der letzte aus dem 
alten undloblichen stamme und geschlechte 
der fiirsten zu Anhalt, mit tode abgangen, 
hat herr Friederich, marggraff und chur- 
ftirst zu Brandenburg, die hauptstadt Breviarium. 
Wittenberg zum theil wegen des kaysers, 
zum theil wegen andern ursachen, so aus 
der historia erscheinen, eingenommen, be- 
setzt, auch unter sich bifs ins folgende 
jahr behalten. 

In demselbigen jahre haben die Liibecker 
und Hamburger burger in der Prignitz in 
der marterwoche 180 hoffleute, so geraubt, 
gefangen, welcher furnemste radelsfuhrer 



*) Alvensleben, jetzt ein Dorf, liegt an der Bever, 3 Meilen nordwestlich von 
Magdeburg. Die Truppenzahl von 8000 Mann, welche Friedrich und Wilh. v. Liine- 
burg zur Eroberung eines Schlosses aufbrachten, erscheint so bedeutend, dass man 
ihre Richtigkeit bezweifeln moehte; allein gerade fur den Zug jener Fiirsten gegen 
Alvensleben muss Wusterwitz als ein bedeutsamer Zeuge angesehen werden, da er 
personlich vor Alvensleben mit dem Kurfiirsten eine Zusammenkunft hatte. Ferner 
bemerkt auch die Magd. Schoff.-Chron. z. J. 1420, dass Friedrich vor dem Schlosse 
lag vyf dage myt eynem groten here. 2 ) Heyso von Steinfurth wird von 

Wusterwitz mehrfach als Gegner der Mark Brandenburg und des Kurfiirsten genannt. 
Ueber die von ihm in der Altmark verubten Raubereien vergl. Riedel in den Mark. 
Forschungen V, 193—198. 8 ) Heyso von Steinfurth erbat nach der Magd. Schoff.- 

Chron. a. a. 0. die Vermittlung des Rathes zu Magdeburg. Dieser sandte darauf 
seinen Syndicus Engelbert Wusterwitz an den Kurfiirsten, und Wusterwitz erwirkte 
bei diesem in der That, dass er sich dem schiedsrichterlichen Ausspruche des Rathes 
zu Magdeburg und zu Stendal zu fiigen versprach und die Belagerung aufhob. 4 ) Die 

Lesart „defs keysers" beruht auf einem seltsamen Versehen, das Angelus sich zu 
Schulden kommen liefs. In Wusterwitz' Chronik hatte offenbar die Lesart „defs 
Heyso" gelautet. 5 ) Nach fiinftagiger Belagerung zog Friedrich von Alvensleben 

wieder ab und zwar, wie Hafftiz angiebt, am St. Gregoriu stage, wie die Magd. 
Schoff.-Chron. meldet, am G e or giu stage; indessen keiner der vielen Gregorius- und 
Georgiustage fallt in den September. Das richtige Datum giebt Angelus an mit der 
Bemerkung, der Kurfiirst sei in der Nacht S. Gorgonii, d. i. die Nacht vom 8. zum 
9. September, von dem Schlosse abgezogen. Damit stimmt wenigstens annahernd die 
von der Magd. Schoff.-Chron. angegebene Dauer der Belagerung von 5 Tagen uberein. 

8 



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114 



Angelus 



Hafftiz. 



1422. Im 1422. jahr hat marggraff Fri- 
derich, churfiirst zu Brandenburg, 
seinen sohn Friderich, da er zehen 
jahr alt gewesen, mit herrn Wyrich 
von Trutlingen ritter und andern ehr- 
lichen leuten aus der Marck in Polen 
geschickt, dass er zu Crackow pol- 
nische spraehe und sitten lernen und 
nach dem tode koniges Vladifslai, der 
nu neunzig jahr alt 2 ) gewesen, das 
reich zu Polen annemen solte und 
dasselbe mit fraulein Hedwigen, defs 
genandten koniges tochter, besitzen, 
wie denn auch im contract mit ver- 
willigung der Polen und Litthauen 
beschlossen war 3 ). Wusterwitzius. 



1423, Im 1423. jahr hat sich marggraff Fri- 
i. Febr. derich zu Brandenburg in der stad Perle- 
berg vergliechen und gutlich vertragen mit 
hertzog Albrechten in Mechelburg also 
und dergestalt, dass keiner den andern 
hinfurt mit kriege uberfallen solte, und 
dass einer dem andern zu gefallen seine 
gefangene solte lofs geben. Also wurden 
sie alle lofs, ausgenomen furst Johannes 
von Stargard, welchen der marggraff nicht 
aus geringen ursachen dazumal noch ge- 



gewesen seyn Rainier von der Plaisse, 1420. 
Boldewin vom Kruge, Hans von Quitzow Breviarim 
und Niclas Rohr. Hermoldus autor 1 ). 

Anno Christi 1422 hat marggraff 1422. 
Friederich, churfiirst zu Brandenburg, 
seinen sohn Friederich, der in der 
Marcke gebohren, alfs er 10 jahr alt 
war, mit herrn Wirich von Trutlingen 
ritter und andern ehrbahren aus der 
Marcke in Pohlen gesandt, dass er 
zu Crackow die polnische spraehe und 
sitten lernen und nach dem tode Vla- 
dislai, der in die 80 alt war 2 ), das 
reich einnehmen und mit Hedwig, ge- 
nannten koniges tochter, die ihm zur 
ehe vertrauet, besitzen solte, alfs im 
contract mit verwilligung der Pohlen 
und Litthauen beschlossen war 3 ). 

Anno Christi 1423 ist marggraff Frie- 1423, 
derich von Meifsen mit dem zunahmen 
des streitbahren die Chur Sachsen von 
kayserl. majestat zugesagt, jedoch mit der BroYUnu. 
condition, dass er dem marggraffen zu 
Brandenburg die kriegsunkosten und in- 
teresse als 28000 mark silbers erlegen solte. 

In gemeldtem jahre hat sich" marggraff 
Friderich, churfiirst zu Brandenburg, in 
der stadt Perleberg gutlich verglichen und 6. Febr. 
vertragen mit herzog Albrecht zu Meckel- 
burg also und dergestalt, dass keiner hin- 
fiiro den andern bekriegen solte. Darauff Bremfm 
hat der marggraff wiederumb angeloben 
mussen, dem hertzogen die abgewonnenen 
schlosser Dratze und Gerlose wieder ab- 
zutreten und ihm seine tochter freulein 
Margarethen, welchs zu der zeit noch 



f ) Die Quelle fur diese Notiz ist Rufus (b. Grautoff II, 30), wie fur die voran- 
gehende Albinus Meifsnische Gesch. Bei Rufus heifst es: 1421 des dingestedaghes na 
palmen hadden sik vorsammelt by C unde LXXX rovere ut de Marke to Branden- 
borgh unde ut de Priggenysse unde ut dem hertichdumme van Mekelenborch. De 
hovetlude hyrvan weren: Reymer van Plessen, Baldewin van dem Kroghe unde Johann 
Quitzowe u. s w. a ) Konig Wladislaw (Jagiello) starb im Jahre 1434 im Alter 

von 88 Jahren. *) Ueber diesen Heirathsplan , welcher Friedrichs Verhaltniss 

zu Konig Sigismund triibte, vergl. Riedel in den Mark. Forsch. V, S. 220 und 238. 
Der von Wusterwitz angedeutete Ehevertrag wurde am 8. April 1421 zu Krakau 
durch eine von dem Bischof Johann von Brandenburg gefiihrte Gesandtschaft abge- 
schlossen, Riedel II, 3 396 u. fg. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



115 



1423. fenglichen behielt. Daruber hatdermarg- 
graff mttssen angeloben, hertzog Albrech* 
ten zu iibergeben die beyden schlosser 
Domze und Gorlosen, so er fttrst Johan- 
sen (?) zuvor genommen hatte. Und da- 
mit nu vollkommene freundtschafft unter 
dem marggraffen und dem hertzoge seyn 
m6chte, hat der marggraff dem hertzoge 
seine tochterMargaretham (Krantziusnennt 
sie Dorotheam), die damals noch nicht 
manbar gewesen, zugesaget. 

23. Mai. Darauff ist gemeltem hertzog Al- 
brecliten am pfingstage zu Tanger- 
miinde auffm schlosse durch herm 
Stephanum, den bischoff von Bran- 
denburg, das fraulein Margaretha ver- 
trauet worden, welche auch der hert- 
zog am dritten tage hernach mit sich 
in Mecbelburg zu seiner mutter ge- 
fuhret, bifs sie das bequemliche alter 
zum ehestande erlangete. Aber umb 

6. octob. St. Gallen ist gemelter hertzog Albrecht 
Yor dem bey lager gestorben. Krantzius 
lib. 11 Sax. cap. 10 et lib. 10 Vandal. 
cap. 40 1 ). 



nicht mannbahr war, ehelichen zu ver- 1423. 
sprechen, welches auch also geschehen. 



Darauff ist am h. pfingstage durch 23. Mai. 
herrn Stephan, bischoff zu Branden- 
burg, im schlosse Tangermunde ge- 
meldtem hertzog Albrecht zu Meckel- 
burg, der da wohnte zu Schwerin und 
was ein sohn Alberti, der etwa ein 
konig in Schweden war, vorgenanntes 
freulein Margreta im beysein vieler 
ehrbaren zum ehelichen gemahl ver- 
trauet, und genannter hertzog Al- 
brecht hat dasselbe freulein am dritten 
tage darnach mit sich in sein land 
gefuhrt in seiner mutter haufs, bifs 
sie das bequeme alter zum ehelichen 
stande erreicht hat *). 



J ) Nach Angelus soil diese ganze Stelle der Saxon, und Vandal, von A. Krantz 
entlehnt sein, welcher Chronist seinerseits wieder Rufus (bei Grautoff II, 526 und 527) 
als Quelle benutzte. Indessen was Angelus tiber die zu Tangermunde durch den 
Bischof Stephan von Brand, vollzogene Eheschliefsung und den Aufenthalt der jungen 
Furstin in Mecklenburg berichtet, das findet sich weder bei Krantz noch bei Rufug 
angegeben. Der letztere verlegt die Vermahlung sogar irrthumlich nach Anger- 
munde und nennt uberhaupt nicht den Namen der Tochter Friedrichs, wahrend 
Krantz dieselbe unrichtig mit dem Namen Dorothea bezeichnet und uber den Ort der 
Eheschliefsung schweigt. Daraus ergiebt sich, dass Angelus neben Krantz noch eine 
andere und zwar eine markische Chronik benutzt haben muss, und es liegt nahe, in 
dieser Wusterwitz' Mark. Cbron. zu vermuthen, deren letzte Angaben sich fast 
sammtlich auf die in der kurfiirstl. Familie in dieser Zeit vorkommenden Heirathen 
und Geburten beziehen. Ich glaube daher, dass Angelus es nur fur uberfllissig er- 
achtet oder vergessen hat, neben Krantz auch noch Wust. als seinen Gewahrsmann 
zu nennen, und ferner, dass des letzteren Bericht den Worten: „Darauff ist gemeltem 
hertzog Albrechten u. s. w." zu Grunde liegt. Der den im October erfolgten Tod 
Albrechts betreffende Schlussatz ist jedoch wieder Krantz entnommen, der das Ab- 
scheiden des Herzogs gleich nach der Eheschliefsung berichtet, wahrend Wust., der 
die Ereignisse in ihrer chronologischen Reihenfolge anfuhrte, desselben an einer 
anderen Stelle gedachte. Die Nachrichten ttber die Verhandlungen in Perleberg nahm 
Angelus in verkurzter Form in sein Breviarium auf, aus welchem Hafftiz sie aus- 
schrieb. Im Folgenden benutzte letzterer dann die Mark. Chronik selbst, weshalb er 

8* 



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116 



Angelus. 



Hafftiz. 



1423, 
5. Juni. 



Am sontage nach Corporis Christi 
hat marggraff Friderich seine tochter 
Caeciliam hertzogen Wilhelmo zu 
Luneburg, dem sie zugesaget war, zur 
ehe gegeben, und ist die hochzeit zum 
Berlin mit grofser freuden und frolig- 
keit gehalten worden *). Wuster- 
witzius. 



In vorgedachtem 1423. jahr ist ge- 
born worden fraulein Barbara, marg- 
graff Johansen zu Brandenburg, Fri- 



Darnach sontags nach Corporis 1423. 
Christi fest hat marggraff Friederich, 6 - Jnni 
churfiirst zu Brandenburg, seine toch- 
ter freulein Caecilien hertzog Wilhelm 
zu Luneburg beygelegt, dem er sie 
(wie zuvor gemeldt) jung vertrauet 
hatte. Und ist das beylager zum 
Berlin auffs herrlichste und prech- 
tigste gehalten worden 1 ). 

In demselbigen jahre umb St. Gallen 1423, 
tag ist gestorben hertzog Albrecht zu 16, m 
Meckelburg und Schwerin, welchem 
freulein Margreta, die tochter marg- 
graffen Friederichs, churfiirsten zu 
Brandenburg, hiebevor ehelichen ver- 
sprochen und vertrauet war, ehe denn 
er mit ihr das eheliche beylager ge- 
halten 2 ). 



auch den Tod Albrechts von Mecklenb. nicht wie das Breviar. an dieser Stelle, sondern 
an einem spateren Orte meldet. — Die Zusammenkunft Friedrichs mit Albrecht zu 
Perleberg fand am 6. Febr. statt, bei welcher Gelegenheit auch der Ehevertrag auf- 
gesetzt wurde (Riedel II, 3, 439). Die mecklenb., an der Grenze der Priegnitz be- 
legenen Schlosser Domitz und Gorlosen (nicht Dratze und Gerlosen, wie Hafftiz sie 
nennt) hatte Friedrich im Marz 1420 erobert. Angelus' Bemerkung, dass sie Johann 
von Stargard entrissen seien, beruht auf einem Irrthume. Am 23. Mai gab Friedrich 
sie seinem Schwiegersohne Albrecht v. Meckl. zuruck, „dieselben zu haben in aller- 
mafse und recht, als er die vormals, ee wir ihm die abgewonnen haben, inne gehabt 
hat" (Riedel II, 3, 449). 

*) Von dieser Vermahlung berichtet Rufus (b. Grautoff II, 527): Uppe desulven 
tyd (1423) nam hertich Wilhelm van Luneborg Markgreven Frederikes dochter van 
Brandenborch in sunte Vitis dage (15. Juni); de hochtyd wart geholden to Luneborg. 
Tag und Ort der Hochzeit sind hier unrichtig angegeben, oder man muss an eine 
auch in Luneburg begangene Feierlichkeit denken, denn Friedrich schloss mit Wil- 
helm am 9. Juni zu Berlin einen die Mitgift seiner Tochter betreffenden Vertrag, in 
welchem er bemerkt, dass er seine Tochter dem Herzoge „zu der Ee gegeben und 
beygelegt habe" (Riedel II, 3, 451). Auch die Magd, Schoff.- Chron. berichtet, dass 
die Vermahlung am 6. Juni zu Berlin vollzogen wurde (dar unser stad borgermester 
und hovetman toghereden weren), nennt aber das unrichtige Jahr 1424. Die Bemer- 
kung des Hafftiz, dass Caecilie dem Herzoge jung vertrauet worden sei, ist unrichtig, 
denn Caecilie wurde 1413 mit Albrecht von Mecklenb. verlobt. 2 ) Den Tod 

Albrechts (V.) von Mecklenb. setzen der Fortsetzer Detmars (Grautoff II, 36) und 
Rufus (ebend. S. 532) unrichtig in das Jahr 1424. — Die junge Herzogin erhielt nach 
dem Berichte beider Chronisten Wittenburg und Ribbenitz zum Leibgedinge, kehrte 
aber zu ihrem Vater zuruck. 



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Angelus. 



Hafftiz. 



117 



1424, 
:. Febr. 



1324. derici, defs churfiirsten sohns, tochter. 
Wusterwitzius. 

Im tausend vier hundert vier und 
zwantzigsten jahr umb Purificationis 
Mariae ist geborn worden Rudolphus, 
marggraffen Johansen sohn, der im 
neundten jahr wider von dieser welt 
abgeschieden. Henninges 1 ). 



Anno Christi 1424 umb Purifica- 1424, 
tionis Mariae hat frau Barbara, ein 2 * Febr ' 
ehelich gemahl marggraffen Johansen 
zu Brandenburg und tochter etwa ' 
hertzog Rodolphi zu Sachsen auff 
dem schlosse Trebitz bey ihrer frau 
mutter einen jungen herren gebohren, 
welcher in der h. tauffe ist Rodolphus 
genannt Er hat aber kaum 9 monaht 
gelebt und ist gestorben 1 ). 

Anno Christi 1425 den andern tag 1425, 
nach S. Valentini in der fastnacht 15 * Febr * 
haben hertzog Otto und Casimirus zu 
Stettin mit hertzog Wertschlaff zu 
Wolgast, hertzog Heinrich zu Mecklen- 
burg und hertzog Bugschlaff zu Pom- 
mern eingenommen die stadt Prentz- 
low;'und (wie das gemeine geschrey 
gegangen) haben etliche von den ein- 
wohnern derselbigen stadt untreulich 
(darff nicht sagen verrahterisch) ge- 
handelt, die thor geoffnet und die 
hertzogen eingelassen, welche die hul- 
dung bald genommen. Aber marg- 
graff Johanfs, marggraffen Friederichs, 



*) Die Nachricht fiber die Geburt von Markgraf Johanns Sohn Rudolf bei Hafftiz 
hat zwar nicht das Zeugniss des Angelus fur sich, aus Wusterwitz' Chronik entlehnt 
zu sein; dennoch wird man aus folgendem Grunde annehmen diirfen, dass Hafftiz sie 
dieser Quelle verdankte. Der Wortlaut der Nachricht in Angelus' Annalen findet 
sich auch in dessen Breviarium vor, ist aber nicht von Hafftiz abgeschrieben worden. 
Letzterer giebt vielmehr einen selbstandigen, eingehenden Bericht mit der bemerkens- 
werthen Notiz, dass die Markgrafin ihren Sohn bei ihrer Mutter auf dem Schlosse 
Trebitz (heute ein Pfarrdorf siidlich von Wittenberg nahe der Elbe) geboren habe. 
Dieses Schloss gehorte nach der Magdeburger Schoffen ? Chron. z. J. 1422 zum Leib- 
gedinge der Wittwe des 1419 gestorbenen Herzogs Rudolf von Sachsen -Wittenberg. 
Den Namen des Schlosses aber schopfte Hafftiz keineswegs aus der Schoff.-Chron. oder 
einer von ihr abhangigen Schrift, denn er heifst in jener Quelle unrichtig Krewitz, 
welche Lesart Janicke, Stadtechron. VII, S. 369 fur einen Schreibfehler statt Trebitz 
erklart. Hafftiz muss also eine besondere, exacte Quelle fur seinen Bericht benutzt 
haben, und in dieser darf man unbedenklich Wusterwitz' Chronik vermuthen. Ferner 
unterstutzt die durch Angelus bezeugte Erwahnung der Geburt einer Tochter Johanns 
bei Wusterwitz die Annahme, dass derselbe Chronist auch der Geburt eines Sohnes 
des Markgrafen gedacht habe. 



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118 Angelus. Hafftiz. 



des churfursten zu Brandenburg sohn, im. 
hat die gemeldte stadt wieder einbe- 
kommen und die feinde hinaus ge- 
trieben *). 



*) Ueber den Verlust der Stadt Prenzlau und deren Wiedereroberung durch 
Markgraf Johann hat Angelus in seinen Annalen S. 207 einen umfangreicben Bericht 
nach Valentin von Eickstadt und Albert Krantz (Vandal. 11, 3 und Saxon. 11, 13 und 14) 
geliefert, welchem letzteren Chronisten Rufus (bei Grautoff II, 545) zu Grunde liegt. 
In seinem Breviarium dagegen gab er uber denselben Vorgang nur folgende kurze 
Notiz: „Item in dem jahr 1424 den andern tag nach S. Valentini haben die hertzogen 
in Pommern, Otto und Casimirus gebrudere, dem marggraffen mit dem schwert Prentzlow 
abgewonnen. Aber marggraff Hans, des churfursten Friederichs sohn, hat gemelte 
stad wieder einbekommen und die feinde daraus vertrieben." Vergleicht man diese 
Notiz mit dem Bericht bei Hafftiz, dem das Breviarium vorlag, so ergiebt sich, dass 
letzterer eine andere Quelle als diese Schrift benutzt haben muss, denn erstens nennt 
er das richtige Jahr des Ereignisses 1425 (vergl. Riedel in d. Mark. Forsch. V, S. 273), 
sodann die Verbtindeten der pommerschen Fursten und endlich fuhrt er die Einnahme 
der Stadt auf eine Verratherei zuruck. Es ist daher zu vermuthen, dass er seine 
Angaben noch Wusterwitz entlehnte, welcher in der bei Hafftiz vorliegenden farblosen 
und unbestimmten Schilderung der Vorgange in Prenzlau gedacht und eben dadurch 
Angelus veranlasst haben mag, fur seine Darstellung die ausfiihrlicheren Mittheilungen 
anderer Chronisten zu verwenden. — Von dem Jahre 1426 ab legte Hafftiz seinem 
Microchronologicon das Breviarium des Angelus zu Grunde, indem er die Nachrichten 
desselben theils wortlich abschrieb, theils verkurzte oder erweitorte. 



Drnck von Poschol & Trepte in Leipzig. 



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